Nun steht es also fest: Am 13. Februar 2008 fliege ich wieder nach Kambodscha – mit demselben Liebsten an meiner Seite wie vor zwei Jahren, auch unser Gastgeber wird derselbe sein – ich freu‘ mich riesig! (Obwohl auch die „Angst vorm Fliegen“ sich wieder meldet, doch das hab‘ ich letztes Mal ja auch gut überstanden).
In Siem Reap werde ich dieses Mal mein Patenkind Khim Ponlen besuchen, das im House of Peace zur Schule geht: ein Projekt der Deutsch-Kambodschanischen Gesellschaft, die diese Patenschaften in kleinem Rahmen vermittelt. Nach meiner Rückkehr im März 2006 war ich so berührt und begeistert von diesem Land und den Menschen dort, dass ich mich entschloss, lieber den sprichwörtlichen „Tropfen auf den heißen Stein“ beizutragen, anstatt wieder im Lamentieren über all das, was dort getan werden könnte / sollte / müsste, stecken zu bleiben.
Deutsche (Miss-)Stimmungen
In der Ferne erkennt man das eigene besser: Nie zuvor war mir derart heftig aufgefallen, wie fröhlich und gut gelaunt Menschen sein können, obwohl ihre Lebensbedingungen – mit unseren Augen betrachtet – hart, stressig und ärmlich sind. Dabei LIEBEN sie ihr Land aus ganzem Herzen, was angesichts des üblichen Sumpfs aus Korruption, Willkür, Selbst-Bereicherung herrschender Gruppen und Kriegs-Altlasten kaum zu verstehen ist. Und es ist kein bloß pflichtschuldig vorgezeigter Patriotismus: Kambodschaner, die mitbekommen haben, dass wir nicht bloß die übliche Angkor-Wat-Besichtigung unternahmen, sondern mehrere Wochen im Land bleiben, waren schwer begeistert, die Hausdame unseres Gastgebers umarmte mich mit Tränen in den Augen.
Zurück in Deutschland stieß mir die allgemeine Miesepetrigkeit meiner Landsleute schwer auf. Vergleichsweise wie die Maden im Speck lebend, dominiert auf nahezu allen Ebenen das Jammern und Schimpfen: man beklagt die Verhältnisse, beschimpft „die Herrschenden“, sieht überall die Haare in der Suppe, trägt Bedenken gegenüber quasi jeder positiven Initiative, suhlt sich im Zynismus der vermeintlich Machtlosen – und wenn mal die Sonne scheint, fragt man sich, wie lange das wohl anhält, denn ganz gewiss kommt ja schon bald wieder schlechtes Wetter!
Ich bin selbst keinesfalls frei von diesem „Nationalcharakter“. Auf die Dauer würde mir z.B. das ewige „gut drauf sein“ der Amerikaner auf den Senkel gehen, die Fröhlichkeit der Kambodschaner trotz aller Widrigkeiten käme mir „irgendwie falsch“ und oberflächlich vor. Allenfalls für Italiener wirkt GUTE LAUNE als Grundhaltung passend, denn „bella Italia“ mit seinen kulturellen, landschaftlichen und kulinarischen Vorzügen kennen wir seit den 60gern als Ort des guten Lebens: da singt man „o sole mio“, tröpfelt den teuersten Aceto Balsamico auf kurz blanchiertes Gemüse und alles ist gut!
Warum eigentlich so sesshaft?
Angesichts so eines Reisevorhabens wird mir wieder einmal bewusst, dass mich nichts mehr zwingt, an einem bestimmten physischen Ort zu verweilen. Meine Publikationen kann ich von überall aus weiter führen, wo es Zugang zum Netz gibt. Auch meinen Webdesign-Kunden ist es egal, ob ich ihre Seiten von Berlin, Phnom Pen oder Hintertupfingen aus betreue. Was hält mich also hier? Warum nicht zumindest zeitweise an anderen Orten leben und arbeiten? Mittlerweile reicht der regelmäßige Teil meines Einkommens aus, um die Berliner Festkosten zu decken – und die restlichen Lebenshaltungskosten sind ja vielerorts weit geringer als hier.
Es ist wohl vor allem Trägheit, Angst vor der Fremde und die Tatsache, dass ich nie eine „Urlauberin“ war, die regelmäßig darüber nachdenkt, wohin man als nächstes reisen könnte. Ich muss DORT auch etwas zu tun haben, einen realen Anknüpfungspunkt über bloßes touristisches Sightseeing hinaus finden, eben so, wie es sich für Kambodscha aus einer Mailfreundschaft ergeben hat.
Die nächste Reise wird übrigens ein wenig länger sein als die letzte. Mitte März werden wir in den kühleren Norden Vietnams wechseln, denn dann wird es in Kambodscha richtig unangenehm heiß. Ich freue mich auch drauf, eine liebe Bekannte wieder zu sehen, deren Phnom Penh Tagebuch ich immer gerne mitlese!
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