Keine zusammenfassende und bewertende Rückschau, keine Wunschliste 2012, nicht mal die üblichen Weihnachts- und Neujahrsgrüße mit Postkartenmotiv – verdammt, was ist nur mit mir los?
Fast neidisch lese ich beeindruckende Jahreswechselreden z.B. von Thinkabout oder TheIntelligence, doch wollen sich meine Gedanken einfach nicht zu einem entsprechenden Posting verdichten. Der vorherrschende Eindruck ist Unübersichtlichkeit, ein Gefühl des Unvermögens. Ich quelle oft über vor Ideen und Schreibvorhaben, doch hapert es dann an der Umsetzung. Allzu schnell kommen die Gedanken vom Hölzchen aufs Stöckchen, alles ist ja „irgendwie“ mit allem verbunden. Die gebotene Kürze eines Blogbeitrags war sowieso niemals ausreichend, einem Thema wirklich gerecht zu werden, und sie wird immer kürzer, denn wer will schon noch lange Texte lesen?
Im bald 13. Jahr des Digital Diarys stellt sich erneut die Sinnfrage: Blogs, die nicht zu themenzentrierten Medien werden, passen nicht mehr so richtig in die Zeit. Ein „Gemischtwarenladen“ ist nicht das, was Suchmaschinen mögen und so hat auch dieses Blog in 2011 Leser verloren. Dafür hab‘ ich die Ende 2010 gestarteten Themenblogs unverbissen-vegetarisch und Kunst des Alterns weiter auf- und ausgebaut – von „professionell betrieben“ sind sie dennoch weit entfernt. Diese Themen machen eben nur einen kleinen Teil MEINES Lebens aus. Mich allein zum Zweck möglichen Geldverdienens mehr als diesem Anteil entsprechend auf sie zu konzentrieren, gelingt mir nicht. Weil ich es nicht wirklich will, solange ich nicht muss.
Ein Teil von mir verweigert sich so immer schon der Kommerzialisierung in Gestalt 100%iger Professionalisierung. Gerne arbeite ich an Problemlösungen mit, doch beginne ich zu leiden, wenn das konkrete Tun nurmehr aus Pflicht geschieht, gar allein des Geldes bzw. der möglicherweise zu erringenden „Sicherheit“ wegen. In der Einzelbetrachtung erscheint das – bzw. dass ich dieses Leiden weitgehend vermeide – als Nachteil. In der Gesamtschau ist es vielleicht gerade das, was mich davor schützt, mich selbst als auch das große Ganze (wieder mal) komplett zu vergessen.
So starte ich das neue Jahr in einem gewissen Frieden mit meinem SoSein. Gar nicht zufrieden bin ich jedoch mit dem Zustand der Welt, mit den sich zuspitzenden Mega-Problemen und der bisherigen Art, wie wir alle damit umgehen. „Das System“ geht sichtbarlich an seinen eigenen Widersprüchen zu Grunde, doch befinden wir uns uns in der blöden Lage, eine mehrheitlich wünschbare, konkrete (!) Alternative noch nicht einmal denken zu können. Als Bürger eines Noch-Nutznießer-Staats haben wir zudem viel zu verlieren, es drohen Vermögens- und Einkommensverluste, aber auch der Abbau von Sozialleistungen. Globale Fortschritte in Richtung einer gerechteren Verteilung würden uns schmerzlich treffen, es wundert also nicht, wenn der wahre Neujahrswunsch vieler lautet: es soll möglichst alles so bleiben, wie es ist!
Denn auch nolens volens sind wir Teil des Systems, indem wir fast alle Bereiche des Lebens dem Markt überlassen haben. Wir kooperieren nicht mehr für unser Glück, sondern konkurrieren mittels immer mehr Waren und Dienstleistungen um die „bessere Lösung“ bzw. den nächsten Kauf-Klick. Ein „System“, das in einer Welt unbegrenzter Ressourcen und unendlicher Siedlungsgebiete materiell vielleicht „ewig“ funktionieren könnte – auf unserem, von Jahr zu Jahr immer kleiner erscheinenden, schon weidlich ausgenommenen und verschmutzten Planeten ist es allerdings hochgradig absurd.
Dass darüber im „Krisendiskurs“ nicht mal geredet wird, zeigt allein schon, wie weit entfernt wir von einer anderen Idee sind. Wie „frei“ dürfen Märkte noch sein, wenn man das „Raumschiff Erde“ wirklich als solches begreift?
2012 – das Jahr, in dem die Welt doch nicht unter geht, beginnt. Hoffnung machen die massiv erweiterten Möglichkeiten der vielen, mit den vielen ins Gespräch zu kommen. Direktere Demokratie, Transparenz und Teilhabe: die „piratischen“ Forderungen sind einerseits „alter Wein in neuen Schläuchen“, andrerseits ist das Potenzial des Netzes, bzw. der „neuen Schläuche“ tatsächlich gigantisch!
Bevor ich nun wieder ausufere, mach‘ ich hier lieber Schluss:
Auf ein spannendes 2012! Möge die Macht mit uns sein! :-)
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12 Kommentare zu „Kein ordentlicher Jahreswechsel-Text“.