Eigentlich sollte es ein sanfter Übergang werden: Mit der CO²-Abgabe auf Energie die Preise langsam anheben, während der Umbau bei den Energieversorgern eher gemächlich voran schreitet. Aber mach nur einen Plan… Die aktuellen Preise für Gas, Benzin und Strom laufen allen Prognosen davon. Heute hat jemand eine Nachricht seines Gas-Lieferanten auf Twitter gepostet:
Und das, obwohl wir nach wie vor das meiste Gas aus Russland beziehen und (noch) nicht reduziert oder gar gestoppt haben. Benzin/Diesel kosten deutlich über 2 Euro/Liter und langsam wird auch klar, dass das nicht alles ist. ALDI erhöht die Preise von 400 Produkten, die Bäcker in Berlin müssen ebenfalls nachziehen. Sie haben neben der Energie auch noch Preissteigerungen beim Weizen (wg. Ukraine, Russland) zu verkraften. Kurzum: Alles wird teurer – und nicht zu knapp!
So langsam müsste jedem klar werden, dass die Energiepreiswende, die gerade über uns herein bricht, alles andere als sanft verläuft und sich auch mittelfristig nicht entschärfen wird. Der Ausbau der Erneuerbaren läuft nur schleppend. Auch da, wo eigentlich klar ist, was passieren soll, nämlich bei der Südlink-Trasse, gibt es auch jetzt noch (!) massiven Widerstand. Und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die Leitungen wegen der Bürgerproteste nicht über Land laufen, sondern tief eingegraben werden – die teuerste Version, die wir alle über den Strompreis zahlen werden.
Kohle-Renaissance?
In Berlin verzeichnen die letzten Kohle-Händler gerade eine massiv steigende Nachfrage. Wer noch einen Kohle- oder Holzofen hat, deckt sich gerade mit Vorräten ein. Auch bei mir steht noch ein funktionierender Kachelofen im Wohn-/Arbeitszimmer, dank meinem weisen Vermieter, der die Öfen nicht hat abreissen lassen, trotz Gas-Etagenheizung. Sogar ein paar Briketts liegen hier aus früheren Zeiten noch ‚rum, ich werde aber vorläufig nicht kaufen. Es ist immerhin beruhigend, dass der Ofen noch da ist – da könnte ich auch Holz und Pappe verheizen, wenn die Lage wirklich krass wird.
Energie sparen? Nicht wirklich…
Hätte die Groko den Ausbau der Erneuerbaren nicht massiv ausgebremst, stünden wir heute anders da. Aber auch auf anderen möglichen Regulierungsbereichen glänzte die deutsche Politik durch Untätigkeit: Bloß nicht den Konsum antasten, der muss ja jedes Jahr steigen, weil wir unbedingt Wachstum brauchen: Kein Tempolimit, kaum Anreize für den Kauf kleiner PKWs mit weniger PS und weniger Verbrauch, keine Vorgaben für den Neubau zur Nutzung der Wärmepumpentechnologie, keinerlei Versuche, die massenhafte „kostenlose Rücksendung“ von Online-Bestellungen zu unterbinden – und wir alle sind mehr oder weniger mit Schuld, denn abgesehen von den immer mehr werdenden Menschen an oder unter der Armutsgrenze hat sich doch kaum jemand ums Energie-Sparen gekümmert!
1992 / 1993 war ich mit der Durchführung einer Klimakampagne für Mieter beschäftigt. Wir haben die Mieter eines riesigen Plattenbaus dazu bewegt, ihren Energieverbrauch zu senken: 20 bis 30 Prozent waren locker drin. Insgesamt aber zeigte sich bei solchen Aktionen regelmäßig: Das energiesparende Verhalten bleibt nicht stabil, sondern bewegt sich nach Wegfall der Anreize und der Dauerkommunikation wieder zurück auf den alten Level.
Allein die Elektro-Geräte, die in deutschen Haushalten stehen: Für jeden Pipifax ein extra Gerät: Brotschneidemaschine, Gemüsezerkleinerer, Rührgerät, Mixer, Kaffemühle, Toaster, Brotbackautomaten, Waffeleisen, Eierkocher, Tischgrills, selbstverständlich elektrische Zahnbürsten / Mundduschen und neuerdings jede Menge Vakuumiergeräte, damit man den Trend zum Sous Vide Garen mitmachen kann.
Ich nehme mich dabei nicht aus, besitze einen Hochleistungsmixer, der satte 3 PS bringt – immerhin nutze ich den nicht oft. Und beim Kaffee bin ich zur Mechanik zurück, nachdem die E-Mühle den Geist aufgegeben hat.
Pro Mokkakanne (Espresso, 10 Tassen) muss ich 150 mal drehen, mit einigem Druck, damit das Ding nicht wegrutscht. Bringt immerhin täglich ein kleines Workout für die Armmuskeln, oft sogar zweimal täglich.
Energetischer Umbau der Häuser?
Immer wieder verweisen Experten darauf, dass die größte Einsparung bei der Heizenergie stattfinden müsse. Die Häuser müssen wärmegedämmt werden und es sollten Wärmepumpen eingebaut werden. Diese sind vor allem dann effektiv, wenn auch eine Fußbodenheizung installiert wird, sowie eine Solaranlage auf dem Dach. Bei bewohnten Mehrfamilienhäuser also ein riesiger und sehr kostenintensiver Umbau. Bereits jetzt werden viele Mieter allein durch die Kosten der Wärmedämmung „heraus modernisiert“ – und ehrlich gesagt bin ich froh, dass mein Hauseigentümer bisher keine Anstalten in dieser Richtung macht.
Fazit: Es wird richtig ungemütlich und sehr teuer! Individuell bleibt uns nur, den eigenen Verbrauch (und all die Gerätschaften) zu reduzieren, wo immer möglich. Politiker/in möchte ich in diesen Zeiten wirklich nicht sein!
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13 Kommentare zu „Energie: Jetzt rächt sich Jahrzehnte lange Ignoranz“.