Wenn ich morgens den PC einschalte, lasse ich mich gerne in die unendlichen Weiten des Webs entführen: andere Blogs lesen, in ein Forum schauen, Überschriften im Feedreader ansehen, vielleicht sogar mal ein Newsportal überfliegen – der Sog der Zerstreuung ist gewaltig und je mehr ich mich ihm überlasse, desto größer wird der Kraftakt, sich wieder davon frei zu machen, um „richtig zu arbeiten“.
Wer eine kreative Arbeit auf dem Tagesplan hat, tut gut daran, solche Surftouren auf den Nachmittag oder Abend zu verschieben, denn zuviel Input verhindert logischerweise den Output: ein zerstreuter Geist kann sich schlecht auf eigene, von innen kommende Impulse konzentrieren. Ich weiß es, weiß es schon lange, doch immer wieder folge ich dem Sog.
Wenn es gut läuft, finde ich Ruhepunkte, kleine Inseln im Meer der Beliebigkeit, wo ich mich gerne aufhalte und auch mal etwas kommentiere. Oder ich begegne Themen, die mich ansprechen und zu eigenen Artikeln inspirieren – wie neulich das Blogprojekt zum „Welt verbessern“ oder die plötzlich vielerorts aufgetauchte Idee, mit dem Bloggen aufzuhören.
Angesichts der Endlichkeit des Lebens werden jedoch die meisten Themen und Beschäftigungen belanglos – ich begegne dieser Endlichkeit bei Ulla, die sich noch einmal aus dem Hospiz gemeldet hat. „Ich durchlebe die Zeit sehr ängstlich, will nach wie vor nicht sterben, werde aber täglich weniger, verliere unaufhaltsam an Gewicht.“ schreibt sie und binnen kürzester Zeit sind da 25 Kommentare, Grüße, liebevolle Gedanken und spirituelle Ermunterungen. Wie es wohl sein wird, wenn es bei mir soweit ist? Werde ich NETZZUGANG haben? Das ist tatsächlich der erste Gedanke, der mir dann immer kommt! Und anstatt ihn als ziemlich verrückt abzutun, wünsche ich mir ein „Menschenrecht auf Netzzugang bis zum letzten Atemzug“. Mal schauen, was mir dann noch so wichtig ist, dass ich es mitteilen will!
Eine weitere „ruhige Insel“, die ich gerne aufsuche, ist Bernds Yoga-Blog „Im Alltag leben“. Seinen Artikel zur Yogalehrer-Ausbildung empfehle ich allen, die mich gelegentlich fragen, wie sie einen Lehrer auswählen sollen. Würde ich in seiner Nähe wohnen, würde ich Bernds Yoga-Stunden besuchen, denn sein meditativer Ansatz ist genau das, was ich selbst als „richtigen Yoga“ empfinde und auch lange erlebt habe – mal im Unterschied zum heute boomenden „Gymnastik-Yoga“ der Fitness-Center.
Um ein bewussteres Leben kreist auch „Einschau“, wo mich heute ein Beitrag über die Gefühle bei einem Klassentreffen zu einem langen Kommentar inspirierte. Smalltalkende Gruppen sind etwas, dem ich mich auch kaum mehr aussetze – vielleicht, weil mit zunehmendem Alter ein stärkeres Gefühl für die Begrenztheit der Zeit die Verschwendung derselben immer unerträglicher macht? Oder werde ich langsam „inkompatibel“ und muss mich sorgen, nicht zur innerlich verknöcherten Alten zu werden, die es nicht mehr fertig bringt, „einfach so“ zusammen fröhlich zu sein?
Manche Veranstaltung zeigt mir dann zum Glück das Gegenteil: Beim 13.Erotischen Salon, den ich am Donnerstag aufsuchte, fühlte ich mich rundum wohl. Enno und Silke schaffen es immer wieder, in ihrer „Life-Talkshow für Neugierige“ kreative Erotik statt Schmuddelsex zu präsentieren – auf sehr unterhaltende und inspirierende Art! Mit nachhause nahm ich neue Ideen für kommende Artikel im Lustgespinst: Ende Oktober gibt es ein „alternatives Pornofilmfestival“ in Berlin, dessen Beiträge zu 30% (!) von Frauen stammen. Das guck ich mir glatt an und bin gespannt!
Ganz entgegen den Abläufen in der Natur scheint der Draht zum Erotischen beim Menschen im Herbst eher zuzunehmen: der nächste Schreibimpulse-Kurs „Erotisch schreiben“ wird tatsächlich stattfinden, während ich ihn im Frühling schon mal mangels genug Teilnehmer/innen absetzen musste (wer mag, kann sich noch anmelden).
Wer zum Schluss dieser kleinen Rundschau nicht mehr weiter surfen mag, nehme nun diesen Link – wo kann man im Netz schon so schön allein sein?
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3 Kommentare zu „Berührungspunkte im Netz – ein Blitzlicht“.