Die Corona-Krise hat nun doch Folgen für die Versorgung mit Lebensmitteln. Insbesondere bei Obst und Gemüse gibt es Probleme, da aufgrund der Ein- und Ausreiseverbote viele Tausend Erntehelfer aus Osteuropa fehlen. Dabei geht es nicht nur um den Spargel, der jetzt gestochen werden muss: Die Erdbeerernte danach benötigt noch viel mehr Helfer, zudem muss gesäät und gepflanzt werden, sonst fällt die Ernte auch bei Gemüse und Salaten aus.
So wird endlich mal richtig deutlich, wem wir es verdanken, dass unser Obst- und Gemüseangebot – normalerweise – so vielfältig und verlässlich zur Verfügung steht. Dabei ist die heimische Landwirtschaft nicht mal der Hauptzulieferer: nur 40% des Angebots werden von Betrieben in Deutschland angebaut, der Rest kommt aus der EU und dem Ausland.
Ein ganz erheblicher Teil wird in „Europas Gärten“ Almeria und Huelva (Spanien) erzeugt. Dort fehlen wiederum die Arbeiter/innen aus Marokko, das am 13.März seine Grenzen geschlossen hat. Selbst die Helfer, die noch kommen können, haben kaum Möglichkeiten, die Felder zu erreichen, da Autofahrten mit mehr als einer Person verboten sind. Und das sind nur Beispiele, viel Obst kommt normalerweise auch aus Italien, Griechenland, Türkei – ob und wie da noch genug geliefert werden wird, steht in den Sternen.
Studierende, Kurzarbeiter, Rentner und „Personalverschiebungen“ sollen helfen
Um zumindest die heimische Produktion zu retten, verkündete Bundesagrarministerin Julia Klöckner ungewöhnliche Maßnahmen:
- Studierende bekommen Zuverdienste auf dem Acker nicht aufs Bafög angerechnet
- Bezieher von Kurzarbeitergeld dürfen bis zur Höhe ihres bisherigen Lohns ohne Abzüge hinzu verdienen.
- Die Zuverdienstgrenze für Vorruheständler ist aufgehoben.
- Arbeitnehmerüberlassungen (z.B. von der Autoindustrie in die Landwirtschaft) sind erlaubnisfrei möglich.
Zu alledem wird die gesamte Lebensmittelbranche als „systemrelevante Infrastruktur“ anerkannt, sprich: Betriebsschließungen durch Quarantänemaßnahmen werden so verhindert.
Einiges davon klingt schon fast nach Zwangsarbeit! Ich weiß ja nicht, was die kurz bzw. gar nicht arbeitenden Autobauer dazu sagen, wenn sie nun einfach einem Landwirt als Arbeitskräfte „überlassen“ werden sollen. Sofern es noch mit vor-corona rechten Dingen zugeht, darf man das verweigern. Aber wer weiß, wie lange noch?
Freiwillige vor!
Für alle, die jetzt in der Landwirtschaft helfen wollen, gibt es die neue Plattform daslandhilft.de für Angebote und Gesuche (seltsamer Name, das Land braucht doch Hilfe!). Schon über 20000 Hilfswillige sollen sich gemeldet haben, einige arbeiten bereits bei den Bauern. Reichen wird das allerdings nicht, denn die Bauern beschäftigen übers Jahr normalerweise ca. 300.000 Saisonarbeiter.
Ob die Freiwilligen die Arbeit überhaupt schaffen, die da gefordert ist, ist noch eine andere Frage. Versuche, Arbeitslose einzusetzen, waren bisher nicht erfolgreich. Bauern berichten, das von zehn deutschen Helfern neun gleich wieder weg waren – zu anstrengend! Da die vermutlich nicht ganz freiwillig zum Arbeitseinsatz auf dem Feld angetreten sind, wird es jetzt mit Freiwilligen sicher etwas besser laufen – aber natürlich nicht so gut, wie mit Menschen, die körperliche Arbeit gewohnt sind.
Den Landwirten wäre zu raten, ebenfalls flexibel zu sein, auch was die Arbeitsabläufe angeht. Mehr Pausen, vielleicht sogar ein 2-Schichtbetrieb wären sicher hilfreich, um die Freiwilligen nicht gleich wieder zu verlieren.
Selbstversorgung aus dem Garten?
„100 kg Obst auf 100 m² Kleingartenland!“ – das ist eine alte Parole aus der DDR, die aufgrund wachsender Versorgungschwierigkeiten ab den 70gern die Kleingärten gefördert hat. Noch heute haben Kleingärtner in den neuen Bundesländern dadurch Vorteile, denn die Gärten sind üblicherweise ans Stromnetz angeschlossen, haben individuelle Wasseranschlüsse und sind besser ausgestattet. Vorteile, die in vielen westlichen Kleingärten nicht selbstverständlich sind, da das Bundeskleingartengesetz eine eher spartanische Ausstattung vorschreibt.
Zur Begrüßung im vereinigten Deutschland allen Kleingärtnern erstmal den Stromanschluss wegzunehmen und die Wasserleitungen aus den Datschen zu reissen, hätte viel Ärger gegeben. Also hat man darauf verzichtet, was eine weise Entscheidung war! Gleichwohl gilt bundesweit die Pflicht zur „kleingärtnerischen Nutzung“, insbesondere zum Obst- und Gemüseanbau. Viele empfinden das heute nurmehr als nervige Last, da sie lieber einen reinen Erholungs- oder Ziergarten hätten. (Schließlich kann man doch alles im Supermarkt günstig kaufen und hat keine Arbeit damit!) Weil aber die Privilegierung der Kleingärten (geringe Pacht, Kündigungsschutz) an die kleingärtnerische Nutzung gebunden ist, MÜSSEN sich alle mit Gemüseanbau befassen.
Jüngere Kleingärtner, die in letzter Zeit wieder verstärkt Gärten nachfragen, befassen sich gerne mit dem Bio-Anbau im Garten. Die Kinder sehen, wie das Gemüse wächst und man kann Sorten anbauen, die im Supermarkt nicht zu haben sind.
Vielleicht gewinnt im Zuge der Corona-Krise der selbstversorgerische Anteil im Kleingarten wieder an Bedeutung? Dieser Tage haben mein Liebster und ich wieder mit der Anzucht angefangen: 10 Sorten Tomaten, Mangold, Schwarzkohl, Salat, demnächst kommen Zucchini dazu. Auch Kartoffeln (besondere Sorten) werden wir anpflanzen und Amaranth, den man auch als spinatartiges Gemüse essen kann. Wurzelgemüse kommt im sandigen Boden nicht so gut, auf Kürbisse haben wir dieses Jahr keine Lust.
Ich rechne damit, dass es in den Supermärkten über den Sommer Teurungen und Lücken im Supermarktangebot geben wird. Und fürchte keinesfalls mehr, im Garten ZUVIEL ernten zu müssen!
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13 Kommentare zu „Raus zum Arbeitseinsatz auf den Feldern!“.