Es ist ein Elend, dass es heute kaum mehr möglich ist, zu irgendwelchen Gebrauchsgegenständen eine persönliche Beziehung zu entwickeln, wie Thinkabout sie in „Meine angegossene Wohlfühlgarantie“ bezüglich seiner Hausschuhe beschreibt:
„Vor dem Bett stehen meine Hauslatschen. Offene Sandalen, deren Riemen über den Rist längst undefinierbare Flecken tragen. Die Gummisohlen sind durchgetreten; sie stehen vorn und hinten vom Boden ab, als würde es sich bei den beiden Schuhen um am Sandstrand auf Grund gelaufene Ruderbote handeln, in die nun aber wirklich keiner mehr freiwillig steigen würde.
Aber meine Füsse wollen da rein. Denen passen diese Treter nämlich wie angegossen. Seit Jahren. Auch Sie kennen bestimmt dieses Gefühl von Schuhen, die sich längst jeder kleinsten Wölbung Ihrer Sohlen angepasst haben und in denen Sie sich einfach wohl fühlen. Sie stehen darin irgendwie aufrechter und gehen entspannter als in jedem anderen Schuhwerk. Sie schlüpfen rein, und es kann los gehen. Als wäre einfach alles zu schaffen. I am ready, folks. „
Typischerweise sind es hier die Hausschlappen, die dem Stress der schnellen Produktzyklen trotzen, da ihr Verfall den Benutzer nicht stört. Straßenschuhe wechseln häufiger und halten kaum eine Saison, ob sie nun gut passen oder nicht. Das ist Absicht, es soll so sein, man nennt es “Produktoptimierung”. Was das Marketing schnell wechselnder Moden und/oder technischen Features nicht leistet, wird durch eingebaute Schnell-Vermüllung garantiert.
Wo kämen wir auch hin, wenn eine Fahrradpumpe mehr als 20 Pump-Einsätze überstünde, bevor ein Plastikteil zerspringt? Oder ein Seidennachthemd, dessen teurer Stoff sich dem schnellen Verschleiss entzieht, nicht mit Garn zusammen genäht wäre, dass rechtzeitig brüchig wird? Oder das Futter der Handtasche, der Lederhose, des „hochwertigen“ Anzugs genauso haltbar wäre wie der große Rest, dessentwillen das Teil gekauft wurde?
Die Dinge sind nicht mehr dafür gebaut, sich in vielen Jahren dem Benutzer anzupassen, ihm ans Herz zu wachsen, Mittel der “Heimeligkeit” im Kleinen zu sein oder gar Teil seiner Individualität zu werden. Sondern dafür, in genau kalkulierten möglichst kurzen Zeiträumen ins Müll-Stadium überzugehen.
Deshalb heißen wir in der Welt der materiellen Dinge auch nicht User/Benutzer, sondern VER-Braucher.
Und alles wegen der Arbeitsplätze, ja, ja….
Wie es mich doch ankotzt! Und doch weiß ich keine Lösung für dieses KOAN.
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Arme Jugend! Weil alle Dinge so schnell vergehen und als Zeichen spezifischer Individualität nicht mehr taugen, müssen sie sich Bilder auf die Haut stechen und ritzen. Sie brennen sich Male ein, die zu Schmucknarben werden, und stecken Metallteile durch mehr oder weniger intime Stellen. Und alles für das Gefühl, einzigartig zu sein und das auch zeigen zu können.
Bis auch das nicht mehr hilft und dann doch der Laser ‚ran muss: Wer will denn schon ein „Arschgeweih“ von vorgestern?
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22 Kommentare zu „Produktoptimierung: Es werde Müll!“.