Claudia am 14. Dezember 2010 —

Wann ist ein Blogbeitrag zu lang?

Gestern schrieb mir Erwin (ZENTAO) in die Kommentare:

„Ich finde Deinen Blog interessant – obwohl für mich sind die Texte oft zu lang und zu lange Texte werden nur überflogen – etwas küzer wäre vielleicht etwas mehr.“

Es stimmt, ich schreibe vergleichsweise lange Artikel. Das war immer schon so, doch das Umfeld, mit dem verglichen wird, hat sich in den letzten zehn Jahren drastisch verändert. Kurze „Häppchen“ sind quasi zur Leitkultur im Netz geworden und auch ich „scanne“ Texte in aller Regel mehr als dass ich sie wirklich lese.

Und doch schreibe ich immer noch lange Artikel. Warum?

Zum einen, weil der Schreibprozess es verlangt. Ich schreibe so lange, bis ich zu einem Thema das gesagt habe, was ich sagen wollte. Wie lange das wird, weiß ich vorher gar nicht. Begonnen hat diese Art Schreiben mit Briefen an meinen Yoga-Lehrer, die meist drei DinA4-Seiten lang waren. Im Lauf der Jahre hat sich diese „gewohnte Länge“ durch das Schreiben im Web bereits um die Hälfte bis zwei Drittel reduziert – und doch wirkt ein Beitrag immer noch „lang“.

Ein zweiter Grund: die Beiträge werden ja doch gelesen. Zwar nicht von den „Massen“, aber von einer überschaubaren Stammleserschaft, die auch mal Lust hat, in intensive Kommentargespräche einzusteigen. Und ich bekam des öfteren auch Rückmeldungen von Menschen, denen es gefällt, auf einen längeren Gedankenweg mitgenommen zu werden – und dabei dann sich selbst anzuschauen: wie verhält sich das bei mir?

Womit als dritter Grund die Textsorte angesprochen ist: Ich bringe hier keine verdichteten Weisheiten, keine Lehrgeschichten und besinnlichen Affirmationen für ein besseres Leben. Auch keine einfachen, klaren Wahrheiten und keine kurzen politischen Forderungen, zu denen jeder nur nicken kann. All das hab ich in meinem langen Leseleben bis zum Abwinken aufgenommen – und es hat mir NICHTS genützt!

Konkretes Erleben wird im Text zur Erzählung

Lebendig und wirksam sind solche Weisheiten und Wahrheiten für mich erst, wenn sie mit konkretem Erleben erkennbarer Personen verbunden werden. Und weil Erwin vom Zen her kommt: nicht nur die kurze Zen-Lehr-Geschichte, sondern die eigene Interpretation durch den, der sie präsentiert. Aber nicht in abstrakter Manier, sondern mit Bezug auf das eigene Leben: wie ist es mir damit ergangen? Was war mein Bemühen und woran bin ich gescheitert bzw. wo habe ich Schwierigkeiten?

So kommt „Butter bei die Fische“, wie der Berliner sagt. Und diese „Butter“ führt dann eben oft zu einem längeren Text!

Dennoch bedanke ich mich für den Hinweis. Denn es ist gut, die Dimension „Textlänge“ im Bewusstsein zu behalten. Sich also bei jedem Satz und Absatz zu fragen: muss der sein? Oder ist das nur ein Ausführen dessen, was eh schon gesagt wurde? Und: muss dieser Aspekt nun auch noch in den Text, oder schreibe ich das vielleicht besser in einem weiteren Artikel?

In diesem Sinne will ich mich gerne um größere „Verdichtung“ bemühen.

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Diskussion

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8 Kommentare zu „Wann ist ein Blogbeitrag zu lang?“.

  1. Liebe Claudia

    Gerade diese Ausführlichkeit schätze ich an Deinem Blog. Es ist gut, zwischen all dem Kurzfutter etwas zu lesen, das mehr in die Tiefe geht. Ich schätze es, wie Du immer wieder Deine ganz eigene Sichtweise zur Diskussion stellst, für mich gehört da Mut dazu.

  2. Nun, soviel Zeit meint man gewöhnlich nicht zu haben, lange Texte zu lesen. Da sucht man schnell „eine Abkürzung“. Aber dann ist es meist mit dem Verstehen der Intention des Geschriebenen geschehen. Und das wäre schade.
    Ich jedenfalls bemühe mich meist, mir die Zeit und die Kraft zum vollständigen Lesen zu nehmen und wenn eines davon fehlt, bin ich halt (leider) nicht an Bord.

    Beim Kommentieren hier bin ich oft sehr kurz. Ganz bewusst. Ich versuche, etwas deutlich zu machen und wenn ich dann aus Fabulierlust noch auf einen 2ten oder 3ten Gedankenschweif komme, dann nehme ich diese oft nachträglich raus. Denn das kommt mir dann wie „labbern“ vor.

  3. Ich mag es ja lieber kurz und knackig, aber ich lese auch gerne mal längere Artikel, wenn sie Hand und Fuß haben.

    Wirklich unangenehm finde ich, wenn sich ein Text immer um die eigene Achse dreht. Das artet dann in labbern aus und das mag ich weder schriftlich noch mündlich.

  4. Liebe Claudia
    für mich ist es schon O.K. wenn Du ausführlich schreibst – da habe ich gar keine Probleme und wenn das Thema stimmt bleib ich auch dabei.
    Vor Jahren habe ich einen Beitrag geschrieben über Zen und bloggen
    http://zentao.wordpress.com/2008/04/25/geht-das-zen-und-bloggen/
    da hat es eine Interessante Geschichte die Dir sicher gefallen wird
    Liebe Grüsse Erwin (zentao )

  5. Liebe Claudia,
    ich lese sehr, sehr gerne Deine Gedanken (seit vielen Jahren)
    Oft drucke ich mir Deine Texte aus, um sie in Ruhe mehrmals lesen zu können, um sie zu reflektieren und zu schauen, was sie bei mir anregen.
    Ich freue mich, wenn ich auf Deiner Gedankenreise mitgehen kann.
    Vielen Dank und liebe Grüße
    Heidi

  6. @zentao: wunderbare Geschichte!! :-) Ich verlinke hier mal die deutsche Version von Das Zen des Bloggens (PDF).

    Danke dafür!

    @all: ich freu mich, dass es Leser gib wie Euch, die gern auch mal was Längeres lesen. Werde aber vertärkt darauf achten, nicht ins „labbern“ zu kommen.. :-)

  7. Zitat: „Wann ist ein Blogbeitrag zu lang?“

    Liebe Claudia,

    aus dem Bauch heraus sage ich: „Wenn er ungelesen weggeklickt wird.“

    Die meisten deiner Beiträge sind es mir wert gelesen zu werden. Deshalb sind mir deine Beitäge und die deiner Kommentatoren auch nicht zu lang.Vielleicht kann ich mit diesem Kommentar dazu beitragen, deine Frage zu beantworten.

    Dich und deine LeserInnen grüsse ich aus einem tief verschneiten Baiersbronn – Christa Schwemlein von ver-rueckt.net

  8. Meiner Meinung nach gibt es hierzu zwei Sichtweisen:
    Wenn ich „etwas von mir erzähle“, bin ich manchmal besonders lang. Das stört dann Leser, welche mich nicht „kennen“, also keine Affirmation zu mir als Person aufgebaut haben, und sie klicken weg. Die anderen aber freuen sich vielleicht gerade daran, dass sie erkennen, dass ich mit weitschweifigeren Passagen um die richtige Formulierung kämpfe.
    Generell aber ist es schon so:
    Wenn ein Blogbeitrag nachgelesen und bearbeitet wird, wenn ich ihn für einen anderen Zweck verwende, wird er schon häufiger mal gekürzt.
    Aber ich erlebe auch genau das, was Du auch beschreibst: Bloggen an sich hält mich immer wieder dazu an, „schneller“ zu sein, im Sinne von: Auf den Punkt kommen – oder bei ihm bleiben.