„Verbraucher erweisen sich als Belastung für die Wirtschaft“, schreibt die Financial Times Deutschland. Nach dem Wegfall der Abwrackprämie sparen sich viele größere Anschaffungen, was angesichts der Lage ja nicht unvernünftig ist. Und doch wird man mit einem solchen Verhalten „zum Hemmschuh für die Erholung der Wirtschaft“.
Im dritten Quartal haben wir sage und schreibe 0,9 Prozent weniger konsumiert als im zweiten. Während alle anderen Faktoren, aus denen sich das BIP (Bruttoinlandsprodukt) zusammen setzt, wieder wachsen, ist das Individuum unbelehrbar störrisch und übt „Kaufzurückhaltung“.
Wenn ich mal in die Prospekte und Kataloge schaue, die mir so ins Haus flattern, sehe ich fast nur minimale Monatsraten statt der Gesamtpreise. Mit allen Tricks wollen uns die Anbieter zum „kaufe heute, zahle irgendwann“ verführen, also genau das Verhalten, das in den USA die Krise auf dem Häusermarkt ausgelöst hat.
„2010 dürfte der Konsum als Konjunkturstütze ausfallen“, sagte Ralph Solveen von der Commerzbank. Die Firmen kämen um Entlassungen nicht herum, wenn die Wirtschaft im kommenden Jahr nur um 1,5 Prozent wachse, meinte Dekabank-Ökonom Sebastian Wanke.“ (FTD)
Klar, wir sind dann auch selber schuld an der Arbeitslosigkeit! Dabei könnte man doch eigentlich denken: wenn insgesamt die zu leistende Arbeit mangels Bedarf drastisch sinkt, warum senkt man dann nicht auch die Arbeitszeit und verteilt sie auf die Arbeitnehmer? Ich meine: OHNE weitere Zuzahlungen bzw. Lohnausgleich (denn woher sollte der kommen?). Hatten wir nicht VOR der Krise eine Situation, in der unglaublich viele Überstunden quasi „normal“ waren? Warum dieser Hang zur Schufterei? Warum nicht lieber den Lebensstandard etwas herunter fahren? Das spart Ressourcen und Energie und schützt das Klima.
Ich höre von einigen, dass ihnen die Kurzarbeit gut gefällt. Wundert mich nicht, denn es gibt ja wirklich noch andere Dinge im Leben, mit denen man die Zeit füllen kann. Wenn ich zurück denke, fällt mir sogar ein, dass es einst die Vorstellung gab, sich mittels automatisierter Prozesse von der Arbeit zu „befreien“ – wahnsinn, wie sich die Wunschvorstellungen ändern!
Na, ich werde das vertrackte KOAN unserer Zeit jetzt hier nicht lösen, nur immer mal wieder sagen, dass ich es ziemlich irre finde, dass wir „mehr verbrauchen“ sollen und gleichzeitig das Klima schützen.
Im Greenpeace-Magazin ist dazu ein guter Artikel erschienen, in dem es u.a. heißt:
„Verkürzung der (Lohn-)Arbeitszeit zur Steigerung der Eigenversorgung, Community-Gärten, Tauschringe, Netzwerke der Nachbarschaftshilfe, Verschenkmärkte, Einrichtungen zur Gemeinschaftsnutzung von Geräten/Werkzeugen – all dies würde zu einer graduellen De-Globalisierung verhelfen und am Ende auch weniger Energie und Ressourcen verbrauchen. Salopp gesagt: Wir müssen Produkte länger nutzen, sie reparieren und pflegen und sie lieber gebraucht kaufen als neu. Wir müssen Knöpfe selber annähen und Fahrräder eigenhändig reparieren – und wieso soll das eigentlich keinen Spaß machen?“
Tja, da erkenne ich mich gleich als „bei den Bösen“, denn Fahrrad reparieren macht mir keinen Spass. Ich gebe es in den Fahrradladen (was verdammt preiswert ist!) und zahle mit Geld, das ich z.B. bei einem Versender attraktiver Blumenkübel verdiene, der diese in China produzieren lässt. Wo die Leute FROH sind über die Jobs, die so entstehen. Immerhin kommen die Kübel mit Schiffen und nicht mit dem Flugzeug, aber das ist letztlich kein Gegenargument.
Können wir aber einfach „regional“ werden und damit nicht nur selber viel Verzicht üben (was schon schwer genug ist), sondern auch deutlich ärmeren Bevölkerungen in China und anderen Ländern jede Hoffnung auf schelle Hebung ihres Lebensstandards nehmen? So nach dem Motto: sollen sie doch alle Bauern bleiben, das ist doch ein idyllisches, naturnahes Leben?
So nicht – anders aber auch nicht. Ein KOAN eben.
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8 Kommentare zu „Wir kaufen nicht genug und belasten die Wirtschaft“.