Claudia am 03. Oktober 2024 —

Deutsche Einheit? Uneins wie nie… .

Ok, es ist Tag der Deutschen Einheit, dieses Jahr ein Donnerstag und gefühlt ein „zusätzlicher“ Feiertag in der Woche. Angesichts dessen, was die Wahlen in drei neuen Bundesländern deutlich gemacht haben, wirkt es seltsam, jetzt die „Deutsche Einheit“ zu feiern. Aber was solls, ein bisschen Rückschau, verbunden mit ein wenig Nostaligie bezüglich der euphorischen Zeit nach dem Mauerfall – warum nicht? Diese Gefühle unterstützte jedenfalls das Vormittagsprogramm im DLF, während auf X (eben erst hingeschaut) nur die diversen Spaltungen zelebriert und verstärkt werden – klick und weg!
Zeichnung, Frau mit zu Berge stehenden Haaren

Blogpause? Nicht mit Absicht!
Hier hat sich eine lange Lücke ergeben, aber nicht, weil ich keine Zeit zum Bloggen gehabt hätte. Sondern weil so viel Krasses passiert ist, dass ich nicht AUCH NOCH meinen Senf dazu geben wollte.

Wenn alle die Wahlergebnisse und vermuteten Gründe dafür analysieren, laufende Kriege kommentieren, Eskalationen befürchten, die Schrecklichkeiten und Widersprüchlichkeiten dieser Zeit thematisieren, Schuld und Versagen zuweisen, sich positionieren und distanzieren – dann passiert es, dass ich überhaupt nichts mehr von mir geben will außer in privaten Gesprächen. Es ist der schiere Überdruss am Geschehen, der mir die Sprache verschlägt. Also folge ich Georg Kreisler, der einst so munter sang: Ich geh‘ Blumen gießen, Blumen gießen, Herz, was willst du noch mehr!

In diesem Sinne: Die Tomaten im Garten sind abgeräumt, jedoch gibt es jetzt die „Tomatenparade 2024“ – seit langem mal wieder ein kleines Blogprojekt von mir. Wie man mit dem Handy ansehbare Makro-Fotos machen kann, hab‘ ich erforscht, um unser Gartenhaustier, die „Gehörnte Kreuzspinne“ zeigen zu können. Auch die seltsamen Auswüchse aus einer verletzten Tomate konnte ich so ganz gut in Szene setzen.
Und heute? Seit Stunden lese ich im Blog „Ich bin dann mal im Garten“ so lange und hoch informative Artikel, wie ich sie in Blogs sonst gar nicht mehr finde, auch nicht in eigenen! Draußen ist es kühl und regnerisch, aber vielleicht mache ich doch noch einen kleinen Spaziergang um den Block.

Anstatt euch jetzt weiter mit Belanglosigkeiten zu langweilen, schließe ich mit einem Langzitat von Henning Uhle aus seinem Blogpost „Welt am Abrund – lose Gedanken„, der es noch schafft, etwas Pointiertes zur Lage zu bloggen:

Was ist los, Deutschland?

Ich dachte ja, ich werde nicht wieder. Als der Thüringer Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammentrat und dieses lächerliche Schauspiel stattfand, zerrissen sich alle ihre Mäuler. Es gab Livestreams von allen möglichen Sendern. Nun trat der Sächsische Landtag zusammen, es lief alles geordnet und halbwegs zügig ab. Und was war zu hören? Grillenzirpen. Könnt ihr bitte wenigstens auch mal was positives aus dem Osten erzählen, wenn es das schon mal gibt? Oder ist das zu viel verlangt?

Dieses Land ist so kaputt, ich komme damit so gar nicht klar. Politisch passiert in Berlin vermutlich nicht mehr viel. Aber die Koalition – so sie denn noch 1 Jahr durchhält – wird sich mit Erfolgen brüsten. Ja, die Erfolge sind tatsächlich mehr als genug da. Was aber, wenn das Volk diese Erfolge gar nicht mehr versteht und die Regierung diese Erfolge kaputt redet und die Opposition sich darüber köstlich amüsiert? Dann haben wir Zustände wie derzeit.

Ich kann das Alles nicht mehr. Wie soll man denn irgendwas begreifen, wenn so getan wird, als würden wir im schlechtesten Deutschland seit Christi Geburt leben? Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Warum lügen sich so viele Spinner selbst in die Tasche? Vermutlich, weil es die Seelenverkäufer geschafft haben, in deren Köpfe zu kommen. Und das dürfen wir ihnen nicht durchgehen lassen. Aber genau das passiert zurzeit. Ich habe auf so etwas keine Lust. Macht mir mein Leben nicht kaputt.

 

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Bild von katy sandvoss auf Pixabay

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Diskussion

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7 Kommentare zu „Deutsche Einheit? Uneins wie nie… .“.

  1. Ich würde es auch mit Kreisler halten. Aber das andere Lied favorisieren: „Gehn wir Tauben vergiften im Park“. So klang das und es passt besser in die aggressive Zeit.

    Mir fällt auch zu jedem Schwachsinn noch ein Kommentar ein, die ich bloggen kann. Er muss nur einen wenig tiefer sitzenden Nerv treffen. Dann gehts — oder auch nicht.
    Stefan Laurins Artikel will mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich glaube, er hat da einen Vorschlag ausgebreitet, der im Grund heranreift. Jedenfalls in vielen Köpfen hüben wie drüben.

  2. Angesichts der dauernden Schreckensmeldungen und da man hier wohl den Blick für das Positive verloren hat, konsumiere ich Nachrichten nur noch in kleinen Dosen. Umso besser es uns geht, umso mehr scheinen wir zu jammern – und die Politiker bieten nun mal viel Angriffsfläche für das gemeinschaftliche Meckern. Das ist dann aber doch eher verbindend als spaltend 😉
    Da versinke ich lieber in diversen Blogs, gerne übers Gärtnern. Danke für die Links mit neuem Lesefutter! Ich tauch dann mal ab…

  3. @Horst: Der Artikel lässt manches weg, was nicht unwesentlich zur Situation in den neuen Bundesländern beigetragen hat: Die soziale Entwurzelung, die mit der (gewünschten!) schnellen Einführung der D-Mark verbunden war. Das erzählt der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk in seinem Buch „Freiheitsschock. Eine andere Geschichte Ostdeutschlands von 1989 bis heute“ – und im gut 30 Min langen DLF-Interview dazu. Was es bedeutet, wenn auf einmal „echtes Geld“ im Sinne der kapitalistischen Marktwirtschaft zum Zahlungsmittel wird, war all den vielen, die die „D-Mark jetzt!“ gefordert hatten, nicht klar! Wie denn auch?
    Kowalczuk:

    „Es gab ein größeres Problem als das wirtschaftliche: Der Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft war extrem hart, extrem schnell und extrem radikal – wie nirgendwo sonst im postkommunistischen Raum…. Arbeiten in der DDR hieß ja nicht nur arbeiten gehen und Lohn / Gehalt einzusacken, sondern war eingebunden in ein System kultureller Betreuung, Gesundheitsbetreuung, Vorsorgebetreuung, Urlaub, Sport – alles war gewissermaßen um den Arbeitsplatz herum gruppiert. Das war der sogenannte „nichtproduktive Bereich“ der Kombinate, der Betriebe, der staatl. Einrichtungen – und die brachen als erste zusammen, wurden als erste ausgegliedert. Damit brach ein Großteil des sozialen Kulturlebens zusammen – und das istgewissermaßen das viel größere Problem: Einen Arbeitsplatz, den man verliert, den kann man jemandem irgendwo anders wiedergeben… aber die sozialen und kulturellen Beziehungen, die damit verbunden waren, die kann man nicht zurück geben“.

    Das Interview ist sehr sehr hörenswert, spricht viele wichtige Aspekte an, auch das „andere Demokratieverständnis“ – und ist keineswegs eine Rechtfertigung aktueller Verweigerungshaltungen vieler Ossis!

  4. Liebe Claudia, im „Kleinen“ funktioniert bei mir/uns das Ost-West-Verhältnis doch deutlich besser als im „Großen und Ganzen“ dargestellt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass du das in deinen kleinen „privaten Gesprächen“ ähnlich empfindest.

    Wenn ich mich jetzt allerdings auch noch darüber aufregen wollte, dass, – wenn im Osten ein Standardvorgang wie in Sachsen ganz normal wie ein Standard funktioniert -, auch noch berichtet wird, dann hätte ich aber viel zu lesen.

  5. Die Einheit. Hmm. Das Thema ist bei mir seit 1990 in Dauerschleife, mal sehr aggressiv, mal habe ich auch Frieden damit geschlossen, zumeist aber will ich nichts mehr davon hören. Ich habe mich frühzeitig versucht, aus dieser Dauerschleife Ost-West zu befreien, über Fremdsprachen und die Beschäftigung mit verschiedenen anderen Ländern/ Kulturen gelingt das etwas. Und natürlich kann man sich dem trotzdem nicht entziehen, leider.

    Vieles von dem, was heute noch als Ost-West-Problem da ist, ist aber auch künstlich hochgebauscht, bewusst ausgenutzt. Das fängt z.B. dabei an, dass sich gerade die AfD an die Ostler ranwanzt, obwohl ihre Führungsriege zu großen Teilen westdeutsch (!) ist. Wenn man Höcke auf einem Wahlplakat auf einer Simson fahren sieht und damit so tut als ob er einer von „uns“ wäre (was auch immer „uns“ gewesen sein mag, dieses DDR-Gefühl gab es nie, erst nach der Wende), dann ist das (dieses Simsonfahren) so lächerlich, aber die Leute glauben es.

    Also die Leute, die das glauben wollen.

    Der Großteil der Menschen im Osten, und das sollte man nicht vergessen, glaubt den Selbstbereicherern kein Wort, kriegt aber von den zum großen Teil westdeutschen Medien (großer Teil? 99,9%?) mit den Afdlern und den Bswlern eins auf die Rübe. Das ist nicht besonders förderlich, ich würde sogar sagen, das ist dumm, das ist gefährlich.

  6. ob viele Ältere sagen, „das ist nicht mehr meine Welt“?
    Bei mir ist das so.

  7. Dieses fast 4-stündige Interview von Thilo Jung mit Kowalczuk kennst du vielleicht. Klar, dass ein Mann mit diesem Hintergrund in vielerlei Hinsicht eine Sonderposition einnimmt. https://www.youtube.com/live/X7nu10aD8ug?si=Ywi3KdVTpOKPV3_E Ich hab es mir in Etappen angehört. Sehr interessant und außergewöhnlich offen.

    Ich finde, der Ausschnitt aus Kowalczuks DLF – Interview führt etwas in die Irre. Er sagt an anderer Stelle, dass sich die Ossis frei und völlig ohne irgendwelche politischen Zwänge für die D-Mark entschieden hätten. Damit hätten sie sich den Regeln des Kapitalismus gewissermaßen ausgeliefert. Ja, man hat den Schritt getan und war überrascht, wie brutal der Kapitalismus in der Realität wirkt.