Klassische Influencer aus Politik und Kultur tun sich derzeit hervor, indem sie den sofortigen Importstopp fossiler Energieträger aus Russland fordern. Auch Ex-Bundespräsident Gauck meinte gestern bei Maischberger:
„Wir können auch einmal frieren für die Freiheit und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger Lebensglück und Lebensfreude haben“.
Wen meint er mit „wir“? Bestimmt nicht sich selbst und jene, die in Talkshows Dauergast sind, um den Stand der Dinge erörtern. Mit seinem Ehrensold von 214.000 Euro im Jahr kann er auch einen massiven Anstieg der Energiepreise gelassen entgegen sehen. „arbeitslos“ kann er ja nicht werden. Herr Röttgen wird ebenso wenig darben müssen, auch Anne Will und Böhmermann werden weiterhin im Warmen sitzen.
Ich schreibe ungern ins Diary, was gerade viele sagen, aber ich ärgere mich schon seit Tagen immer wieder über solche Äußerungen. Man gibt sich gern hochmoralisch, wenn man selbst nicht viel zu befürchten oder einfach keine Ahnung von den Folgen hat. „Frieren für den Frieden“ illustriert die Ignoranz gegenüber den wirtschaftlichen Verwerfungen, die sich nicht darin erschöpfen, dass man mit dickem Puillover im Wohnzimmer sitzt und ein paar sowieso „böse“ Konzerne weniger Profit machen.
Wenn echte Energieknappheit herrscht, steigen die Preise ins Unermessliche – und natürlich nicht nur die für Energie, sondern alle! Firmen gehen Pleite, die Arbeitslosigkeit steigt, Rücklagen werden von der Inflation weggefressen. Und wir wollen doch auch noch die Bundeswehr instand setzen, die Energiewende finanzieren, die marode Infrastrucktur reparieren und – vielleicht, ich glaub nicht dran! – „die Armen mitnehmen“. Das alles nach Lindner natürlich mit Schuldenbremse und schwarzer Null.
Erstaunlich auch die Chuzpé, mal so eben „ein paar Jahre Lebensglück und Lebensfreude“ opfern zu wollen (natürlich nicht seine!). Als hätten all die gestressten und gebeutelten „Systemrelavanten“ in letzter Zeit viel Lebensfreude. Von Geringverdiendern und Familien mit Kindern an der Armutsgrenze gar nicht zu sprechen. Und was ist mit den sechs Millionen Menschen über 80, die meist nur noch diese „paar Jahre“ haben? Sollen sie besser gleich wegsterben, um wenigstens nicht noch für den Frieden frieren zu müssen?
Na, es reicht für heute.
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19 Kommentare zu „Frieren für die Freiheit?“.