Ein Blitzlicht aus dem digitalen Alltag.
Als ich gestern meine vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung anging, hatte ich nicht nur einen Berg Papiere zu durchsuchen, sondern auch mit einem Fehler in der Elster-Software zu kämpfen, für die mir auf der Elster-Website ein Windows-Update anempfohlen wurde. Klar, mach ich doch (warum zum Teufel geht das nicht automatisch? XP ist doch so eingestellt…). Aber verdammt: es funktionierte immer noch nicht! Erst musste ich das Update mit dem ungeliebten Microsoft-Browser wiederholen, bevor ich endlich meine Daten dem Finanzamt übermitteln konnte.
Um diese zu errechnen, hatte ich zuvor einen komplizierten Sachverhalt im Netz recherchiert, dann aber doch mit der Steuerberaterin telefonieren müssen. In derselben Stunde kümmerte ich mich auch um die Wieder-Übernahme des alten Webwriting-Magazins auf den eigenen Server, korrespondierte dazu mit drei Leuten, deren Mitwirkung gefragt war, und schaute alle paar Minuten ins Forum mod-rewrite, das sich mit den technischen Details serverseitiger Weiterleitungen befasst: ich hab die Porno-Artikel aus dem Diary ins Lustgespinst verlegt und will nun auch die 70% Surfer dorthin lenken, die mit diesem Stichwort hier landen.
Ein Blick in die Email bringt weitere Aufgaben: neue Beiträgen zum aktuellen Mitschreibprojekt auf schreibimpulse.de, eine Existenzgründerin will eine Freiberufler-Website, wie schön! Ich berate sie kurz, setze die Texte ins Web und melde der Autorin den Vollzug. Dann konzentriere ich mich auf mein Auftrags-Blog und schreibe „Wohlfühl-Tipps für den Wetterwechsel“. Ein kneippscher Knieguss wär jetzt wirklich nicht schlecht, doch dafür ist keine Zeit. Aber siehe da, endlich eine Antwort im ModReWrite-Forum! Zum Glück reichen meine am selben Morgen angelesenen Grundkenntnisse der Materie aus, um zu erkennen, dass die Antwort komplett an meiner Frage vorbei geht, ja, es gäbe echtes Chaos, würde ich dem Rat folgen! (Grade mal wieder rechtzeitig „lebenslang gelernt“!)
Während ich so zwischen diesen, jenen und noch sechs, sieben anderen Angelegenheiten hin und her switche, meldet sich aus dem Hintergrund des Bewusstseins das Gefühl, an meinen Grenzen anzukommen: nicht was die Anstrengung angeht (ich sitze ja „nur“ vor dem PC), sondern in Bezug auf das Fassungsvermögen des Gedächtnisses und die Kraft zur Konzentration. (Ich überschaue so langsam meine Festplatten nicht mehr, die alle Daten und Angelegenheiten seit 1996 in historisch gewachsener Struktur bereit halten.) Das wird auch dadurch nicht besser, dass ich mir dazwischen mal Ausflüge ins Private gönne, den Wetterwechsel auch im Gartenblog bespreche, mal schaue, was die Spirituellen im Forum fürs Wesentliche und die neu entdeckten Problematiker im Lebenswert-Forum so schreiben. Solches „Wegzappen“ in den Spiel-Bereich sind kleine Fluchten, die nicht wirklich etwas bringen, sondern das Gefühl der Zersplitterung nur noch verschärfen.
Dies ist übrigens keine Klage! All diese „10.000 Dinge“ richte ich mir selber an und bin mir dessen wohl bewusst. Meistens macht es sogar Spass und ganz gewiss wollte ich mit niemandem tauschen, der irgendwo „eine ruhige Kugel schiebt“. Ich würde ja doch nur wieder damit anfangen, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen: neue Ideen umsetzen, Kontakte knüpfen, spannende Aufgaben übernehmen, bis ich an der Kante meines Aktionspotenzials angekommen bin und wehmütig auf die To-do-Liste schaue, die niemals abgearbeitet ist, sondern wächst und wächst und wächst…
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3 Kommentare zu „Alles viel zu komplex…“.