Gestern fand ich das Blog Mich trifft der Schlag von Ulinne, einer lieben langjährigen Web-Bekannten, deren umfangreiches Schaffen ich phasenweise intensiv mitverfolgte. In den letzten Jahren allerdings mehr rund ums Thema „Garten“ – (verdammt, wie nachlässig von mir, da ich so das Wichtigere nicht mitbekam!).
Morgens aufwachen und feststellen, dass das linke Bein, der linke Arm und die linke „Tipphand“ teilweise gelähmt sind – dieses ziemlich schreckliche Erlebnis, das ab einem gewissen Alter jeden treffen kann, hat Ulinne als Einstieg in ein eigenes Blog zum Thema Schlaganfall gewählt. Unter „Aktuelles“ liest man dann alle Details: CT, MRT, Medikamente, Arzt- und Krankenhaus-Erlebnisse bis hin zu den Kosten (ich frag mich, warum sie soviel selbst bezahlen muss) und hin zum letzten Zahnarztbesuch.
Es ist nicht das erste Blog über Krankheitserfahrungen, das mich beeindruckt. Und das – für mich als Viel-Bloggerin – auch immer die Frage aufwirft: Will ich das auch?
Gute Gründe gäbe es durchaus. Ich bin ja eher medizin-kritisch eingestellt und meide Ärzte, so lange es geht. Wenn es dann doch mal sein muss, mache ich fast regelmäßig die Erfahrung, dass bezüglich chronischer „Zipperlein“ (wie etwa meine „Nervenwurzelreizung“ im Rücken, die mir längeres Laufen verunmöglicht) die Ärzte nichts machen können, was wirklich hilft. Wäre es da nicht das Mittel der Wahl, mich wenigstens im Web umfangreich mit Mitbetroffenen auszutauschen?
Punktuell hab‘ ich hier im Digital Diary durchaus mal über so etwas geschrieben – z.B. über den „allergischen Schnupfen“, der mich vor Jahren so plagte. Eher eine Marginalie also. Es gäbe eindrücklichere und für mich wichtigere Themen, vor deren Ausbreitung in meiner Bloglandschaft ich mich aber scheue. Warum?
Mal locker aufgelistet, was mir dazu in den Kopf kommt:
- Immer schon fand ich es an älteren und alten Menschen nervig, wenn sie immer mehr und immer ausschließlicher von ihren Krankheiten erzählen. So will ich nicht werden, also halte ich besser die schreiberische Klappe!
- Ich verweigere auch selber die Konzentration auf meine „Zipperlein“, denn mein Leben soll nicht um Krankheiten kreisen: Was ich ernte, habe ich durch meinen Lebensstil (z.B. viel zu viel vor Monitoren sitzen) gesäht – und da ich mit meinem Leben zufrieden bin, hadere ich nicht, sondern nehme die Folgen möglichst gleichmütig hin. Und konzentriere mich lieber auf das, was mir Freude macht – wie immer schon…
- Ich will nicht abgestempelt werden: aha, das ist die mit dem Schlaganfall (=nur Beispiel!)… oder so. Schnell ist man in irgendwelchen Schubladen und wird fortan auch so behandelt. Zumindest ist das meine Angst.
Andrerseits: wenn es mich richtig heftig treffen würde, also z.B. Schlaganfall oder Netzhautablösung – das könnte ich im Digital Diary vermutlich nicht verschweigen. Denn hier schreibe ich, was mich bewegt. Und müsste es ganz lassen, wenn ich das bei solchen Groß-Erlebnissen nicht mehr täte.
Wie seht Ihr das? Lest Ihr solche Geschichten gerne oder lieber nicht? Und: würdet ihr selbst über eure Krankheiten schreiben? Tut es vielleicht sogar schon und habt etwas zu berichten?
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16 Kommentare zu „Postprivacy: Über Krankheiten schreiben?“.