Claudia am 25. Februar 2011 —

Von der Lust aufs Dabei-Sein

Bündelungen sind lange schon out: nahezu alles kann man sich heute selber zusammen stellen. Nicht nur Nachrichten und Texte geschätzter Blogs, gern gehörte Musik-Titel, Meldungen von „Freunden“ und „Verfolgten“, Bücherlisten und Foto-Sammlungen, sondern auch die persönliche Schokoladentafel, das selbst komponierte Parfüm, die eigene Kaffee-Mischung und vieles mehr.

Individualisierung ist Mega-Trend und ich kenne niemanden, der das nicht schätzt. Es hat aber auch zur Folge, dass der Korb der Gemeinsamkeiten zwischen Menschen immer leerer wird. Immer weniger kann ich davon ausgehen, dass mein Gegenüber bestimmte Erlebnisse, Informationen und Kultur-Güter teilt – obwohl das „sharen“ ja Volkssport geworden ist. Aber wer kann sich denn noch merken, mit wem man was geteilt hat?

Die Rückseite der Individualisierungsmedaille ist ein zunehmendes Verlangen nach Gemeinschaftserlebnissen, das heute per Massen-Event befriedigt wird: Eintauchen in eine große Menge Menschen, die gerade dasselbe erleben. Das kann im physischen Raum stattfinden (z.B. Silvester am Brandenburger Tor, Loveparade, Flashmobs, große Konzerte, gehypte Ausstellungen, lange Nacht der… etc. usw.), weit öfter vermittelt es sich medial: so eine Guttenberg-Skandal-Debatte ist doch herrlich! Das erfasst gefühlt endlich mal „alle“…

Was bewegt die Anderen?

Auch ich will morgens gerne erstmal mitkriegen, „was so los ist“. Also schaue ich auf Google-News und meine Twitter-Timeline, besuche mal NetNewsGlobal (eingestellt) oder werfe einen Blick auf Wikio, um zu schauen, was bekannte Blogs so schreiben. Leider ist letzteres nur ein schlechter Ersatz für Rivva: das war mehr als ein Aggregator von Blogpostings, man konnte auch die Reaktionen und den Stellenwert des Themas ablesen! Total INZESTUÖS und selbstreferenziell, aber gerade deshalb ein „Fenster in die Blog-Welt“, das mir jetzt richtig fehlt.

Mich interessieren nun mal nicht nur Themen, sondern ebenso gerne will ich wissen, welche Themen gerade DIE ANDEREN interessieren. Diese Anderen selbst auszuwählen, mich fortwährend mit jenen zu vernetzen, die mir „ähnlich“ sind, befriedigt das Bedürfnis nach dem „Blick aufs Allgemeine“ nicht wirklich.

Zum Glück gibt es noch „klassische Medien“, die zumindest vermutungsweise größere Teil-Öffentlichkeiten repräsentieren. Und die Twitter-Trends gibts mittlerweile auch pro Land: ein paar Schlagworte, die gerade die Gemüter erregen – immerhin!

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Diskussion

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3 Kommentare zu „Von der Lust aufs Dabei-Sein“.

  1. Manchmal bewegt mich der Mut zum Nicht-Dabeisein aber viel mehr – z.B. heute ;o).

  2. Ja, das ist eine tolle Aktion – sie gehörte auch zu den „Trendworten“ auf Twitter, hat also selber den „gemeinschaftsgefühl-stiftenden“ Charakter, den ich meine.

  3. Danke, Iris! Danke, Judith!
    Nähe und dabei-sein ist schön – Distanz und all-ein sein ist auch schön, im rechten Maß, zur rechten Zeit.

    Natürlich auch Dir, danke, Claudia!