Gestern bin ich zwar auf die Idee gekommen, ins Netz bzw. in die Mail zu schauen, hab‘ sie dann aber doch nicht verwirklicht, sondern den Tag offline verbracht: lesend, kochend, einkaufend, plaudernd. Abends wollte ich den Chianti zur Pizza mittrinken, das schmeckte jedoch wie fauliger Traubensaft, so dass ich es nicht über mich brachte, eine wirkungsvolle Menge davon einzunehmen. Schon komisch, wie sich alles verändert, sich zunehmend anders anfühlt, wenn die ganzen Stoffe der Zigaretten den Körper verlassen. Zehn Tage „ohne“ sind es jetzt und eigentlich wollte ich nicht mehr darüber schreiben. Was gibt es Normaleres auf der Welt, als NICHT zu rauchen? Zumindest die Immer-schon-Nichtraucher langweile ich gnadenlos und die Noch-Raucher nerve ich nur, weil die innere Widersprüchlichkeit zwischen frei-werden-wollen und die-nächste-Kippe-bitte wieder mal bewußter wird.
Was ich das „innere Gerüst“ nenne, ist schon in den ersten fünf Tagen verschwunden. Es ist eine ganz physische Angelegenheit, als gäbe es ein in jede Zelle eingepaßtes Plastik-Konstrukt, dass die Zelle härter und starrer macht, als sie üblicherweise wäre. Wenn es verschwindet, sich einfach mangels Nikotin-Nachschub auflöst, wird man weich, ganz weich und fühlt sich schlaff, angreifbar, verletzlich, nackt. Doch gleichzeitig spürte ich immer mehr: die sinnlichen Eindrücke werden intensiver, das Bewußtsein findet mehr „Content“ im Physischen und neigt weniger dazu, ins Symbolische (=träumen, schreiben, planen…) abzudriften.
Das unsichere Gefühl ist mittlerweile vorbei, ersetzt durch Freude am Körper, an der Bewegung, die ich so nicht als Normalzustand kenne, sondern eher als Folge konzentrierter Entspannungsübungen. Nein, ich jogge nicht etwa, ich bemerke das einfach so nebenbei, wenn ich z.B. die Treppe zwischen der Küche und meiner Wohn-Etage ‚rauf und ‚runter gehe. Vor zwei Wochen war das noch ausgesprochen lästig!
Die seit einiger Zeit anhaltende Arbeitsunlust bekommt jetzt eine neue „Farbe“: definitiv keine Lust, am Computer zu sitzen, wohl aber, etwas mit dem Körper zu tun, etwas Konkretes zu erleben, etwas zum anfassen. Meine Zimmer sind mir neuerdings entsetzlich ungemütlich, ohne Farbe und Charakter, blosse helle Hintergründe für ein Dasein, dass im Prinzip gar nicht „hier“ stattfindet, sondern dort im Nirgendwo, wo das Geld kreist und die Webseiten gespeichert sind, wo virtuelle Geister Worte murmeln, ohne von Worten noch berührt zu sein.
Bevor ich wieder guten Mutes meinen „virtuellen“ Projekten nachgehen kann, ist wohl ein „Update“ im Physischen fällig: Dem realen Raum MEINE Farben geben, wieder mal eine Ordnung schaffen, die das Auge freut und den Umgang mit den Dingen leicht macht, die Vorhänge waschen und die Räume richtig putzen, und zu allererst die herumliegenden Papiere in ihre Ordner verweisen – oder eben in den Müll.
Es ist Sonntag und die Sonne scheint, ganz entgegen dem Wetterbericht. Erstmal geh‘ ich jetzt ‚raus und werde Unmengen Apfelsaft herstellen. Die Bäume hängen voll und niemand kümmert sich drum.
(Alle, mit denen ich privat oder beruflich kommuniziere, mögen mir meine derzeitige Sprunghaftigkeit verzeihen!)
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