Eigentlich hat man es ja VORHER schon gewusst: dass es wenig Aussicht auf ein sinnvolles Abkommen in Kopenhagen geben werde, war bereits in den Vorverhandlungen klar. Doch dann kam – allein durch massives kollektives Beschreien der weltrettenden Wichtigkeit – ein wenig Hoffnung auf: Die Konferenz der 192 Staaten werde die nötige Bewegung schon erzeugen, wenn nicht gleich, dann spätestens mit dem Eintreffen der Staatsoberhäupter. Wer würde schon ein komplettes Scheitern riskieren wollen?
Nun ist man nach durchverhandelten Tagen und Nächten knallhart auf dem Boden der Tatsachen gelandet: keine Einigkeit, kein Abkommen. Was den einen als Reduktionsziel schon zu viel ist, ist den anderen zu wenig – mal ganz abgesehen davon, dass das Ausmaß der zu erwartenden Erwärmung ja selbst auf wackligen Füßen steht.
Wahnsinniger Verhandlungsmarathon
Viele werden jetzt ziemlich deprimiert sein. Komischerweise bin ich es selber nicht. Denn die Konferenz hat doch ETWAS sehr deutlich gezeigt: es ist schon ziemlich verrückt, vom Zusammentreten der 192 Staatsdelegationen überhaupt einen wie immer gearteten „Durchbruch“ in Sachen Klimaschutz zu erwarten. Man stelle sich mal vor: wenn aus den 192 Staaten jeweils nur einer fünf Minuten lang spricht, und man für den Rednerwechsel nur 2 Minuten ansetzt, vergehen schon 1344 Minuten, also 22,4 Stunden! Richtige Diskussionen, Rede und Gegenrede, aufeinander Eingehen und erfolgreiche Kompromissfindung KANN so gar nicht stattfinden!
Na klar, man verhandelt nicht nur im Plenum, sondern auch abseits davon in kleineren Gruppen. Richtig gesprächsfreundlich klein sind aber auch diese Gruppen nicht. Da versuchen sich diejenigen Staaten abzustimmen, die mehr Interessen gemeinsam haben als andere, bzw. die sich diplomatisch für so erfahren halten, einigungsfähige Formelkompromisse zu finden. Was bringt das aber, da man dann ja doch wieder auf „die Anderen“ trifft, die schon das separate Verhandeln als intransparent und undemokratisch brandmarken? 48 Stunden non-stop verhandeln, kein Schlaf, keine Erholung, zunehmende Emotionalität, extremer Stress – wie sollte so jemals was Sinnvolles beschlossen werden?
Nicht die Politiker, sondern die Bürger verändern die Welt
Neben der völlig überdimensionierten und im Grunde handlungsunfähigen Politiker-Runde war schon das Gebäude nicht groß genug, um den NGOs ausreichend Platz für eine Teilnahme zu bieten: je mehr Staatsoberhäupter anreisten, desto weniger Delegierte der NGOs konnten „drin“ bleiben – ein weiterer Grund für böses Blut rund um die Konferenz. (Und die Polizei soll bei den Demos auf den Straßen auch nicht grade zimperlich bzw. „deeskalierend“ vorgegangen sein).
Aber mal im Ernst: Hat die Welt sich denn je durch große Versammlungen geändert? Ist es nicht eher so, dass in Kopenhagen und nächstens wieder anderswo erst dann NACHHALTIGE Vereinbarungen beschlossen werden können, wenn die jeweiligen Bevölkerungen der Staaten ein großes Stück weit dahinter stehen?
Kopenhagen wird auf jeden Fall viel bewegt haben: das Thema in all seinen Facetten ist ins Bewusstsein vieler eingedrungen wie niemals zuvor. Es gab einen gewaltigen Input ins „große globale Gespräch“, das nun sowohl in der Nord- als auch in der Südhalbkugel (und stellenweise sogar schon miteinander) weiter geführt werden muss.
Und: Die Chinesen liegen, wie ich finde, gar nicht so falsch mit ihrem Statement: An unseren Taten soll man uns messen! Die Bürger aller Staaten, die Unternehmen, Institutionen, Vereine, Verbände und alle erdenklichen Gemeinschaften sind frei, nicht auf eine schier unmögliche Einigung „der Welt“ zu warten, sondern eigene ehrgeizige Klimaschutz-Ziele umzusetzen. Insbesondere in den entwickelten Staten gibt es ja nach wie vor RIESIGE Energiesparpotenziale. Allein schon technisch lässt sich eine Menge machen, ebenso ist ein kultureller Wandel, der massiven Ressourcenverbrauch als „NoGo“ diskriminiert, durchaus denkbar, ja hier und da schon im Gange.
„Hopenhagen“ war eine Schimäre und hat hoffentlich vielen gezeigt, dass der Weg, sich von politischen Vorgaben zwingen zu lassen, nur sehr sehr langsam, vermutlich gar nicht gangbar ist. Aber NICHTS spricht dagegen, selbst aktiv zu werden: ich wette, fast jeder, der hier mitliest, könnte im nächsten Jahr den eigenen CO2-Ausstoß locker um 10% verringern – und zwar noch ganz ohne besondere Kasteiungen oder echt gefühlte Askese.
Machen wir das doch einfach – Kopenhagen braucht es dazu nicht!
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Siehe dazu auch:
Eskalation in Kopenhagen: Zwergenaufstand lässt Klimagipfel scheitern,
Klima ertrinkt in chaotischer Gipfelstruktur,
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33 Kommentare zu „Klimakonferenz-Desaster Kopenhagen: falsches Format!“.