Morgen abend um 19 Uhr werde ich in Nürnberg in der „schwarzen Ledersessel-Situation“ einer Lounge namens „Cosmo“ (echt!) mit Ralf Ebbinghaus, Peter Matthies und den Initiatoren über „Teleexistenz und immaterielle Produktion“ plaudern. Es sollen so 20 bis 30 Zuhörer da sein, dazu die Projekt-Initiatoren krüskemper_sadlowski.
Was soll ich sagen? Hat jemand eine Idee? Es geht um Arbeit in der Zukunft, ich bin sozusagen als Beispiel eingeladen, Beispiel für das halbwegs erfolgreiche „alleine-vor-dem-PC-worken“, wogegen die anderen Gäste eher das Face-to-face-Teamwork in den neuen AGs der NewEconomy repräsentieren.
Die Frage nach dem Team ist aus meiner Erfahrung u.a. eine Altersfrage: Zwischen 20 und 35 bildet man gerne Stämme, identifiziert sich mit Gruppen und kämpft mit diesen Gruppen gegen andere. Die Möglichkeit, das innerhalb der Wirtschaft zu tun, war lange nicht gegeben, die sklerotischen Großunternehmen mit ihren Hierarchien und Bürokratien verströmten nicht den geringsten Hauch von Abenteuer. Das hat sich geändert und ich finde das toll – wenn ich auch selbst aus dem Alter raus bin, in dem die Erfüllung der Sehnsüchte etwas kollektiv erreichbares ist. Im Gegenteil. Feste Gruppen werden schnell zu Fesseln, und gerade die erstmal positive Tatsache, daß man im Zusammensein von Angesicht zu Angesicht sehr viel schneller und leichter Motivation ziehen kann, hat die Kehrseite, dass es auch entsprechend furchtbar wird, wenn die Dinge nicht so flutschen, was nahezu zwangsläufig kommt.
Alleine vor dem Monitor arbeiten, doch vernetzt mit der Welt und unterschiedlichen Working-Groups, entlastet von der Notwendigkeit, Masken zu tragen. Und je länger das jemand tut, desto weniger steht die Fähigkeit, sich zu verstellen, zur Verfügung. Ich meine mit „Verstellen“ dieses operative freundlich- und Positiv-drauf sein, oder auch das Ausstrahlen einer gewissen Agressiität und Kampfkraft, das dem anderen (den Mitarbeitern, den Chefs) signalisiert: Aufpassen!
Wenn ich physisch mit einer Gruppe kontinuierlich zusammen sein muß, bin ich sozusagen immer an der Front. Und das nicht nur verbal und gedanklich, sondern mit Mimik und Gestik, mit Stimme, Blick und Körperhaltung – immer sehen mir andere an, wie ich gerade auf die Inputs der Außenwelt reagiere, und entsprechend selbstverständlich zeige ich ein So-Sein vor, daß immer weniger dem entspricht, was wirklich in mir vorgeht, dafür aber „kompatibel“ ist. Ein großer Teil der Müdigkeit, der Urlaubsreife und der Erschöpfung, die so ein Arbeitsleben bringt, rührt von daher, nicht etwa von der Arbeit selbst.
Die Kunst, erfolgreiche Teams zu bilden, ist die Kunst, die zueinander passenden Menschen (!) zu finden und dann möglichst viel Motivation aus F2F-Situationen zu ziehen, jedoch zu vermeiden, daß sich die Leute im „Real Life“ aneinander psychisch verschleissen. Am Anfang ist alles wunderbar, alle motivieren sich gegenseitig, die Welt ist voller Möglichkeiten und Abenteuer, man kann zusammen herumspinnen und „Löcher ins Universum“ planen (Motivations-Spruch von Steve Jobs bei Apple). Doch sobald sich die Grenzen der Machbarkeit zeigen, bzw. die Mühen der Ebene beginnen, die Zwänge und Rahmenbedingungen ihr gnadenloses Gesicht zeigen (wie es gerade viele StartUps erleben) kehrt sich die Lage um: Jetzt werden Schuldige gesucht und gefunden, Unfähige ausgemacht, Schwächere ‚rausgemobbt – leicht verstrickt sich das gelobte Team in Machtkämpfe und Psychokonflikte aller Art, die nicht nur den Leuten selbst immer schlechter bekommen, sondern auch der Sache, um die es geht.
Ich war in einigen Real-Life-Teams – damals, vor Netz-Zeiten – sowohl als Mitglied, als auch als Projektleiterin, und bin froh darüber, daß die Technik es heute ermöglicht, es anders zu machen. Natürlich nicht GANZ OHNE Meetings von Angesicht zu Angesicht, doch sollten diese Treffen als inspirierende Ereignisse veranstaltet werden, nicht als aufreibender Alltag.
Diesem Blog per E-Mail folgen…