Auf der Insel Poel vor der Wismarer Bucht. Abgeerntete Felder, teilweise schon wieder mit einem Hauch von frischem Grün. Als ich noch in der Stadt wohnte, glaubte ich, die Erde wäre über den ganzen Herbst und Winter braun und schwarz. Vielleicht war sie das, früher einmal, in den Kinderbüchern. Ostsee Ende September, der Himmel weit und nahtlos blau, ein paar ältere Ausflügler beleben die verlassenen Ferienanlagen, überall wird gebaut: „Hier entstehen 67 Ferienwohnungen, z.B. 45 Quadratmeter, 185.000,–.“
Gnadenlos schreitet der Aufschwung Ost voran, bald wird man in den kleinen Küstenorten nirgends mehr den Horizont sehen können – ausser auf dem Meer, klar. Wer das alles mieten oder kaufen soll, weiss ich nicht, eigentlich gibt es hier nichts: nur den Weitblick, den sie da zubauen, ein paar alte Fischkutter bieten täglich Anglerfahrten, montags kann man basteln mit der Handweberin aus Güstrow, Mobiles aus Muscheln und Strandholz. Ob das reicht, um im globalen Wettbewerb zu bestehen? Ich weiß es nicht und es ist mir auch egal. Dass es offensichtlich keine Wahl gibt, ausser alles zuzubauen, regt mich heute nicht auf. Vielleicht nie mehr. Vielleicht bin ich jetzt endlich zu alt, um noch über Alternativen zu grübeln. Die kritischen Gedanken, die meine sinnliche Wahrnehmung stören, sind nur noch alte Gewohnheit. Zuhause wartet ein Buch, ein Kinderschänder-Krimi, halbwegs spannend. Ich werde mich auf die „Bäderliege“ legen, in die Geschichte eintauchen, alles wird schrecklich sein, aber gut ausgehen.
Diesem Blog per E-Mail folgen…