Im Zug ist mir aufgefallen, wie viele Leunte mittlerweile ihren Notebook (plus Handy plus Headset) auf dem kleinen Klapptisch stehen haben und in den Monitor gucken. Ein weiteres gefühltes Drittel beschäftigt sich mit dem Smartphone. Kaum einer schaut noch aus dem Fenster.
Die aufgeräumten Landschaften des ausgehenden Winters boten auch wahrhaftig nicht viel Reiz, also hatte ich mir ein Buch mitgenommen, den ersten dicken Wälzer seit längerer Zeit. „Der Schwarm“ fesselte mich bis zur letzten Seite, ein Erlebnis, das ich mir lange nicht gegönnt hatte. In Reichweite des eigenen „Tors zur Welt“ ist die Verlockung meist zu groß, mich anderen, vermeintlich wichtigeren und irgendwie „kurzweiligeren“ Dingen zu widmen.
Anders als auf früheren Reisen hab‘ ich diese fünf Tage vollständig auf Netzkontakte verzichtet. Alle, für die ich gerade arbeite, waren informiert, das musste reichen. Das Handy benutze ich sowieso nur zum Austausch der üblichen Stimmfühlungslaute bei realweltlichen Treffen. Es zu einem Netzterminal aufzupeppen, reizt mich nicht. So mobil bin ich nicht, dass sich das lohnen würde. (Und alles, was sich damit machen lässt, kommt mir eh vor wie „Internet für Arme“).
Um etwaigen Einbrechern keinen Anreiz zu geben, kündige ich Reisen in meinen Blogs nicht an. Erst letzte Woche ist in der Wohnung unter mir eingebrochen worden. Bei mir ist zwar nichts zu holen, was sich lohnen würde, aber das weiß der potenzielle Einbrecher ja nicht – und ärgerlich wär‘ es allemal. Die Idee, man würde vermisst, wenn nicht im üblichen Abstand Neues erscheint, ist sowieso eine Ego-stützende Illusion. Es gibt immer übergenug andere Quellen, es fällt nur den wenigsten auf, wenn ein paar Blogs mal ein bisschen „schweigen“.
Entzugserscheinungen spürte ich nicht, was mich selbst ein wenig erstaunte. Die Tage waren gefüllt mit Gesprächen „von Angesicht zu Angesicht“, kurzen Auto- und Bahnfahrten von hier nach da, Spaziergängen durchs schon viel wärmere Rheinland und einem mehrstündigen Messebesuch: die „Veggie-World“ in meiner alten Heimatstadt Wiesbaden war einer der Gründe für die Reise gewesen. (Ein Bericht dazu erscheint bald auf unverbissen-vegetarisch)
Nicht mal dann, wenn meine Gastgeber „mal eben ins Internet“ gingen, fühlte ich ein Bedürfnis, selber online zu gehen und nach dem Rechten zu sehen. Was sollte schon geschehen, was nicht auch ein paar Tage Zeit hätte? Gleich werde ich mal die E-Mails checken und erfahren, ob dieser Eindruck stimmt.
Wenn ich dran denke, was ich früher alles mitnahm, um täglich online gehen zu können: das eigene Mailprogramm mit allen Accounts, die Passwort-Datei, die Daten der laufenden Arbeiten, ein FTP-Programm – und überall war mein erstes Interesse: WO kann ich ans Netz?
Vorbei! Und es ist verdammt angenehm, sich mal ohne Entzugserscheinungen ein paar Tage vom Netzgeschehen abwenden zu können.
Jetzt aber freue ich mich, wieder online zu sein – und wieder zu hause! Da, wo alles so ist, wie ich es gewohnt bin. Beginnend vom Espresso meiner Wahl bis zum „richtigen“ Kopfkissen und der mir angenehmen Raumtemperatur. Ich halte mich ja für eher „verfroren“, war aber doch erstaunt, wie WARM meine Gastgeber ihre Wohnungen aufheizen. Nämlich so, dass man im T-Shirt rumlaufen muss, um sich wohl zu fühlen. Und das gleich durchgängig über Wohnräume, Flure, Küche und Bad. Und ich dachte, ich wär die Klima-Sau, weil ich mir oft 20 Grad im Arbeitsraum leiste! (Liebe Freunde, Ihr wisst: ich „sündige“ an anderer Stelle.. ist also kein Vorwurf!)
So, und jetzt schau‘ ich mal, was sich so getan hat….
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11 Kommentare zu „Fünf Tage offline“.