Man wollte Klarheit, eine Perspektive, faktenbasierte Leitlinien für Lockerungen, umfassenden Einsatz von Schnelltests – und jetzt kommt da ein „Stufenplan“, der nahezu alle wütend macht. Die einen, weil viel zu viel gelockert wird, die anderen, weil die Lockerungsoptionen zu kompliziert erscheinen, ein „Stop and Go“ durchaus zu erwarten ist, Tests noch gar nicht genügend da sind und und und…
Sascha Lobo wird derweil zum „Grollbürger“:
„Mir ist inzwischen egal, ob eigentlich der kleinkleine Föderalismus, die bockige Ministerpräsidentenkonferenz, die bizarre Bürokratie, die kaputtgesparte Infrastruktur, die ständige Angst vor dem Geschrei Rechter und Rechtsextremer, die völlige Fehleinschätzung des Pandemieverlaufs, das parteipolitische Getöse zum allerfalschesten Zeitpunkt, der kreischende Schuldenbremsengeiz der GroKo oder das jahrzehntelange deutsche Digitalisierungsdebakel hinter diesem pandemischen Staatsversagen steckt. Es ist wahrscheinlich eine Mischung aus allem, ergänzt durch ein paar Überraschungsunfähigkeiten.“
Und ja, mir geht es auch nicht viel anders, obwohl ich durchaus sehe, dass es eine schier unmögliche Politikaufgabe ist, mit den nun mal real existierenden Strukturen ein Vorgehen zu beschließen, dass zumindest eine Mehrheit überzeugt.
#Staatsversagen trendet
Deutschland galt weltweit lange als das Land, in dem alles funktioniert. Weil Busse und Bahnen meist punktgenau kommen, weil die Verwaltung grundsätzlich nach Regeln und nicht mittels Beziehungen und Bestechung agiert. Weil nicht so viel Polizei auf den Straßen ist und trotzdem normalerweise alles friedlich abläuft.
Diesen Ruf dürften wir in der Corona-Krise endgültig verloren haben, denn sie deckt gnadenlos auf, wie brüchig und unflexibel das ganze Konstrukt ist, wie lähmend langatmig und mutlos agiert wird und in welch‘ verschiedenen Welten die vielfach gespaltene Gesellschaft bereits lebt: unfähig, sich aufzuraffen und dem Virus effektive Maßnahmen entgegen zu setzen, auf die man sich einigen kann.
Dieses Jahr ist Wahljahr und der Volksverpetzer meint, er wisse gar nicht mehr, wen er alles abwählen soll. Wir können von Glück sagen, wenn diese offene Flanke unserer Demokratie jetzt nicht von einer charismatischen Person mit einer radikalen Idee genutzt wird! So gesehen ist es auch ein Glück, dass alle denkbaren radikalen Ideen schon verbraucht sind, zumindest soweit sie sich auf die Bekämpfung des Virus beziehen.
Dieses Virus bekommt übrigens in einer großartigen ARTE-Dokumentation eine Stimme und hat uns einiges zu sagen! Trotz meiner Corona-Müdikeit, die sich zunehmend auch auf die gesamte Berichterstattung bezieht, bin ich von dieser fantastisch gut gemachten Rückschau auf ein Jahr Corona restlos begeistert: Corona – Sand im Weltgetriebe ist nämlich weit mehr als eine Rückschau, sondern zeigt auf,. wie sehr unsere bisherige Lebens- und Wirtschaftsweise das Übel selbst verursacht und immer weiter treibt.
„Ich bin nur die kleine Welle vor dem Tsunami“ sagt das Virus – schaut es Euch an, die 88-Minuten lange Doku ist sehr sehr empfehlenswert!
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2 Kommentare zu „Endlich ein Stufenplan – und alle sind wütend“.