Was Trump und Musk in den USA anrichten, müsste die MAGA-Anhänger eigentlich längst verunsichern und „von der Fahne“ treiben. Dem ist aber nicht so! Sie stehen „in Treue fest“ zu Trump, kaufen dessen Merchandise-Produkte und sonnen sich im Glanz, etwas Besonderes zu sein, Retter der USA, mindestens!
Warum das so ist, analysiert der Psychiater Dr. Russell Razzaque in seinem Video-Vortrag Why TRUMP Supporters Really Believe In Him?. Ich finde seine Ausführungen sehr interessant, denn es gibt natürlich deutliche Parallelen zu einem Teil der AFD-Fans und anderem Fußvolk der Rechtsradikalen hierzulande.
Russell unterteilt die Trump-Wähler in zwei Gruppen, beide motiviert durch Unsicherheit: Einerseits die Wechselwähler, die Trump aus wirtschaftlichen Gründen unterstützten, ihre Entscheidung aber bereits bereuen, andrerseits der harte Kern der MAGA-Bewegung, alles Leute, die in ihrer kulturellen Identität verunsichert sind, sich radikalisierten und bei MAGA einen Sinn im Leben gefunden haben.
Das Transskript des Videos habe ich von Perplexity zusammenfassen und übersetzen lassen. Hier mal nur der Abschnitt zu den psychologischen Motiven der MAGAs, von mir um redundante Sätze gekürzt:
1. Identitätsstiftende Elemente: Die MAGA-Bewegung (Make America Great Again) hat sich unter Donald Trump zu einer starken Identitätsgemeinschaft entwickelt, die ihren Anhängern ein Gefühl der Überlegenheit und Zugehörigkeit vermittelt. Sie bietet ihren Anhängern eine klare Gruppenidentität mit eigenen Symbolen, eigener Sprache und eigenen Feindbildern. Das rote MAGA-Cap ist zu einem kulturellen Symbol geworden, das Zugehörigkeit signalisiert und gleichzeitig als Marker für eine exkludierende Form des Nationalismus dient. Diese Symbole funktionieren ähnlich wie historische Erkennungszeichen anderer Bewegungen und schaffen ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Insider-Begriffe, Codes und vereinfachte Narrative wie „NPC“ oder „woke mob“ schaffen eine klare Trennung zwischen der eigenen Gruppe und Außenstehenden und fördern ein Gefühl der Überlegenheit und Besonderheit unter den Anhängern.
2. Überlegenheitsgefühl durch Abgrenzung: MAGA vermittelt seinen Anhängern ein Überlegenheitsgefühl durch die systematische Abwertung anderer Gruppen. Die Bewegung stellt Einwanderer, besonders nicht-weiße, als gefährliche „Andere“ dar, die eine Bedrohung für die amerikanische Kultur und Sicherheit darstellen würden. Diese Darstellung aktiviert Urängste und fördert den Zusammenhalt in der eigenen Gruppe. Die Bewegung positioniert ihre Anhänger als „Retter Amerikas“ in einem existenziellen Kampf. Durch apokalyptische Rhetorik wie „Dies wird die letzte Wahl sein“ oder „Das Schicksal unserer Zivilisation steht auf dem Spiel“ wird ein Gefühl der moralischen Überlegenheit und besonderen Mission erzeugt. Die Anhänger sehen sich als rechtschaffene Krieger in einer belagerten Welt.
3. Machtgefühl durch soziale Dominanz: MAGA bietet seinen Anhängern konkrete Wege, Macht über andere auszuüben. In einer Gesellschaft, in der viele Arbeiter wenig Entscheidungsmacht haben, ermutigt die Bewegung ihre Anhänger, Macht über andere Menschen zu gewinnen – sei es durch das Tragen des MAGA-Huts in der Öffentlichkeit, durch das Trollen von Gegnern online oder durch die Einschüchterung marginalisierter Gruppen. Diese Machtausübung erzeugt unmittelbare, berauschende Erfahrungen: das sichtbare Unbehagen anderer beim Anblick des MAGA-Huts, die „liberalen Tränen“, die man durch Provokation erzeugen kann, oder die Angst, die man bei verletzlichen Gruppen auslöst. Diese Erfahrungen sind für viele MAGA-Anhänger bedeutsam, weil sie ihnen in einer Welt, in der sie sonst wenig Macht haben, ein Gefühl der Selbstwirksamkeit vermitteln.
4. Verstärkung durch digitale Echokammern: Soziale Medien und Algorithmen verstärken dieses Überlegenheitsgefühl. In digitalen Echokammern werden MAGA-Inhalte kontinuierlich verstärkt, wodurch ihre Sprache und Weltanschauung nicht nur vertraut, sondern autoritativ wird. Die ständige Wiederholung vereinfachter Narrative wie „Wir gegen Sie“ oder „Das große Erwachen“ lässt komplexe politische Fragen auf einfache Schlagworte reduzieren und fördert ein binäres Weltbild. Diese Dynamik schafft eine Gemeinschaft, die ihren Anhängern nicht nur Zugehörigkeit bietet, sondern auch ein tiefes Gefühl der Überlegenheit gegenüber Außenstehenden vermittelt – ein mächtiges psychologisches Instrument, das Trump geschickt für seine politischen Zwecke eingesetzt hat.
Wenn Argumente nichts bringen, was dann?
Bei der Analyse bleibt Dr. Russell Razzaque nicht stehen. Als tiefere Ursache hinter allen anderen Unsicherheiten sieht er den Kontrollverlust in einer sich allzu schnell verändernden Welt. (Auch der Brexit-Slogan „Take Back Control“ hat genau diese Unsicherheit erfolgreich angesprochen). Als Lösung schlägt er vor, die Demokratie zu vertiefen, indem moderne Technologien wie KI eingesetzt werden sollten, um mehr Menschen an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und ihnen so ein Gefühl der Kontrolle zurückzugeben. Leider führt er das nicht konkret aus, sondern verweist auf künftige Videos und sein entstehendes Buch zum Thema. Er schließt mit den Worten:
All is not lost, there is hope! … and I hope we can keep talking and also gain clarity not just about what’s happening right now but how we can get through this how we can improve things to make a better tomorrow together. Thank you!
Ich hoffe, er hat recht und bin gespannt auf seine Vorstellungen, wie mittels KI „Demokratie vertieft“ werden könnte. Fällt Euch vielleicht etwas dazu ein?
***
Und sonst so:
- Geld, Macht, Kampagnen: Der lange Arm von Team Trump – Führende CDUler fürchten eine schleichende Trumpisierung der CDU.
- Buggischs Blog: Die optimistische Sicht
- Beziehungsweise weiterdenken: Trump und die verbotenen Wörter
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4 Kommentare zu „Wenn Identität wichtiger wird als Wahrheit: Warum MAGA-Anhänger rational nicht mehr erreichbar sind“.