Heute ist ein wunderbarer Tag. Ich fühle mich klar und zuversichtlich, ohne dass es dafür besondere Gründe gäbe. Hab‘ gestern ausgespannt, Sauna, ein Spaziergang auf dem Flohmarkt, Besuch bei den Nachbarn und abends einen Serienmörder-Krimi. :-) Schon sieht die Welt wieder richtig freundlich aus, Sinnfragen verblassen im Morgenlicht, treten in den Hintergrund – bis zum nächsten Mal?
Vielleicht wäre ein durchgängig nüchternes Leben angesagt? Das mit dem Rauchen scheint jetzt glücklich überstanden (endlich! Wahnsinn!) – warum also daran hängen, immer mal wieder im Rotwein zu ertrinken? Nichts drängt mich dazu, mitzutrinken, ausser einer gewissen Langeweile, der Sehnsucht nach Abwechslung, nach größeren Ausschlägen des Pendels, nach Kicks eben, nach dem „Ausnahmezustand“.
Wahrscheinlich ist das die banale Wurzel aller Süchte: Neben den Strom treten wollen, austreten, abtreten, wegfliegen nach Anderwo, wo die Bäume bunter, der Himmel blauer, die Häuser nicht alle rechteckig sind. Auch dazu fällt mir ein Song aus den 70gern ein:
Lass uns auf die Reise geh’n
and’res Land zu suchen
Wo man den Sommer ohne Whisky erträgt
den Winter ohne Kohlen auskommt
wo das Leben nicht müde macht
in anderer Landschaft.
Ich glaube nicht mehr daran, schon sehr sehr lange nicht. Das Land Shangrila ist nicht zu erreichen, indem man sich den Blick verzerrt und die Emotionen durcheinander rüttelt. Jedem beschwingten Höhenflug folgt ein weinerlich-selbstmitleidiges Tief, kenn‘ ich doch, muss ich das noch haben, und sei es nur alle zwei Wochen?
Nach kurzer Zeit ohne Zigaretten regenerieren sich die Geschmacksnerven, man riecht und schmeckt mehr, im guten wie im schlechten. Vermutlich ist es bezüglich aller Bewußtseinsveränderungen ebenso: Mit „Pulle oder Pille“ herbeigeführt, scheinen die erreichten Zustände spektakulär, doch dafür schleift sich das gewöhnliche Dasein im Alltag noch stärker als üblich zu einem langweiligen Mittelmaß ab, das nun wirklich niemanden vom Hocker reisst. Dauerhaft nüchtern müßte sich also das Leben in ein mittelprächtiges Wunderland verwandeln, da die Instrumente und Prozesse der Wahrnehmung aus ihrer Gefangenschaft befreit sind und wieder flexibler werden.
Tja, Wissen alleine richtet wenig aus. Der Dämon der Trägheit ist das Schlimmste, das mir in diesem Leben begegnet ist. Er ist es, der im Moment der Wahl das Gewicht der Welt in die Waagschale wirft, die sich in Richtung „Business as usual“ neigen will. Ich muss wohl noch deutlich leichter werden, um mich nicht mehr herunter ziehen zu lassen.
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