Gegenstände sind Objekte, die sich mir entgegen stellen, ja, entgegen werfen, in ihrer harten Materialität nicht mit sich reden lassen – und allzu oft sind sie plötzlich weg!
Immer schon war ich etwas schusselig in Bezug auf die konkrete Dingwelt. Merke mir nicht, wo ich etwas hingelegt habe. Ich suche nach dem Feuerzeug, nach der Rechnung von Christine, nach meinen Hausschuhen, dem Autoschlüssel, dem Stadtplan, dem KFZ-Schein und sogar nach meinem Schlüssel, obwohl ich den – im Prinzip! – mittels Kette und Karabinerhaken an der Handtasche befestigt trage, für alle Fälle.
Daß es bei mir meistens recht aufgeräumt ist, geradezu „transparent“, daß ich nicht mehr viele Bücher horte und praktisch NIEMALS irgendwelchen netten Nippes kaufe, daß ich weder alte Klamotten in Schränken staue, noch Schachteln voller „Erinnerungsmaterial“ stapele – all das ist nicht so sehr eine Tugend, als vielmehr ein „Work-around“ um die Welt der Gegenstände. Macht sich natürlich besser als „Ästhetik der Leere“… :-)
Heute jedenfalls war meine Kontokarte weg, als ich für eine Reise Geld abheben wollte. Beim suchen stellte ich fest, daß auch das Sparbuch fehlt (noch immer traue ich mich nicht an innovativere Formen der Geldanlage). Kein Grund, panisch zu werden, sooo viel ist da nicht drauf! Äußerste Konzentration auf „Wo hab‘ ich das zum letzten Mal gesehen?“ brachte das Sparbuch wieder zu Tage: noch von der letzten Reise steckte es in der ansonsten leeren Reisetasche. Auch die Kontokarte fand sich wieder am Ort der letzten Nutzung: beim Edeka-Händler im 5 Kilometer entfernten Lützow, der auch die nächste Poststelle hat, wo ich ab und zu Geld abhebe.
Für mich wäre es eine Erlösung, wenn die Karten endlich durch Fingerabdruck oder Iris-Scan abgelöst würden – einschließlich der Schlüssel für Auto und Wohnung, der verschiedenen Ausweise, der Passwörter und Geheimzahlen. Die Landkarten und Stadtpläne werden durch Satellitenortung überflüsssig, so werde ich im physischen Raum jederzeit wissen, wo ich bin und wo es lang geht. Und mein Kühlschrank mailt mir in den Supermarkt, was fehlt, denn einkaufen will ich schon noch selbst.
Der Körper wird unwichtig…
Das Industriezeitalter war die Zeit, in der die körperliche Arbeit, die physischen menschlichen Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Geschicklichkeit von der Maschine übernommen wurden. Und was mensch nicht mehr braucht, verliert sich, wird zumindest in den Hobbybereich oder in ein Spezialistentum geschoben, etwa zu den Do-It-Yourselfern, Sportlern, Bodybuildern, Hobby-Gärtnern und in die Töpferkurse. Zum Überleben in der Gesellschaft waren auf einmal andere Fähigkeiten wichtig: allen voraus das WISSEN.
Während vor langer Zeit der STÄRKSTE die MACHT hatte, ging das Herrschen schon bald an die Wissenden, an die Schlauen, an diejenigen, die Diplomatie und Kriegskunst und vielerlei andere sich entwickelnde Schlauheiten mit links bewältigten. Nur noch für die Subalternen war Körperkraft wichtig – und ging schließlich ganz an die Maschinen.
Heute ist Informationszeitalter: „Wissensgesellschaft“. Das ist die Zeit, in der das Wissen an die Maschinen geht. Alles, was der zweckrationale Verstand jemals analysiert und zusammengetragen hat, wandert ins Netz, steht jederzeit an jedem Ort zur Verfügung. Ich bin mir sicher, der Verlauf wird ähnlich sein: wir werden DIESE ART Wissen verlieren, weil wir es im Alltag immer weniger brauchen. Was WO ist, was WAS ist, was WIE funktioniert – all das wird uns geflüstert werden, wann immer wir es brauchen. Und ich male mir aus, wie es wohl sein wird…. und denke darüber nach, welche NEUE Fähigkeit an die Stelle der Verständigkeit treten wird, aus der heraus die Welt ‚beherrscht‘ werden wird – oder wird auch der ‚Wille zur Macht‘ verschwinden? Wohl kaum…
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