Der Mensch ist eine Ganzheit aus Geist, Körper und Psyche. Ob man es als Konglomerat verschiedener Wesenheiten betrachtet oder als Aspekte derselben Sache, ist eine Diskussion, die im realen Leben kaum je Bedeutung gewinnt. Auch beim Rauchen, bzw. den Versuchen, davon loszukommen, ist es recht egal, ob ich Materialist oder Pneumatikerin bin: die Sucht macht keinen Unterschied.
Das Loskommen vom Rauchen bietet jedenfalls ein weites und interessantes Versuchsfeld, um das Zusammenspiel der Aspekte Denken, Fühlen und körperliches Empfinden an sich selbst zu beobachten; im Ernstfall, nicht in der Theorie. Ich glaube sogar, dass diejenigen wenig Chancen haben, von den Kippen frei zu werden, die so ein Hinsehen vermeiden wollen und glauben, Rauchen (oder Sucht ganz allgemein) sei eine Art Krankheit und mit Hilfe eines Medikaments oder anderen stofflichen Inputs wegzubekommen.
WER wird rückfällig? Aus einer beliebigen Gruppe ehemaliger Raucher würde ich diejenigen benennen, die von „den Schönheiten der EINEN Zigarette nach dem Essen“ schwärmen oder vom Genuß, den es immerhin gelegentlich gebracht hätte, von der Entspannung bei Nervosität, etc. – die ganze Arie vom Rauchen, die nur Raucher herunterbeten und wer so denkt, ist nun mal Raucher und kein Nichtraucher. Um Nichtraucher zu werden, muss man UMDENKEN. Ansonsten ist das „Umhandeln“ einfach nicht von Dauer – eigentlich klar, oder?
Immer wenn eine Zigarette meine Aufmerksamkeit gewinnt – als Anblick im Aussen oder als inneres Bild – dann müssen die Gedanken an all die vollen Aschenbecher kommen, an die verstopften Bronchien, die beim Atmen hörbar mitpfeifen, an die verqualmten Zimmer und den abgestandenen Rauch, der sich in alle Textilien setzt und einfach nur fürchterlich stinkt. Auch die Gedanken an das elend viele Geld, an die Schlaffheit und Trägheit schaden nicht, genau wie die Erinnerungen an die Unfreiheit: Ohne Zigaretten kann man sich als Raucher NIRGENDS wohl und zufrieden fühlen. Vor allem aber muss im Bewusstsein stehen, dass es DIE EINE Zigarette nicht gibt (sie schmeckt einfach nicht), sondern dass man sich ja erst „einrauchen“ muss, um an der jeweils nächsten Zigarette „Freude“ zu haben: Weil sie den Entzug lindert, der durch das schnell schwindende Nikotin ausgelöst wird.
Ohne solches Umdenken bedarf es immer einer gewissen Anstrengung und Willenskraft, um während gelegentlicher Verlangensattacken das selbstverständliche Zusammenspiel von Fühlen („ich will eine Zigarette“), Denken („gelegentlich EINE bringt durchaus Genuß“) und Handeln (eine rauchen) zu unterbinden. Selbst wenn diese Kraftanstrengung noch so gering ist, so wird sie doch keinesfalls dauerhaft aufrecht erhalten werden können: immer gibt es Tage oder Momente, die all unsere Kraft oder unsere Leidensfähigkeit für andere Dinge benötigen – und schon hängt man wieder an der Zigarette!
Man mag über Willenskraft und ihre Möglichkeiten eine hohe Meinung haben, eines ist gewiss: Aus dem Willen heraus kann mensch mal eben sehr hoch springen, aber der Wille ist ungeeignet, den „Normalzustand“ zu verändern, der sich ergibt, OHNE dass speziell Wille eingesetzt wird. Das ist nicht nur wahr, sondern sogar richtig logisch, nicht?
Sobald also der Konsum eines schädlichen, letztlich tödlichen Stoffs Teil unseres Normalzustands geworden ist, und das Wechselspiel zwischen dem Reiz der Droge und der zunehmenden Immunität des Körpers langsam oder schnell zur Steigerung der Dosis führt, können wir nicht weiterhin im Halbschlaf mit dem „Autopiloten“ durchs Leben fahren. Wenn ich diesen Dreck wieder loswerden will, weil das Leiden daran mittlerweile die „Freuden“ übersteigt, muss ich bereit sein, mich der Sache – bzw. MIR SELBST – zuzuwenden. Und erforschen, was funktioniert, wenn es der Wille nicht tut.
Bei dieser Betrachtung bleibt wenig, vielleicht nichts von mir übrig. Das zu sehen, ist nicht sehr angenehm. Immer wieder greift man lieber nach etwas, und sei es nach der Form der Darstellung, nach der Identitfikation, die aus dem Verfassen von Texten kommt, nach neuen „Besonderheiten“, die sich aus dem Erleben vielleicht doch noch generieren lassen – aber leider: dies alles ist nur Fassade und Verpackung. Das spürt man, so ganz ohne das „innere Gerüst“, das das Nikotin vorher auf den Innenseiten der Zellwände angelagert hatte, fast wie eine Schicht Hartplastik, hart genug, um dem Leben etwas ENTGEGEN zu setzen…
Na, jetzt werde ich fast poetisch, das wollte ich nicht. Eigentlich hatte ich vor, vom Umdenken, vom Denken allgemein und von der „Wahrheit“ zu schreiben – und von Allen Carr, dem Lehrer für’s Umdenken. Das muß ich jetzt allerdings vertagen, denn die Arbeit ruft. Das Thema ist zu groß für einen Eintrag, ich kratze gerade mal an der Oberfläche. Wer sofort mehr will, kann mal den Eintrag vom 15.11. in Steinhoffs Nichtrauchertagebuch lesen. Der bekannte STERN-Reporter hat mit seinem Diary die publizistisch erfolgreichste Nichtraucher-Aktion seit Jahren losgetreten – interessant, dass er mit Alan Carr Probleme hat (siehe u.a. sein Eintrag vom 5.Tag „ohne“).
…wird fortgesetzt!
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