Claudia am 02. November 2009 —

Einsam im Web 2.0 ?

Auf seinem Blog X-Town.net schrieb Christian Rentrop einen etwas wehmütigen Artikel über die „Web2.0-Einsamkeit“, den er wie folgt einleitet:

„Twitter, Facebook, Xing, Weblog, Webforen, Skype und E-Mail: ich bin rundum vernetzt, rund um die Uhr, per Laptop, iPhone, immer on, immer greifbar. Alle Freunde, Bekannten, Geschäftskontakte sind nur einen Mausklick entfernt. Und doch fühle ich mich manchmal einsam. Wenn ich Skype öffne, und keiner online ist. Wenn ich in Facebook schaue und zwar genau weiß, was wann wer warum gerade treibt, aber merke, dass dabei niemand an mich gedacht hat. Wenn niemand Blogbeiträge kommentiert. Doch wenn es dunkel wird, kann das Web 2.0 sehr, sehr einsam sein.“
(gefunden via YuccaTreePost)

Ich finde diesen Artikel schon deshalb bemerkenswert, weil hier mal jemand miese Gefühle inmitten all des ansonsten eher in den digitalen Himmel gehypten Web 2.0-Geschwurbels zugibt. Und ich kenne diese Anwandlungen durchaus, auch wenn ich bei weitem nicht so extrem „vernetzt“ und schon gar nicht „allways on“ lebe. Ja, das gab es sogar schon damals, im Web 1.0., als man die Leser-Reaktionen noch per E-Mail erhielt und „händisch“ unter Beiträge auf Magazin-artige Webseiten setzte, die nach Themen und nicht nach Erscheinungstagen geordnet waren.

Ist es nicht ein seltsames Phänomen, dass immer mehr Kontakte auf immer mehr Plattformen zustande kommen, begleitet von vielerlei Formen, Resonanz und Aktivitäten zu unterstützen und transparent zu machen („X hat ein neues Bild eingestellt“) – und dennoch fühlen sich Menschen in diesen Kontexten einsam? Offenbar sogar einsamer bzw. „anders einsam“ als in der alten Internet-losen Welt?

Das Ganze jetzt mit dem Hinweis abzubügeln, Netzkontakte und Aktivitäten seien ja nicht das richtige, das „reale Leben“ und wer sich darin verstricke, werde zwangsläufi vereinsamen, greift zu kurz bzw. trifft das Spezifische an der „neuen Einsamkeit“ nicht. Denn Christian HAT ja durchaus ein Leben außerhalb des Paralleluniversums, „eins mit Familie, Freundin, Freunden und Arbeit. Eins, das auch ohne Internet und nur per Telefon weitestgehend funktioniert.“

Warum also dieses Einsamkeitsgefühl? Nochmal Christian, weil er es so schön auf den Punkt bringt:

„Rund 500 Menschen besuchen täglich meine Website, aber nur wenige hinterlassen einen Kommentar. Ich aktualisiere Statusmeldungen bei Facebook, kommentiere auf Blogs, aber niemand antwortet, niemandem “Gefällt dies”. Es ist frustrierend. Man fühlt sich ein wenig wie ein Komapatient, der alles mitbekommt, dessen geistige Aktivität aber niemand mehr bemerkt. Als brüllte man permanent in die große, weite Welt, ohne dass jemals jemand antwortet.“

Der aktuelle Artikel hat ihm Antworten gebracht – nicht nur diese, sondern auch nicht wenige gute Kommentare. „Seelenstriptease“ zieht Leser, auch das weiß Christian, der uns im weiteren mitteilt, dass er die „A-Blogger“ bewundert und gerne in der ersten Liga mitspielen würde, es aber trotz aller Bemühungen nicht schafft.

Das Ganze ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Web2.0-Möglichkeiten der Selbstdarstellung und Interaktion den Narzissmuss in den Menschen verstärken. Anstatt Themen und Aufgaben zu finden, für die der Einsatz lohnt, wird das bloße eigene Da-Sein und bemerkt-werden zum Ziel des Tuns. Doch je mehr das von Erfolg gekrönt ist, desto größer wird die Abhängigkeit von der Resonanz anderer: heute nur 150 Besucher? Was ist los? Bin ich etwa nicht mehr interessant genug?

Narzissmuss ist die Liebe zum Bild von sich selbst, keine wahre Selbstliebe. Dieses Bild ist NICHTS ohne genug Betrachter, die es wieder und wieder als „schön“ (bzw. spannend, wichtig, unterhaltsam…) bestätigen. Der Mensch wird zum sich abstrampelnden Sklaven dieses Bildes und fühlt sich zu recht „leer“, wenn die Resonanz ausbleibt. Alle, die immer schon in der Öffentlichkeit standen (Politiker, Medienstars etc.) kennen diese Falle, die früher einmal dem gemeinen Volk mangels Möglichkeit gar nicht drohte. Web 2.0 hat das erfolgreich geändert. Es ist nicht schwer, „für 15 Minuten berühmt“ zu sein und auch mal eine Sau durch die Blogosphäre zu treiben – und jeder für sich kann locker sämtliche Methoden austesten, die man einst der Zeitung mit den vier Buchstaben vorgeworfen hat, um die eigene Publizität zu erhöhen, koste es, was es wolle.

Wer?

Aber WER ist es eigentlich, der diesen Versuchungen verfällt? WER will gesehen und beachtet werden? Wer bin ich, abgesehen von jeglicher Darstellung nach außen?

Diese vielleicht seltsam anmutende Frage kann die ganze Ver-rücktheit, in der sich der Selbstdarstellungssüchtige befindet, stoppen. Man muss sie nicht umfangreich beantworten, es reicht, sie täglich im Bewusstsein zu halten und immer wieder kleine Teil-Antworten zu finden. Dafür lohnt es sich, auch die Leere einfach mal eine Zeit lang auszuhalten und anzusehen, anstatt sich in die nächsten aufmerksamheitsheischenden Tätigkeiten zu stürzen. Ein unangenehmes Gefühl tritt ja oft genug nur wegen der Ungewohntheit einer Sache auf: wer die Leere partout vermeiden will, dringt nie zur Erfahrung vor, dass das üble Gefühl auch ganz von selbst wieder verschwindet. Eine nie gekannte innere Ruhe breitet sich aus, in der man sich beheimatet fühlen kann – ganz ohne die Resonanz von Anderen.

Manchmal stehe ich mit der DigiCam im Garten und versuche, das Lichtspiel und die Farben in der späten Nachmittagssonne einzufangen. Es gelingt nicht, denn die Kamera ist nicht im Stande, gleichzeitig Himmel UND Erde, Wolken und Wiese, Büsche, Bäume richtig zu belichten. Ich müsste einiges dafür tun und mit technischen Features tricksen, um am Ende ein Bild zeigen zu können, das dem Anblick nahe kommt, den ICH gerade SEHE, der mich einfach so ohne jeglichen Geräte-Einsatz ergreift und in Begeisterung versetzt.

Die das Abendlicht im Garten ganz ohne „Equipment“ SO sehen und empfinden kann, das bin „ich“ – nur so als Beispiel. Dieses „Ich“ (manche nennen es auch „Selbst“) ist leistungslos einfach so da und letztlich nicht mit-teilbar. Es ist sehr leicht zu übersehen durch äußere Aktivitäten wie etwa das Bemühen um die „korrekte“ Abbildung, doch ist es der leere Grund, aus dem alles echte Engagement kommt. Sein Kennzeichen ist die Abwesenheit jeglicher Gedanken an „seine Majestät, das Ich“ – sie verschwinden im Sehen und Fühlen, ganz „von selbst“.

Mit diesem einfach-so-Sein des öfteren in Kontakt zu treten, hilft gegen die Verlorenheit im Web 2.0 ganz genauso wie gegen althergebrachtere Formen der Einsamkeit. Doch trendige, allumfassende Geschäftigkeit („allways on“) ist der beste Weg, diesen Kontakt zu verlieren, bzw. gar nicht erst zu gewinnen.

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Diskussion

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14 Kommentare zu „Einsam im Web 2.0 ?“.

  1. Hab den Artikel nur überflogen, aber ja beschreibt eigentlich ne häufig auftretende Situation. Jede 2 Minuten nachgucken, ob man nen neuen Kommentar im Blog hat oder eine neue Nachricht im studiVZ. Aber nein, da ist nichts.
    Dagegen hilft -> einfach mal auf die anderen Leute zugehen. Die freuen sich nämlich wenn man mit ihnen in Kontakt tritt.

  2. @JakobD: schade, dass du den Artikel „nur überflogen“ hast. So ist dir nämlich komplett entgangen, dass es mir gar nicht darum geht, „mangelnde Resonanz“ hin zu MEHR RESONANZ zu verändern, sondern genau diesem Bedürfnis den Garaus zu machen!

  3. Vorab: Dein Fotobeispiel gefiel mir. Wie oft fotografiere ich, und versuche damit meinen Blick ein zu fangen, und dann denke ich nachher, wen ich das Bild sehe: hm, das sieht ja dunkel, verschwommen, sonstwie aus…. und schiebe am PC Regler solange hin und her, bis es ein tolles Foto ist. Aber mit dem, was ich fühlend sah, nichts mehr zu tun hat. Weniger nachregeln, um jetzt die Kurve zum eigentlichen Artikel hin zu bekommen, öfters mal beim „Foto“ sagen, wenn Freunde meinen, das sähe aber laff aus: je nun, so sah es eben aus. So auch bei sich selbst.

    Ich weiß aber, jetzt genauer zum Artikel (wenn ich es schaffe) nicht, ob es wirklich nur die eitle Gier nach Applaus oder die Angst vor der inneren Stille ist.

    Wenn man, wie manche von uns, das schriftliche bewegen in virtuellen Räumen als „auch“ echtes Leben ansieht, dann möchte man auch etwas weiteres aus dem „anfassbaren“ Leben haben: Feedback. Anhand der Reaktion meines Gegenübers weiß ich, das ich „da“ bin. Spreche ich im echten Leben zu drei Leuten am Tisch, und keiner zuckt auch nur, dann könnte man schon denken: sitze ich für die eigentlich hier? Bin ich austauschbar? Nur eine Fototapete in 3D?

    Wenn man laufend mal was einwirft, und immer noch zuckt keine Augenbraue, dann könnte man sich auflösen. Das ist substanzieller als nur die Lust auf Applaus und anders als Angst vor der inneren Stille.

    Freilich: man löst sich nicht immer gleich auf, nur wenn man mal die Stille und die Ruhe und ja, die Einsamkeit zu lässt. Aber dann sucht man die im realen Leben auch (die Stille). Dann setzt man sich ja (meist) nicht an einen Tisch mit Leuten zusammen.

    Wenn wir aber im Netz was heraus lassen, dann ist das fast immer ein voller Raum. Vielleicht(!) ist es beim erstellen von Internetseiten noch etwas anderes. Die kann auch mal einfach nur still da liegen. Da muß selbst ich eitle Seele nicht mehr jeden Tag einen zuckenden Besucherzähler haben.

    Aber wenn man etwas „schreibt“, ist es meistens doch eine Ansprache. Dauerhaftes „scheinbares“ gegenschweigen kann da irritieren. Kein Kommentar bedeutet zwar nicht, daß es nicht angekommen ist, aber das sieht der Sender ja nicht. Deswegen gebe ich meistens meinen Senf dazu, wenn mich etwas erreicht hat, sicher nicht selten zum leichten Augenverdrehen anderer ;-))

  4. @Chräcker: hey, ich schätze deine Kommentare sehr! Und du bist ja sogar einer derjenigen Leser, die so einen ELEND LANGEN Artikel nicht nur „überfliegen“ – toll!

    Na klar will ich Resonanz, wenn ich etwas ins Web stelle, meine Rede in der Replik auf den ersten Kommentar war schnoddrig überspitzt. :-) Und doch macht mir auch das Schreiben alleine ganz für sich genommen Freude: wenn und weil ich mich einem Thema widme, das mich selber berührt, zu dem ich also schreibend meine Gedanken ordne. Mir passiert es auch mal, dass ich dann ins Wochenende starte und erst zwei Tage später die Kommentare sehe – dann freu ich mich NOCHMAL, doch ist das nicht der Grund gewesen, warum ich schrieb. Und man sieht ja auch an den Zugriffszahlen, dass zumindest ein paar Besucher da waren, auch wenn sie nichts gesagt haben.

    Was mich an Christians Text angesprochen hat, war diese rastlose Suche nach Resonanz ganz unabhängig vom „Werk“ – und die kenn ich auch, wenn ich z.B. mal nachts noch online bin und da noch quer beet surfe, irgendwie auf der Suche nach einem „HotSpot“, wo noch „was passiert“… – das MERKE ich dann aber schnell, es ist eine Stimmung, die sich u.a. mangelnder Selbstdisziplin verdankt: Zerstreuung pur, hinter jedem Mausklick KÖNNTE die Post abgehen, doch sind da auch noch viele andere Möglichkeiten… da hilft nur ausschalten und mal wieder ein Buch lesen! :-) Oder eben das bewusste Beobachten, wie die Gedanken all das verarbeiten und langsam zur Ruhe kommen.

  5. Vielen Dank für deinen Artikel, Claudia. Ich meine auch: Das In-sich-Ruhen kann durch das Web 2.0 weder ver- noch erlernt werden, das ist auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt, die definitiv nicht preisgegeben werden darf. Ebenso sollte jeder, auch im Web 2.0, auf seine Sache konzentriert bleiben, und wenn sie wenig Interessenten findet, dann ist das eben so. Man sollte kein Interesse zeigen, nur um Klicks zu kriegen, sondern eines haben. Die Qualität von Kommentaren und Feedbacks spielt in jedem Falle eine größere Rolle als deren Quantität. Zudem muss klar sein, dass alle technischen Kommunikationsmittel die Unverbindlichkeit vergrößern, was auch eine gewisse Freiheit mit sich bringt. Das fängt m.E. schon mit E-Mail an: Scheinbar fühlen sich hier viele Leute noch vor die Wahl gestellt, antworte ich oder nicht, obwohl eine unmissverständliche Anfrage enthalten war. @JakobD: Der direkte Kontakt kann hier Abhilfe schaffen. Er ist sicherlich sinnvoll, wenn man sich für etwas interessiert und mehr erfahren möchte, mit jemandem in der Sache übereinstimmt, auch wenn man einen Menschen einfach nur kennen lernen möchte, aber doch nicht um den Traffic auf dem eigenen Blog, Profil oder was auch immer zu erhöhen. Beste Grüße urb

  6. Hab auch das wieder gerne von Dir gelesen, Claudia …(und zur Gänze).
    Das Internet hat für mich große Verführungskraft. Wenn ich etwas posten möchte, sollte ich mich weitgehend von Kommentarwünschen frei machen. Posten um des Postens willen oder um mit Sprache zu spielen. Um sich vielleicht auch im Geschriebenen spiegeln zu können oder „seine Stimme zu hören“.
    Es gibt Leute, die posten alle 3 Wochen etwas, dann, wenn sie etwas wichtiges festhalten wollen – ganz so wie vielleicht jemand sein Musikinstrument aus der Ecke holt, um sich ihm mal wieder eine Stunde zu widmen.

    „Alles in Maßen“ – ein alter Leitspruch und in Verbindung mit dem Netz ganz sinnvoll.

    Gruß
    Gerhard

  7. „…wer die Leere partout vermeiden will, dringt nie zur Erfahrung vor, dass das üble Gefühl auch ganz von selbst wieder verschwindet“.

    In der Psychologie gibt es ja den Begriff „stimulus-bound“, Stimulanz-gebunden. Der zentrale Wert von ENT-SPANNUNGs- übungen und Körperübungen (im weitesten Sinne „Yoga“), liegt nach meiner Erfahrung in der Lösung von dieser Stimulanz-Gebundenheit. Es ist wie beim Rauchen aufhören: man schafft es nur, wenn etwas Besseres an die Stelle tritt. Das Bessere ist in diesem Fall die positive Wahrnehmung von LEERE, NICHTS, KÖRPER, DASEIN. Der Geist verliert seine PARASITÄRE Macht über den Körper und damit verschwindet die Ursache von Stimulanz-Gebundenheit.
    Was im Internet, im Web 2.0, kommuniziert, ist ja immer der (süchtige, krampfhaft sich Wissen, Macht und Kommunikation aneignende, … ) Geist, nie der Körper.
    Dein Beispiel mit der Kamera zeigt noch etwas anderes: man will sich Gegenwart aneignen und verliert sie dadurch.
    Alles in Allem wieder einmal ein sehr zutreffender Artikel von Dir,
    gerne gelesen. Es grüßt ein langjähriger („stiller“) Besucher Deiner überaus
    geschätzten Website, in (nicht-) narzißtischer Weise ;-)

  8. Ich weiß nicht so richtig, wie ich es ausdrücken soll: Das melancholische Gefühl der Web-2.0-Einsamkeit ist vielleicht nichts anderes, als das Gefühl der Einsamkeit, das wir ganz unabhängig von Web-2.0 oder Internet in uns die tragen. Es ist vielleicht die Melancholie, die wir selbst dann spüren, wenn wir mitten unter Menschen stehen, alle reden hören und doch spüren, dass wir alleine sind.

    Wir sind alleine als Menschen. Alleine auf dieser Welt – und trotzdem sind wir immer auch in der Gruppe. Wollen zur Gruppe dazugehören und ihren weg mitbestimmen ohne unsere Persönlichkeit dafür aufzugeben.

  9. Vor 25 Jahren (damals noch in der DDR) hatten wir das schon mal. Damals war es das Telefon. Ein persönlicher Kontakt (Face to Face) konnte ein Telefonat nicht ersetzen. Auch Bildtelefone tuen das heute nicht. Im Zeitalter des Web 2.0 werden persönliche Kontakte immer wichtiger. Und die müssen auch gepflegt werden. Echte Emotionen lassen sich durch keine Icons zeigen. Auch ich bin durch mein IPhone sehr oft online, checke Mails, Facebook und Co. Meine Lebensqualität hat sich dadurch nicht verbessert. Ein Anfang wäre ein Computer-freier-Tag in der Woche. Schaffst Du das Claudia?

  10. @urb: ich empfinde auch die Wahl, auf E-Mail nicht zu antworten. Es sind einfach zu viele SPAMS und andere „Anforderungen“ unterwegs, man würde ja verrückt werden, die alle mit netten Absagen zu bedenken!

    @Gerhard: ja, ich lese auch sehr gerne alle-drei-Wochen-mal-Blogs, wenn gute Artikel drin stehen, die mich berühren.

    @Jochen: ja, so ist es. Und dass ich das Rauchen nicht lassen kann, liegt genau DARAN, dass ich „nichts Besseres“ habe, während der Geist seine Web-Aktivitäten lebt: da will der Körper auch sein Stimulanz/seine Ruhigstell-Droge.

    @Silvio: wenn ich was BESSERES habe, kein Problem! :-) Z.B. auf einer Reise, oder an einem Tag, an dem ich Besuch habe. Zwanghaften Computerverzicht will ich gar nicht SCHAFFEN, da fühl ich keinerlei Ehrgeiz, mir oder irgend jemandem was zu beweisen. Wirf mich in eine computerfreie Umwelt und ich passe mich an – aber warum sollte ich nicht mindestens einmal am Tag Mail checken, es könnte ja jemand was Dringendes brauchen… (das hab ich berufsbedingt als immer funktionierende Ausrede! ;-)

    @Sammelmappe: ja, das sehe ich auch so – den ganz großen Unterschied in der Wurzel der Einsamkeit gibt es nicht. Und es begeistert mich philosophisch, dass ein „nicht allein sein“ gar nicht denkbar ist, ohne alles zu verlieren, was uns lieb und teuer ist. Denn: wären wir nicht getrennt (sondern „eins“) gäbe es keine Freuden und Leiden, kein Begehren und Erringen, keinen Beobachter, der etwas bemerkt…weil wir ja „alles“ wären. Doch wie sagte einst Ram Dass (so ein amerikanischer, ZEN-inspirierter Spiritueller):

    „ich will nicht Zucker SEIN, ich will Zucker ESSEN“.

  11. […] Digital Diary: Einsam im Web 2.0 – Gedanken zum Phänomen der rastlosen Resonanz-Suche mittels immer mehr Community-Tools. […]

  12. Hallo Claudia,

    das ist ein wirklich tiefgründiger Artikel! Durch Zufall bin ich auf Deine Seite gelangt und habe sie in meinen Reader aufgenommen.

    Du schreibst: „Ist es nicht ein seltsames Phänomen, dass immer mehr Kontakte auf immer mehr Plattformen zustande kommen, begleitet von vielerlei Formen, Resonanz und Aktivitäten zu unterstützen und transparent zu machen (”X hat ein neues Bild eingestellt”) – und dennoch fühlen sich Menschen in diesen Kontexten einsam? Offenbar sogar einsamer bzw. “anders einsam” als in der alten Internet-losen Welt?“

    Ich denke der Stellenwert der virtuellen „Kontakte“, „Freundschaften“ etc. ist einfach ein anderer – oft missverstandener und von vielen überbewerteter. Was ist wichtiger, ein echter guter Freund oder 1.000 Follower auf Twitter? Natürlich freut man sich über jeden Follower, über jeden Blog-Abonnenten. Aber es ist ein schmaler, gefährlicher Grat.

    Wenn realen Kontakte vernachlässigt werden weil den virtuellen eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird, sind wir schnell in einem Sucht-Verhältnis angelangt.

    Und wie das bei suchtgefährdenden Dingen so ist – sie machen Spaß, aber man muss aber die Grenzen kennen!

    Viele Grüße und weiter so qualitativ hochwertig,
    Gunther

  13. Zitat:
    Anstatt Themen und Aufgaben zu finden, für die der Einsatz lohnt, wird das bloße eigene Da-Sein und bemerkt-werden zum Ziel des Tuns. Doch je mehr das von Erfolg gekrönt ist, desto größer wird die Abhängigkeit von der Resonanz anderer: heute nur 150 Besucher? Was ist los? Bin ich etwa nicht mehr interessant genug?

    Genau! Die Falle ist für alle stets geöffnet. Dazu passt auch herrlich die fehlende Transparenz, wieviele „Besucher“ man denn tatsächlich hat? Je nach Statistik-Webseite können die Angaben um mehrere hundert bis 1000 Prozent schwanken. Darum ist es so entscheidend, was Du schreibst: Die Themenheimat finden, und den Wert der einzelnen Reaktion, der einzelnen gewonnenen Bekanntschaft über seine Web-Präsenz sich bewusst machen und sich daran erinnern, dass DAS den Aufwand lohnt. Nur da.

  14. seltsam ist nur der Mensch sucht Kontakt gerne zu anderen Menschen,das Kommunikationsmittel heute dafür steht das Internet!Es wird klar versucht Kontakt zum Menschen zu erreichen,jetzt halt über Internet aber es kommt auf den Kontakt an,die Wege waren und sind das Gespräch und noch mehr Nähe!