Einige Corona-Masken-Kritisierende und -Verweigernde (ok so?) kommen mit dem Argument, eine Maske verhindere das Erkennen der Mimik der Mitmenschen. Recht haben sie, das ist wirklich ätzend! Es ist mir immer schon gegen den Strich gegangen, egal in welcher Form die Vermummung daher kommt.
Dass ich zur kollektiven Abwehr einer relevanten Gefahr bereit bin, mir dieses Stück dreilagiges Papier (= viel angenehmer als all das aus edlen Stoffen gewebte Commnity-Zeugs) vors Gesicht zu schnallen, heißt nicht, dass ich es mag! Zum Glück trifft mich die Maskenpflicht nur beim Einkaufen und beim Aufsuchen öffentlicher Orte (Arzt, Behörde, Supermärkte) – also nicht wirklich oft und auch nicht lange. Eine mehrstündige Zugreise hab ich allerdings auch schon hinter mir. Es war recht erträglich in einem noch nicht übervollen Zug.
Was ich sagen will: Ich nehme Euch das Argument nicht ab! Nicht weil es nicht stimmen würde, sondern weil Ihr es als bloßes Argumentationsmaterial zweckentfremdet. Erzählt mir doch nicht, Ihr würdet die Mitmenschen, die Euch im Alltag begegnen, wirklich anschauen! Ihnen ins Gesicht sehen, was ja – wenn beide gleichzeitig schauen – bedeutet, dass mensch vom Gegenüber weiß: hat mich gesehen und weiß, dass ich ihn/sie/es (?) auch gesehen habe.
Bei meinem Urteil über Mitmenschen, gehe ich immer zuerst von mir selber aus. Und von mir weiß ich, dass ich meist in Gedanken bin, wenn ich so durch die Welt laufe, versunken ins Nachdenken über Vergangenes oder über nächste Aktivitäten. (Dabei hat mich mal einer umgehauen, einfach so..)
Geht der Geliebte oder gute Freund an meiner Seite, kann ich die Wahrnehmung meiner Mitwelt besonders weit herunter fahren, denn auf Männer projiziere ich die Fähigkeit, vor allem aber die Willigkeit (!), die Außenwelt im Auge zu behalten und die Orientierung für uns beide zu übernehmen. Stimmt meistens, allerdings hab ich auch schon erlebt, dass Mann-an-meiner-Seite „uns“ verirrt hat. Shit happens! Da hat dann meine weibliche Bereitschaft, Anwohner um Orientierungshilfe zu bitten, weiter geholfen :-)).
Kurzum: ich glaube nicht, dass Euch der Gesichtsausdruck des jeweiliegen Gegenübers fehlt. Dass ihr euch das leisten könnt wie wir alle, ist nicht mal ein Bug, sondern ein Feature! Ein Feature des Produkts „Zivilisation“, das wir nicht in den Müll entsorgen, sondern schützen sollten!
Der einzige Grund, warum es durchaus wichtig ist, die je eigene Umwelt aufmerksam im Auge zu behalten, ist die Möglichkeit des Kriegs, die potentielle Gefahr, die vom Mitmenschen ausgehen könnte – nicht ausgehen muss, aber könnte.
Zivilisiert leben bedeutet: in Frieden sein, als Privatmensch im Alltag nicht ständig damit rechnen müssen, wegen irgendwas von XYZ angegriffen zu werden. Es bedeutet, in Ruhe den eigenen Gedanken nachhängen zu können, eine Basisfreíheit, die heute zu wenig geschätzt wird. Nebenbei bedeutet es auch, im Kontakt-Fall nicht gleich in Schubladen gesteckt und abgehakt zu werden – aber das ist schon eine Weiterung, eine höhere Friedfertigkeit, die kaum mehr jemand aufbringen will.
Soweit für jetzt. Es ist spät.
Update 24.8.:
Das FAZIT hat gefehlt, ich war gestern zu müde für einen „runden“ Artikel. Alsdenn: Diese Überlegungen sind vom „Maskenstreit“ auf Twitter inspiriert. Mein Grundgefühl, dass es weiterhin möglich ist, zivisiliert miteinander umzugehen, nimmt dort Schaden, wenn ich immer wieder lese, wie EGAL den „Skeptikern“ die Anderen sind. Hauptsache ICH, meine FREIHEIT, keine Maske zu tragen – sie schützt ja sowieso nicht, wiederholen sie bis zum Abwinken. Dabei schützt sie sehr wohl, ein wenig die Träger/innen, aber vor allem die Anderen.
Und weil gerade wieder herum gereicht wird, dass laut einem Meinungsbeitrag in der Apothekerzeitung viele Community-Masken aus Stoff womöglich ein gutes Biotop für Bakterien seien: Ich hab mir auf Ebay einen 50ger-Pack Papiermasken gekauft. Nicht so schick, aber besser! Im übrigen schreibt auch der skeptische Autor:
„Masken helfen nur dann, wenn es ein Risiko gibt, dass sich Infizierte und Nicht-Infizierte begegnen.“
Na, dafür sind sie ja da, oder?
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29 Kommentare zu „Maskenstreit: Vom Gesicht des Anderen“.