Christian Ströbele ist „mein“ Abgeordneter im Bundestag. Regelmäßig gewinnt er sein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg – und ich wähle ihn immer wieder gerne. Oft ist er ein sperrig-radikaler Stachel im Fleisch der GRÜNEN und nicht immer bin ich mit allem einverstanden, was er so vertritt.
Heute aber hat er in der TAZ eine Rede veröffentlicht, die mir aus dem Herzen spricht: „Ändert endlich die Strategie!“ Im Vorspann heißt es: „Die Rede, die ich für die Grünen im Bundestag halten will, die sie mich aber nicht halten lassen. Doch wir können nicht einfach so weitermachen. „
Ströbele zeigt auf, wie ein zunächst fast friedliches ISAF-Mandat (Schutz der Regierung und Verwaltung, Waffeneinsatz nur zum Schutz der Bevölkerung oder zum Eigenschutz) sich nach und nach in einen Kriegsauftrag verwandelt hat. Hier ein Auszug aus seiner Beschreibung der Situation:
„Die US-Streitkräfte verstärken den Offensivkrieg im Rahmen der „Counter Insurgency“ durch extralegale Hinrichtungen in nie gekanntem Ausmaß. Hunderte von Zielpersonen werden Opfer von Kommandooperationen. Immer mehr unbemannte Drohnen werden in Afghanistan und im angrenzenden Pakistan eingesetzt. Die USA verweigern jede nähere Auskunft zu diesen Operationen. Aber nach Medienberichten sollen nur etwa ein Drittel Aufständischen gegolten haben. Laut New York Times gab es 2010 sechsmal so viele solcher Kommandooperationen. Auch die Bundeswehr benennt Zielpersonen für die Targeting-Listen von Isaf bzw. Nato.
Diese Geheimoperationen treiben den Aufständischen immer mehr Kämpfer zu. Sie verhindern Verhandlungslösungen. Denn wie soll mit denen verhandelt werden, die mit Drohnen gejagt und getötet werden?
Das Ansehen der Deutschen in Afghanistan sinkt rapide, und auch die Bundeswehr wird immer mehr als Besatzer wahrgenommen. „
Ströbele fordert, dass die Bundesregierung sich für die sofortige Einstellung aller offensiven Kampfhandlungen bei den NATO-Partnern einsetzen solle, um Verhandlungen auf allen Ebenen zu beginnen – auch mit allen „Aufständischen“.
Diese Formulierung zeigt: auch Ströbele ist „bündnistreu“ und fordert nicht, dass die deutschen Soldaten einfach abziehen sollen.
Und DESHALB verstehe ich nicht, warum die GRÜNEN ihn diese Rede im Bundestag nicht halten lassen! Ich wette mal, er spricht aus, was die übergroße Mehrheit der GRÜNEN-Wähler heute über den Einsatz in Afghanistan denkt. JA, man hat der Entsendung einst zugestimmt, aber das war kein Votum für immer kriegerischere Aktivitäten – die ja auch, wie man sieht, keinen „Erfolg“ haben, ganz im Gegenteil.
„Unsere Jungs“ in Afghanistan
Der letzte TATORT hat eindringlich die Verfassung psychisch traumatisierter Kriegsheimkehrer gezeigt. Und bei Anne Will wurde hinterher diskutiert, ob wir nicht „unsere Jungs“ in Afghanistan allzu sehr im Regen stehen lassen. Sie kommen nachhause und erleben oft genug nicht gerade Mitleid und Unterstützung – sondern eher ein „selber schuld!“. Kein Wunder, wenn 70% der Bundesbürger gegen die Fortsetzung des Mandats sind. Da wird ganz klar eine falsche, gegen den Willen der Mehrheit gerichtete Politik auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen. (Erschreckend fand ich, dass rund um Weihnachten offenbar Kita- und Schulkinder motiviert wurden, Weihnachtskarten an die Soldaten zu schicken. Zeige mir einer EIN Kind, das von alleine auf eine solche Idee kommt!)
Die Problematik der Heimkehrer und des Kriegseinsatzes an sich wurde in der Talkshow durchaus von allen Seiten beleuchtet. Nur die EINE FRAGE wurde nicht gestellt, nämlich die an den einzelnen Soldaten: Warum um Himmels Willen bist du denn hin gegangen? Angeblich wird ja doch keiner gezwungen!
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5 Kommentare zu „Schluss mit dem Krieg in Afghanistan!“.