Nachdem ich gestern den wohl langweiligsten Beitrag seit je in dieses Diary gschrieben und dabei noch verkündet hatte, der „Moloch Stadt“ sei der einzige Ort, an dem ich leben könne, hat sich nachmittags die Welt gedreht.
Sehr wahrscheinlich zieh‘ ich DOCH aufs Land. Und zwar nicht nur so ein paar Kilometer vor Berlin, in diese dicht zersiedelte Brandenburger Nah-Umgebung – sondern RICHTIG in den WILDEN OSTEN! Nach Mecklenburg, wo sich noch heute Fuchs und Hase gute Nacht sagen und wo auf einem Quadratkilometer nur 53 Menschen wohnen! Und ich zieh auch nicht in einen umgebauten Bauernhof, wie ich es zur Jahreswende noch vorhatte, sondern nach Schloß Gottesgabe, ein ehemaliges Gutsherrenhaus in einem 200-Seelendorf 9 Kilometer von Schwerin.
Wie kommts? Gestern waren mein liebster Feund und ich zum Grillen bei Freunden eingeladen. Wolfgang, Zehra und ihre 3 Kinder wohnen nicht sehr weit von uns, doch sehen wir uns nicht oft, wie es eben in der Stadt normal ist, wo sich der Alltag der Menschen kaum berührt, wenn nicht absichtlich etwas „veranstaltet“ wird. Nach der Wende hatten die beiden Schloß Gottesgabe gekauft und liebevoll restauriert, modernisiert und modernen Wohnbedürfnissen angepaßt – jetzt ziehen sie auch wirklich dorthin, auch die Kinder wünschen es sich. Zudem wollen sie auf einem Areal mit riesigen still gelegten Schweineställen eine Siedlung mit preiswerten Häusern errichten. Ein großes Vorhaben! Und sie laden uns ein, mitzuziehen – am besten gleich, spätestens aber zum Juli.
Das Haus bietet 1000 Möglichkeiten, sich „aushäusig“ zu beschäftigen: einen Garten anlegen, ein Gewächshaus bauen, ein Nebengebäude ausbauen, den Wald und den hinter dem Haus gelegenen Park pflegen. Im Haus sind 11 Wohneinheiten, die meisten als Maisonette-Wohnung angelegt, also jeweils Erdgeschoß und 1.Stock. Wir haben die Wahl zwischen einer großen und einer kleinen Wohnung – ich denk, wir nehmen die große! In nächster Nähe ist ein Badesee, ein Naturschutzgebiet, das Meer ist nicht weit – ach, traumhaft!
Hätte ich nicht 5 Monate im Gedanken gelebt, nach Brandenburg zu ziehen (was sich ja dann zerschlagen hat), wäre ich jetzt wohl kaum in der Lage, die Entscheidung zu treffen, Berlin zu verlassen! Doch es ist, als würde mich die Existenz darin unterstützen, das zu tun, was angesagt ist, indem sie es mir leicht macht und alle Umstände so arragiert, daß ich kaum noch nein sagen kann, nicht nein sagen will – auch wenn die Trägheit und die Gewohnheiten, die 20 Jahre in diesem Berliner Kiez dagegen sprechen. Nie war es leichter, einfacher und selbstverständlicher, dieses Leben noch einmal zu ändern und aufs Land zu ziehen, als jetzt, mit unseren Freunden, bei denen wir uns auch ein bißchen nützliche machen können.
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