Eigentlich gehts mir gut, das mal vorausgeschickt! Zwar reicht die Mini-Rente bei weitem nicht zum Leben, kommt mir aber immer noch vor wie ein monatliches „Geschenk“, weil ich dafür ja nichts weiter tun muss. Den nicht ganz marginalen Rest zur Finanzierung meines bescheidenen Lebensstandards (ohne Auto) erarbeite ich mit Auftragstexten für die Online-Magazine mittelständischer Unternehmen, die inhaltlich sogar zu meinem Gartenhobby passen. Ich muss die Wohnung nicht verlassen, um arbeiten zu gehen, kann selbst entscheiden, wann ich morgens aufstehe und hab‘ keinen Ärger mit Chefs – also eigentlich ein paradiesischer Zustand.
Sinnfrage reloaded: Dieser recht bequeme „Zustand“ dauert nun allerdings schon recht lange an – und fast alles, was lange dauert, zeigt irgendwann gewisse Abnutzungserscheinungen. Gelegentlich frage ich mich: Ist das alles, was ich in meiner Restlebenszeit noch tun will? Artikel über gartennahe Themen schreiben, solange ich noch am Bildschirm sitzen kann und daneben ein bisschen Bloggen? Erstens sitze ich zu viel, zweitens komme ich nicht ausreichend zum Bloggen, und „neue Projekte“ kommen praktisch nicht mehr vor, wenn man vom Garten mal absieht, in dem aber auch keine großformatigen Änderungen mehr anliegen.
Was sind die Optionen? Ich könnte natürlich mit dem Arbeiten aufhören und Grundsicherung beziehen. In jungen Jahren hatte ich kein Problem damit, über längere Zeiten Arbeitslosenhilfe zu beziehen, während ich mich neu orientierte. Aber erstens war „AlHi“ deutlich mehr als Grundsicherung und zweitens kann ich mir nicht wirklich vorstellen, nicht mehr freiberuflich aktiv zu sein und nirgends mehr gebraucht zu werden. Letzteres erscheint angesichts meiner Tätigkeiten vielleicht befremdlich, aber tatsächlich wird meine Expertise und das komplett selbstständige Arbeiten ohne große Vorgaben und Anleitungen sehr geschätzt. In meinen Blogs kommt es jedoch nicht selten vor, dass keinerlei Reaktion erfolgt, auch dann nicht, wenn ich einen umfangreichen Artikel mit – gefühlt – hoher Nützlichkeit schreibe (wie etwa neulich im Gartenblog die Rezension von neun Anleitungsvideos zum aktuellen Thema „Zucchinis einkochen„).
Eine weitere Option wäre, mich von einem Teil meiner Auftragsarbeiten zu trennen, um mehr Zeit für Anderes, auch Neues zu haben. Wie ich merke, erscheint so ein Vorgehen im Stil „einfach mal wo aussteigen und sehen, was kommt“ in meinem Alter nicht mehr so leicht. Zumindest will ich vorher wissen, wie es mir damit finanziell gehen würde, denn – grob geschätzt – würde mir dann nur wenig mehr als die Grundsicherung bleiben. Eine persönliche Ausgaben-Einnahmen-Statistik über die nächsten Monate wird mir diese Erkenntnis bringen.
Was will ich eigentlich?
„Selbstoptimierung“ ist lange schon Trend und bei jenen, die dazu publizieren, geht es meist darum, mehr Geld zu verdienen, Karriere zu machen, eine Selbstständigkeit aufzubauen und das eigene Leben entsprechend zu verändern. Das alles ist nicht mein Problem – und es war auch nie mein Stil. Bei der Wahl meiner Aktivitäten hab‘ ich immer Gelegenheiten wahrgenommen, die sich mir boten und die mir inhaltlich gefallen haben. Nie bin ich nach dem Motto vorgegangen: Welche Ziele will ich erreichen und wie komme ich dahin?
Aber vielleicht ist das jetzt ja mal angesagt: Was will ich eigentlich? Alsdenn:
- Ich will mehr Zeit und Muse haben, um mit mindestens demselben Engagement und Zeitaufwand, den ich für meine Auftragsarbeiten einsetze, Blogartikel über Themen zu schreiben, die mich bewegen und mir auch relevant zu sein scheinen (aktuell z.B.: Cannabis-Legalisierung, CrisperCas).
- Ich möchte Zeit dafür haben, Menschen mit ähnlichen Interessen zu treffen – nicht zum plaudern, sondern um etwas zu bewegen, zu verbessern. Klima-Aktivismus wäre es eher nicht, sondern z.B. Artenvielfalt befördern, naturnahes Gärtnern – oder auch „mehr Bewegung“ für Sportmuffel.
- Ich möchte meine Wohnung überarbeiten: Viel nicht Genutztes entsorgen, verschenken, entrümpeln, mal richtig putzen, was dann ja einfacher möglich wäre. Übersichtlichkeit wäre super: Nur noch das, was ich auch brauche, der Rest kann weg!
- Ich will gesünder leben: Etwas weniger sitzen, den Rückfall ins Rauchen (seit Herbst 22) beenden, noch einige wenige Kilos abnehmen und Bewegungsformen finden, die mich nicht nerven, sondern Freude machen.
Das ist eigentlich schon alles. Verglichen mit den Zielen, die sich die Selbstoptimierer in der Regel setzen, ein Pappenstil! Und wenn ich das Arbeits- bzw. Auftragsvolumen betrachte, das ich derzeit zu meiner Finanzierung bewältige, sollte das auch möglich sein, ohne dass ich hier etwas aufgebe. Dass das bisher nicht klappt, liegt am Schlendrian: Wenn ich mit einem Text fertig bin, ruhe ich mich auf dem Gefühl aus, für heute genug geleistet zu haben, wechsle aufs Sofa, schaue Youtube-Videos, Dokus und Filme oder bleibe am Computer und surfe, twittere, lese ziellos herum bzw. verliere mich in kleinen Nebenarbeiten rund um meine IT- und Blogwelt. Natürlich ruft auch immer der Garten, den ich ca. dreimal die Woche aufsuche – ein großartiges „Hobby“, das ich keinesfalls aufgeben werde.
Meine Hoffnung: Wenn ich Punkt 4 „gesünder leben“, ernsthaft angehe, werde ich im Stande sein, die Auftragsarbeiten zügiger abzuwickeln und die nötige Energie für die Punkte 1 bis 3 zu haben. Denn daran hapert es ja hauptsächlich: Trägheit, Schlendrian, lieber „chillen“ als nach „Arbeitsende“ noch etwas Sinnvolles zu tun. Dass dem so sein wird, das zeigt immerhin meine Erfahrung, die ich mit nur vier Kilo weniger als jetzt nach einer motivierten Abnehmphase machen konnte: Auf einmal wollte ich nicht mehr dauernd sitzen oder liegen, sondern fühlte den Impuls, aufzustehen und etwas zu tun! Dieses Gefühl setzte bei 71/72 Kilo ein, der damilige Gewichtstiefpunkt – ich muss also „nur“ 4 Kilo abnehmen, um wieder dahin zu kommen. Allerdings: ohne Rauchen? Schwierig…
FAZIT: Auch nach dieser kleinen Inventur in Sachen Lebensstil bleibt die Herausforderung, von „mal sehen, was ich davon umsetzen kann“ zu „ich werde das jetzt machen, hier der Plan!“ zu kommen. Das Leben nach Plan zur Erreichung von Zielen war wie gesagt noch nie meins. Es gab kurze Phasen, in denen ich das ausprobiert habe, meist gestützt von motivierenden Mitmenschen – bin dann aber bald wieder in weniger zielführenden Alltagsroutinen versackt.
Leidensdruck schafft Veränderungswilligkeit – und eigentlich gehts mir ja gut. Vielleicht hilft es in dem Fall, mehr auf die Defizite meines Lebensstils zu achten und nicht so viel von Menschen zu lesen, die (oft durchaus berechtigt) über ihr Dasein klagen und schimpfen. Denn genau das „triggert“ bei mir das Gefühl „mir gehts ja wirklich super, so vergleichsweise“. Dass ich mit dem rechten Auge kaum mehr scharf sehe, verschwindet da im Bereich „Marginalie“. Die Brille gleicht es ja noch gut aus. Und das ist nicht das Einzige auf der Defizit-Liste, aber derlei öffentlich auszubreiten, hab‘ ich grade keine Lust.
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Fundsache: Ob ich es mal mit einer „Gewohnheitstracker-App“ versuchen soll? Scheint eine einfache, nicht weiter nervende App zu sein…
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Kommentare, die mir sagen, wie ich z.B. abnehmen kann oder mit dem Rauchen aufhöre, brauche ich eher nicht: Kenne das alles! Aber mich interessiert, wie Ihr so mit dem Wunsch nach Veränderung im Spannungsfeld des Versackens im Alltag umgeht bzw. wie Ihr das erlebt habt!
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12 Kommentare zu „Inventur: mein Lebensstil ist optimierungsbedürftig!“.