Boris Stumpf schreibt in „Ein warmer Pullover“ über die Folgen des sparsamen Heizens, das uns aufgrund der Gaskrise aufgezwungen wird. Neben der Gefahr von Schimmelbildung an ungeheizten Wänden sieht er auch großformatigere Folgen:
„Zu einem ziemlich großen Anteil zahlt die massiven Energiekosten-Erhöhungen für die Bürger wer? Richtig: Der Einzelhandel! Denn was viele Menschen bei knappen persönlichen Kassen für massiv erhöhte Energiekosten ausgeben müssen, landet nicht in den Kassen des Einzelhandels.“
Damit hat er recht: Allgemeine Preiserhöhungen führen zu weniger Konsum. Das ist ja etwas, was wir eigentlich lange schon aus Klimaschutz-Gründen hätten machen sollen: Entbehrliches weglassen, Energie sparen, Ressourcen schonen, Konsumausgaben herunter fahren – ist das wirklich so furchtbar? Wenn ich sehe, was die Leute so alles kaufen, ist da noch eine dicke Speckschicht. Ob man diesen „Wohlstand“ für unverzichtbar hält oder nicht, ist auch eine Sache der persönlichen Einstellung, die sich ändern kann bzw. sich bereits ändert. Sparen kann auch „sportlich“ betrieben werden… (Ich spreche hier nicht von den richtig Armen, die schon jetzt finanzielle Probleme haben und entlastet werden müssen!).
Mehrere Krisen verschränken sich
Was das alles mit der Wirtschaft macht, die auf unendliches Wachstum angewiesen ist, werden wir sehen. Mir kommt es so vor, als zwingten uns jetzt die Umstände zu etwas, was wir durch rationales Handeln nicht schaffen, ja uns nicht einmal vorstellen können: ein Leben und Wirtschaften ohne Wachstum, eher mit Schrumpfung! Manche nennen es den „perfekten Sturm“, in den wir derzeit beschleunigt eintreten: Krieg / Sanktionen / Flüchtlinge, Klimakatasptrophe / Dürre / Überschwemmungen / Ernteausfälle, Energiekrise, Inflation, Arbeitskräftemangel, Lieferkettenprobleme, Rohstoffmangel – auch die Banken sollen dank der „Zinswende“ wieder in Gefahr geraten.
Alles in allem erscheint mir unser aktuelles, in vieler Hinsicht extrem komplexes und überbürokratisiertes System nicht sehr fähig, diesem „perfekten Sturm“ in gebotener Schnelligkeit viel entgegen zu setzen.
- Geboten ist z.B. eine deutlich umfangreichere Umverteilung von oben nach unten, wobei die politisch mächtigsten oberen fünf bis zehn Prozent vermutlich alles unternehmen werden, um Verluste zu vermeiden.
- Schwer angesagt ist auch die Entbürokratisierung und Beschleunigung der Umstellung auf erneuerbare Energien. Der politische Wille scheint auf Ampel-Ebene da zu sein, aber bis das mal überallhin durchgedrungen ist und sämtliche Vorschriften der verschiedenen Verwaltungsebenen geändert sind, wird dauern (siehe Absurditäten wie diese).
Das sind nur zwei Beispiele für viel mehr erforderliche Veränderungen, die alle auf einmal nötig wären. Fast überall läuft die Produktion nur noch stockend (Lieferketten, Rohstoff-, Vorprodukte- und Arbeitskräftemangel) und sogar manche Schulen bieten nurmehr Wechselunterricht, weil zu viele Lehrer fehlen. Die Zahl der Baugenehmigungen ist im Sinkflug, Baustellen brauchen länger und werden teurer, die Infrastruktur ist marode, weil viele Jahre kaputt gespart.
DER Aufreger auf Twitter ist heute nichts von alledem, sondern dass IKEA sich untersteht, keine Pommes mehr anzubieten – wegen des CO²-Abdrucks, der durch die Zubereitung viermal so hoch sei wie z.B. Salzkartoffeln. Was für eine böse Bevormundung! (Immerhin: die Aufregung über die Sich-Aufregenden machen den Großteil der Tweets aus – und es stimmt nicht mal wirklich).
Ich persönlich bevorzuge ja Pellkartoffeln, dabei bleiben mehr Nährstoffe erhalten.
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- Habeck zum Stand der Dinge in Sachen Erneuerbare
- Und noch eine in dieser Situation besonders absurde Fundsache, die @Nomadenfrau auf Twitter so kommentiert:
„Fotografiert heute vor dem Rewe in Lübz. Ich möchte die Verantwortlichen nur noch schütteln, in der Hoffnung, dass da noch irgendwo Resthirn zu finden ist!„
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17 Kommentare zu „Krisentango: Vom Leben im „perfekten Sturm““.