Claudia am 15. Juni 2024 —

Vom Fußballmuffel zum Fan

Naja, „Fan“ ist vielleicht übertrieben, aber immerhin war das Eröffnungsspiel der EM das zweite Fußballspiel, dem ich alleine – also gänzlich freiwillig! – zuschaute. Was für eine Veränderung! Jahrzehnte lang hatte mich dieser Sport völlig kalt gelassen. Traf ich auf begeisterte Fußballfreunde, fragte ich spöttisch nach, was denn so toll daran sei, zu elft einem Ball hinterher zu rennen. Und wenn ich mich doch mal überwand, ein Spiel „mitzuschauen“, z.B. weil ich in einen Fußballfreund verliebt war, langweilte es mich schier zu Tode!

FußballEin klein wenig hat sich das verändert, als Frauenfußball immer bekannter und erfolgreicher wurde. Warum nur finden jetzt auch Frauen dieses öde Spiel toll? Das interessierte mich und ich schaute gelegentlich mal hin, wenn ein wichtiges Spiel anstand – aber immer nur kurz, vor allem mit Blick auf etwaige Unterschiede zum Männerfußball, die anfänglich noch recht deutlich waren.

Mein Lokalpatriotismus führte dann dazu, dass ich die Konkurrenz der beiden Hauptstadtvereine Hertha und Union mit gesteigerter Aufmerksamkeit verfolgte. Ich las einiges über Hertha und all ihre Probleme mit dem Investor und im Verein, die aus meiner Sicht keinen Grund hergaben, gegenüber dem „Ostverein“ Union so arrogant aufzutreten. Dessen Fankultur fand und finde ich toll, den rasanten Aufstieg, das Überholen von Hertha, die schließlich in die 2.Liga abstiegen, während Union den Klassenerhalt (grade so!) doch noch schaffte.

Nach und nach lies ich mir vom Liebsten einige Regeln erklären, der im übrigen nie Druck ausübte, irgendwelche Spiele gemeinsam zu schauen. Die Abseits-Regel erscheint mir zwar immer noch schwer verständlich bzw. deren Sinn ist mir nicht klar. Aber ich langweile mich nicht mehr, wenn ich richtig gute Fußballer auflaufen und spielen sehe. Auf einmal kann ich die meisterhafte Ballbeherrschung als echte „Kunst“ erkennen: Mal richtig hingesehen und gestaunt, was z.B. Messi mit dem Ball so alles angestellt hat!

Und gestern also die EM, Deutschland gewinnt souverän 5:1 gegen Schottland, wobei auch das schottische „Ehren-Tor“ nicht wirklich von den Schotten geschossen wurde. :-) Johanna Hellwig kommentierte das auf X so:

„Dank an #Rüdiger, der internationalen Sportgeist zeigte und die unterlegene Mannschaft zu einem Tor der Freundschaft und Vielfalt verhalf. So geht der Sport der Zukunft, wir lassen niemand zurück.“

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Diskussion

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19 Kommentare zu „Vom Fußballmuffel zum Fan“.

  1. Mich schreckt beim Fußball vor allem das Ganze drumherum ab, das Gegröle, die besoffenen Fans, manche/ viele Äußerungen und diese Vergötterung der einzelnen Spieler.

    Ich finde Leichtathletik und Schimmen besser, da, finde ich, kann man erkennen wer besser, schneller weiter ist. Bei einem Marathon ist toll zu sehen, dass jemand so lange laufen kann, beim Schwimmen fasziniert die Technik etc.

  2. Ich war die Tage noch nicht in EM-Stimmung, aber es könnte jetzt werden (ohne das gestrige Spiel überzubewerten). Als ehemaliger Hobby-Fussballer schaue ich immer noch ab und an, auch wenn mir viele Tendenzen in der Kommerzialisierung nicht gefallen.

  3. Ich HASSE Fußball nur noch!
    Früher war es mir einfach nur egal, aber seit ich stundenlange Autocorsos spätabends und nachts ertragen muß, ist es wegen dieser Rücksichtslosigkeiten wirklich in echten Haß umgeschlagen. Schon vorher wird man wochenlang damit genervt, als gäbe es nur ein Thema (und während keiner hinschaut, werden schnell ein paar unangenehme Gesetze durchgedrückt…).
    Herrgott, als Reiter ziehe ich doch auch nicht den Zossen nach einem Sieg der deutschen Reiter aus dem Stall und galoppiere stundenlang die Hauptstraße rauf und runter!
    Es ist mir also auch völlig gleichgültig, wer gewinnt – Hauptsache, das Land ist weit weg und der Autocorso findet dort statt – ich bin es leid.

  4. @Holger: so gings mir Jahrzehnte lang auch! Erst beim genaueren Hinschauen auf die Fankultur bei Union stellte ich fest, dass es da durchaus Unterschiede gibt und nicht alle „Ultras“ gewalttätig oder immer besoffen sind! Ich fand sogar Gefallen an so mancher „Choreo“ – eine Form der Inszenierung, für die man nicht ganz neben der Kapp sein darf, das proben die sogar recht aufwändig!
    Wer besser ist, konnte ich auch als Fußball-Laie gestern gleich erkennen… :-) Beim Schwimmen muss ich immer dran denken, dass ich es nie geschafft habe, zu „kraulen“ – Kopf unter Wasser, nee, klappt bei mir einfach nicht. Marathon find ich einerseits bewundernswert, andrerseits sehe ich es als mutwillige Überforderung – da sterben ja auch gelegentlich Läufer!

    @Stefan: volle Zustimmung, diese Unsummen, die da auf verschiedenen Ebenen im Spiel sind – wirklich krass!

    @Holly: mein Beileid, dass du in einer Corso-Gegend wohnst! Da bin ich weit entfernt davon… So richtig aufregen kann ich mich aber nicht mehr drüber, eher finde ich es bemerkenswert, dass sich heute doch noch viele für die gleiche Sache begeistern können!

  5. Naja, für mich heißt EM und WM hauptsächlich schlaflose Nächte, Gegröle, Besoffene – und das dann alle zwei Jahre – vielen Dank auch.
    Wie gesagt – früher war mir Fußball einfach nur egal. Da gab es auch die Unsitte der Autocorsos noch nicht.
    Heute beim Autowaschen kriegte ich bei der teuersten Wäsche einen Fußball!
    *AAARGH!!!* Ich habe ihn zurückgegeben.

  6. Wenn ich kurz mansplainen darf: Die Abseitsregel (die es nebenbei auch im Rugby und beim Eishockey gibt) wurde schon ab 1863 eingeführt. Sie soll ein zu statisches Spiel verhindern. Ohne Abseits wäre die Versuchung nämlich groß, einfach 2-3 Stürmer vors gegnerische Tor zu platzieren und bloß lange Bälle nach vorne zu dreschen.

  7. Die Schotten sind 1 : 5 untergegangen. Wahrscheinlich haben sie ihr Ungeheuer Nessie aus dem Loch Ness vergessen, um die deutschen Spieler in die Flucht zu schlagen ->

    https://info-allerlei.de/ungeheuer.php

  8. Als Unioner würde ich ja lügen, wenn ich sagen würde, dass ich Fußball nicht mag. Aber es gibt schon einige Dinge, die ich absolut nicht mag! Da ist zum Beispiel dieses Frauenverachtende und der Rassismus, der dort von Fans immer noch abgesondert wird. Nein, ich finde nicht, dass der Suff da eine Entschuldigung ist. Auch da sollte es möglich sein, Emotionen zu leben, ohne dabei Menschen abzuwerten. Ich habe da vor Jahren mal einen Artikel bei Medium veröffentlicht. Vielleicht hole ich den mal in meinen Blog.

    Ansonsten ist da natürlich noch das viele Geld, dass dort irgendwie verbrannt wird. Natürlich, die Arbeitnehmer*Innen sollen damit ihr Geld verdienen, aber Profis müssen nicht Millionen von Euros im Jahr verdienen. Und die Transfersummen, ich kann da nur noch schlucken …

    Ansonsten schaue ich aber schon gerne mal zu, wenn die da den Ball rumkicken.

  9. @Claudia. Freut mich, dass dir Union gefällt. Ich glaub, die waren zu DDR-Zeiten immer die Underdogs, da Dynamo der Club war, den Mielke unterstützte, vielleicht kommt daher auch der große Zusammenhalt. Ich, und damit wiederhole ich mich jetzt, kann halt nichts damit anfangen. Und ja, beim Marathon kann man sterben. Selbst bei Spaßveranstaltungen wie Firmenläufen hatte ich schon das „Erlebnis“ einen wirklich finalen Zieleinlauf zu sehen. Na ja, sann er livet, wie der Norweger sagt. Viel Spaß noch!

  10. Kam mein Text nicht an?

    Nun denn: Fussball zieht bei mir nicht mehr.
    Eher Leichtathletik und zwar Mittelstrecke. Von Marathon – und Halbmarathonläufen sehe ich mir Zusammenfassungen an.
    Was ich beim Fussball aber dennoch mag, sind die Videos über Ausnahmekönner im Fussball.

  11. @Stefan R.: danke für die Erklärung, hier darf jeder gerne was erläutern, erst recht, wenn ich quasi danach frage!

    @Sven: Danke für den Artikel, hab ich gelesen und kann auch nachvollziehen, dass du nichts gemacht hast – wer will schon eine Eskalation riskieren in so einer Situation. Dass der Typ die Schiedsrichterin diskriminiert hat, reiht sich ein in die ständigen Beleidigungen und Drohungen, die Frauen in exponierter Stellung zu ertragen haben – was ich da alles auf X lesen muss, krass! Erinnert mich übrigend an meinen Vater, der bei „Frau am Steuer“ immer ganz besonders ausgerastet ist…

    @Holger: jeder 40.000ste soll beim Marathon sterben, hab ich gelesen. Da machen wohl auch viele mit, die eigentlich gar nicht die Kondition dafür haben, um sich was zu beweisen. Ganz schön blöd und bei Gelegenheit rächt es sich halt, traurig.
    Ich bin beim sporteln eher vorsichtig uns sehe zu, mich nicht zu überanstrengen. Es hat jetzt 10 Monate Fitness-Center gebraucht (seit Frühjahr in Abwechslung mit Gartenarbeit), bis sich mein Körper erstmalig so „umgestellt“ hat, dass ich plötzlich das BEDÜRFNIS verspüre, mich zu bewegen, wenn ein Tag mal NIX ist und nur Sitzarbeit. Hab‘ richtig gestaunt!

    @Gerhard: ein vorheriger Text ist nicht eingegangen, aber danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, nochmal zu posten!

  12. @Gerhard
    „Von Marathon – und Halbmarathonläufen sehe ich mir Zusammenfassungen an.“
    Der Marathon kommt aus dem Griechenland der Antike ->

    https://youtu.be/DcFSk1UqwME?si=nYuJO3qlKHf3esnB

    https://www.mythologie-antike.com/t827-marathon-mythologie-namensgeber-der-stadt-marathon

  13. Ich möchte ungern eine Sportart gegen eine andere ausspielen. Als ehemaliger Hobbyspieler mag ich auch Fußball. Leider gibt es Entwicklungen im Profibereich, die mir missfallen. Aber bei welchen Sachen findet sich heutzutage keiner, der irgendwas zu maulen hat? Dass das vielleicht hauptsächlich diese alten, weißen Männer sind, tröstet mich auch nicht. Schließlich gehöre ich dazu.

    Bundesliga verfolge ich fast nicht mehr. Auch, weil mir das gesamte Drumherum gegen den Strich geht. Da werden Millionen von Euros verschwendet, nur weil sogenannte Fans sich nicht benehmen können. Und wenn die Vereine an den Kosten beteiligt werden, machen sie und ihre Hardcorefans Randale. Für mich ist das nicht ok.

    Meine Frau und ich haben das Spiel gestern gesehen. Es war erquicklich. Nicht nur, weil das Resultat für ein Fußballspiel durchaus besonders war, sondern vor allem deshalb, weil Rüdiger den armen Schotten das Tor gegönnt hat, das sie doch wirklich verdient hatten. Vielleicht hilft der Einstieg, das Selbstbewusstsein unserer Mannschaft (die plötzlich tatsächlich erkennbar eine Mannschaft war und nicht nur so hieß) auf ein neues Level zu bringen. Das könnte ja für die kommenden Spiele hilfreich sein. Nur – wir spielen Fußball. Da ist oft alles drin. Auch, dass man nach einem solchen Spiel wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Aber… wollen wir das beste hoffen. :-)

  14. Ich leiste meinem Lieblingsmenschen gerne vorm Fernseher Gesellschaft. Er schaut auch nur EM/WM, da hält sich das in Grenzen. Nur das erste Tor habe ich verpasst. Und ich meinte noch zu ihm, „die werden doch jetzt kein Tor schießen, wenn ich kurz meine Brille hole“. Er meinte, „ganz sicher nicht“. Hab dann nur ein sehr kleinlautes „Tor“ aus dem Wohnzimmer vernommen…

  15. Ich verfolge das alles auch nur Laienhaft und auch nur durch die Leidenschaft meiner Kinder, aber mir ist durchaus aufgefallen, dass Union nach seinem Aufstieg nun die gleichen Fehler macht, wie sie Hertha zuvor gemacht hat. Hertha tut es gerade wirklich gut in der 2. Liga zu bleiben und ein Aufstieg diese Saison wäre definitiv der falsche weg gewesen. Der Verein muss sich erholen und auch die Fangemeinschaft musste mal wieder auf den Teppich geholt werden. Ich bin inzwischen gerne mit den Kindern im Stadion. Die Atmosphäre ist einfach toll.

    Grundsätzlich ist mein Interesse am Fußball aber wirklich nur durch die Kinder gestiegen. Beim großen Sohn begleite ich das nun bereits seit fast 10 Jahren und das färbt irgendwann einfach ab und man gewinnt eine gewissen Begeisterung dafür. Vor allem, wenn die eigenen Kinder auch spielen.

  16. @Horst: Das „Drumrum“ im Fußball stört mich nicht seit ich wirklich einem Spiel folgen kann, ohne mich zu langweilen. Und so ein Spiel wie Schottland/Deutschland ist natürlich für Laien wie mich ein guter Einstieg in die EM! :-)

    @QueenAll: Witzig! Punktgenaues Tor – aber es gibt ja immer Rückschauen! :-)

    @Sari: Naja, Union ist durch den Verlauf der letzten Saison vermutlich auch wieder „auf den Teppich geholt“ worden!

  17. „Das „Drumrum“ im Fußball stört mich nicht seit ich wirklich einem Spiel folgen kann, ohne mich zu langweilen“

    @Claudia: Sich für etwas zu begeistern, hat per se einen gewissen Nutzen. Vor mehr als 40 Jahren sind wir nach Stuttgart gefahren, um Henry Rono, Harald Schmitt, Alberto Quantorena, Mike Boit sowie Edwin Moses im Leichtathletikstadion zu sehen.
    Wir sind damals die letzten 300 m zum Stadio gerannt, so aufgeregt waren wir.

    Mit der Schachjugendgruppe von Unterfranken verfolgten wir des WM des Fußballs Mexiko 1970 im TV. Das war spannend!
    Später allerdings ging mit der zunehmenden Kommerzialisierung mein Interesse an Fussball zurück. Fast bis zum Nullpunkt.

  18. „mein Beileid, dass du in einer Corso-Gegend wohnst! Da bin ich weit entfernt davon… “
    Gestern abend DREI Stunden Dauerhupen. Jetzt fahren auch grade irgendwelche Hohlköpfe – ich weiß nicht, wer gewonnen hat, es ist mir auch gleichgültig. Ich sollte allerdings einkaufen fahren, kann aber nicht, weil ich dann im Stau stehe. Es ist ärgerlich, daß man seine Erledigungen auf die verdammten Spiele abstimmen muß, um überhaupt irgendwohin zu kommen.
    Rettungsfahrzeuge und die Stadtbusse kommen auch nicht durch – aber macht ja nix, Fußball über alles.
    Ich wünschte nur, der Mist wäre vorbei…

  19. https://www.claudia-klinger.de/digidiary/2024/06/15/vom-fussballmuffel-zum-fan/#comment-623589

    Auch finde ich es bei Europa- und Weltmeisterschaften widerwärtig, dass der jeweilige Verband viel Geld „verdient“ und dann im jeweiligen Austragungsland keinen Cent Steuern zahlt. In meinem sozialen Umfeld hätte man Uefa und FIFA als „reiche Sozialschmarotzer“ bezeichnet.

    https://www.claudia-klinger.de/digidiary/2024/06/15/vom-fussballmuffel-zum-fan/#comment-623595

    Gendern ist eine hässliche Angewohnheit, die du wieder loswerden solltest, aber mit den Geldbeträgen hast du Recht. Wenn man Fußball als Wirtschaftszweig betrachtet, ist es der einzige Wirtschaftszweig, in dem Vertragserfüllung absolut unüblich ist.

    Wann immer ich mal Nachrichten über Fußball mitbekomme, ist die Rede von „Ablösesummen“ – also Geldern dafür, dass man den Arbeitsvertrag nicht erfüllt. Man stelle sich mal vor, wie krass es in der Baubranche zugehen würde, wenn die Auswüchse aus dem Fußball dort umgesetzt würden. Ich stelle mir vor, wie im Umkreis von einem Kilometer um Baustellen Leute mit Feldstechern herumlungern, die die Bauarbeiter bei der Arbeit beobachten und ab und zu auf die zukommen und so Sachen zu denen sagen wie „Ich hab per Feldstecher gesehen wie geil du die Fliesen legst. Ich zahle dir 20.000 € Vorkasse, wenn du ab nächster Woche auf einer Baustelle in der Eifel arbeitest.“