Menü + FAQ + Briefe + Foto + Statistik + Forum + Kontakt? + mehr...
 
 
Das Neüste steht zu oberst - ein RELOAD bringt Dir die aktuelle Version. Außenlinks öffnen ein zweites Browserfenster, manchmal, manchmal auch nicht.

Leserbriefe

 
zu: 08:12:99 Im grünen Bereich...

hi, gelangweilte goettin
:)
 
Was sind eigentlich die Ereignisse unserer Tage?
Erlebte Erinnerung? Wiedergefundene Antworten auf Fragen, die wir nie zu stellen wagten und deren Inhalt der Gattung Mensch doch schon immer klar vor Augen stand?
 
Das Leben ist eine Baustelle, keine Frage. Manchmal haben wir Kontakt zum Bauleiter, manchmal verstehen wir nicht mal die simpelsten Striche auf der Montagezeichnung. In solchen Zeiten ist es möglicherweise angebracht, sich auf die einfachsten Dinge seiner selbst zurückzunehmen und dem Tagestrubel gelassen zuzusehen.
 
Unser menschgemachtes Spiel ist so reichlich mit Überaschungen bestückt, so widersinnig und doch so vorwärtsgerichtet, daß es mich eigentlich wundert, wie Langeweile am Sein auch nur die geringste Chance hat.
 
Es ist wie im Schach: Einzelne Spielzüge werden hundertfach wiederholt, im Partieverlauf sind die Ergebnisse jedoch niemals die selben. Das ist es, was das Spiel der Könige so unendlich vielseitig macht. Es (das Spiel) lebt von der 'Interaktion' der jeweiligen Spieler. Von der stetigen Kommunikation, dem friedlichen Wettstreit der Ideen und nicht zuletzt von der jederzeitigen Möglichkeit, das Spiel durch einen einzigen, unbedachten Zug zu verlieren.
 
Auch Lange Weile ist Bestandteil im Bauplan unserer Baustellen. Sie zu umschiffen, die Untiefen in der Fahrrinne zu erkennen und die gefährlichsten Riffe zu vermeiden, diese eventuell mit Bojen für andere Fahrensleute zu markieren, kann eine Variante unserer Aufgaben sein, wer weiss das schon? :)
 
So schippern wir durch das unendliche Meer unserer Möglichkeiten, lassen gelegentlich das Nebelhorn ertönen und sollten froh darüber sein, immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel zu haben.
 
Der Preis für unsere Reise quer durch die Geheimnisse des Alltags ist eben jene Erkenntnis, selbst ständig der Motor unseres Lebens zu sein (gelegentliches Stottern inbegriffen). Ebenso, wie vor langer Zeit behauptet wurde, es sei schon alles geschrieben und durchlebt, steht doch jedem offen, jenes "alles" für sich selbst als 'neu' zu erleben? Nur Götter, sehr betagte Götter, dürften damit gelangweilt sein. Wir Zweibeinigen, ausgestattet mit Verstand, Herz und zehn Fingern an zwei Händen, leben zu kurz um 'wirklich alles' mitzubekommen. Und das ist gut so, sonst hätten wir wirklich Grund zur Langeweile.
 
Grüße aus Salzgitter
Ingo
 

 
zu: 08:12:99 Im grünen Bereich...

Hallo, Claudia,
 
wie Du heute in Deinem diary schreibst, hast Du das Prinzip, wie Erfolg funktioniert, offenbar schon zum xten Male wiederholt und erlebt: Der Erfolg folgt auf die entsprechende Leistung, ist die notwendige Folge einer bestimmten Leistung, so das dies im Moment keine Motivation in Dir auslöst. Zumindest ist der Überraschungseffekt des Neuen, nämlich zu erleben, wie bzw. dass das funktioniert, bei Dir im Moment nicht mehr da. Offenbar ist das Interessante daran, herauszubekommen, ob dieses Prinzip bei einem selbst funktioniert, was bei Anderen auch eingetreten ist, und wenn es dann ein paar Mal geklappt hat, ist es schon langweilig. Ich glaub schon, dass einem das den Boden unter den Füßen wegzieht, vor allem, wenn man sich angewöhnt hat, sein Selbstwertgefühl vorrangig an der eigenen Leistung und den erlebten Feedbacks festzumachen.
 

"...Doch irgendwann wird das ganze Spiel transparent: tue ich dies, dann geschieht das.... da ist gar kein Geheimnis!"

Die Langeweile, die sich daraufhin einstellen kann, ist allerdings auch ein interessantes Untersuchungsfeld. Sie ist im gewissen Sinne ein kreativer Zustand, weil man beobachten kann, was jetzt wieder mit einem passiert. Zum einen signalisiert sie, dass ein Zustand des Gleichgewichts, der Befriedigung und Ordnung eingetreten ist. Zum anderen entsteht die Frage: Was tritt nun als Motor an die Stelle dessen, was Dich vor dieser Erkenntnis angetrieben hat? Sich diesem Phaenomen aussetzen, einfach abwarten, beobachten und analysieren: Ein Luxus, dass alles im gruenen Bereich ist!
 
Was uns antreibt, uns motiviert, sind in letzter Konsequenz unsere unbefriedigten Bedürfnisse, wenn wir es auch oft eher mit anderen Worten umschreiben. Nach dem amerikanischen Psychologen Abraham Maslow sind diese unser Antrieb und Motor, und indem wir uns auf der "Bedürfnispyramide" nach oben leben oder ausleben (ohne eine Stufe auslassen zu können, das klappt nicht), entwickeln wir uns. Irgendwann ist etwas "abgegessen", im tiefsten Innern ausgelebt und dann folgt etwas Neues.
 
Unter unerfüllten Grundbedürfnissen, was bei ihm die Basis der Bedürfnispyramide darstellt, (bekannterweise vor allem im Osten Deutschlands auch von Karl Marx formuliert: Man kann erst dem Bedürfnis zur Arbeit folgen, wenn der Bauch satt ist) dürfte hierzulande wohl kaum einer leiden (rein theoretisch natürlich, ich weiss von meiner Zeit als Krankenschwester, dass es totzdem oder gerade in der Zivilisationsgesellsachaft paradoxerweise viele Defizite gibt), also können wir alle ziemlich ungestört von unausgelebten Trieben an unserer Selbstverwirklichung arbeiten. Diese ist ja schon das Spannendste, was man sich vorstellen kann. Herauszufinden, was man werden muss, ob Sockenverkäufer oder Kunstmaler oder was, um man selbst und glücklich zu sein.
 

"Musiker müssen Musik machen, Künstler malen, Dichter schreiben, wenn sie sich letztlich in Frieden mit sich selbst befinden wollen. Was ein Mensch sein kann, muß er sein." abraham maslow

Die Bücher von Abraham Maslow "Motivation und Persönlichkeit" und "Psychologie des Seins" haben mir viele Antworten auf diesem Gebiet gegeben. So direkt formuliert hatte ich über die Ursachen menschlichen Handelns zuvor noch nie gelesen, wenn auch in meiner Tätigkeit in der Krankenpflege vieles Zusammenhänge aber schon beobachtet. Man lernt doch gerade bei Alten oder Menschen an Grenzen, auch Grenzen des Lebens, wie das Leben funktioniert, was existentiell ist.
 
Interessant fand ich vor allem, dass Maslow seine psychologischen Studien nicht an Patienten, also psychisch Kranken, gemacht hat (wie die meisten Psychologen), sondern an gesunden, erfolgreichen, selbstverwirklichten Menschen.
 
Vielleicht arbeitest Du Dich jetzt bereits an den kleinen oberen Kegel der Pyramide vor. Es müßten dann solche Sachen folgen wie das Bedürfnis nach Mystik und Transzendenz. ;-)) So suchst Du doch, wie Du schreibst, jetzt schon nach neuen Geheimnissen. Sollten das die ersten Anzeichen dafür sein, dass Du die Selbstverwirklichung bereits ausgelebt hast???
 
Wie auch immer, Langeweile ist kreativ!
 
Dies meint Christiane.
http://www.hal-screen.de
 

 
zu: 20.11. Suchen Sie doch weiter!...

Hi Claudia,
die freundliche Bemerkung:

Sehr geehrte Frau Klinger, hier empfehlen wir Ihnen, einfach weiterzusuchen. Mit freundlichen Grüßen

will ich dir mit der Unternehmensphilosophie der "gefunden-habenden" Macher dahinter, eine Aktiengesellschaft (oder soll "ag" arbeitsgemeinschaft heissen? 310K sind nicht soviel, angesichts der sonstigen, am Wirtschaftsleben der Firma Germony beteiligten Unternehmen :) mit DM 310 000.-- Gesellschaftskapital, erweitern:

<zitat> "Nur zehn Jahre nach der Schaffung des World Wide Web durch den Physiker Tim Berners-Lee und fünf Jahre, nachdem Netscape-Gründer Marc Andreessen mit der Software „Mosaic" das Netz für jedermann öffnete, verändert das Internet die Art des Wirtschaftens auf radikale Weise."
 
„E-Business wird zur Massenbewegung".

„Die Konkurrenz im Internet ist nur zwei Mausklicks entfernt."
 
Für viele Firmen bietet der kreative Einsatz von E-Commerce Aktivitäten eine Riesenchance. Nur noch wenige Unternehmen zögern, wenn es um den Einstieg ins Internet-Geschäft geht. Vielen ist die praktischen Einsatzmöglichkeiten des neuen Mediums klar geworden. Die german networker Multimedia AG erarbeitet Konzepte, mit denen zukunftsorientierte Unternehmer die Möglichkeit bekommen, im Rahmen bestehender oder noch zu definierender Gemeinschaften mit gleichen Interessen und gleicher Zielgruppenansprache, E-Commerce zu betreiben. Wobei selbst kleinere Unternehmen ihren Weg zur virtuellen Erweiterung des Kundenkreises zügig und kostengünstig organisieren können.
 
Die Geschäftsleitung

</zitat>

Der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Du bemängelst einen miesen Suchmaschinenalgorithmus; ("Trueffel" ergibt "olive"+ "wein") und erhälts ein schnippisches: gehn 'se doch "ruüber".

Möglicherweise sind die "nur noch wenigen Firmen", die sich noch nicht am E-commerce Beteiligen nicht zukunfts- sondern Verbraucher-orientiert. Vorgestern war ich beispielsweise in einem kleinen Obst+Gemüseladen in der Hamburger Innenstadt. Besah mir die ausgestellten Angebote, roch den spezifischen Duft von Obst und Gewürzen, erfreute mich an der Unzahl der verfügbaren frischen Waren. Die Verkäuferin, kaum zu erkennen hinter den Stellagen, blinzelte mir freundlich zu und nahm den garnicht e-commerzigen zehnmarkschein. ich die Früchte. Dabei dachte ich mir, je älter ich werde, umso reaktionärer wird mein Kauf-verhalten.

Der Grund-tenor: "nur bares ist wares" hat einen gewissen Reiz, dem ich mich kaum noch entziehen kann. Keine Datenspur, keine Schufa-Abfrage, kein: "sorry, Karte wurde mangels (.begründung beliebig..) einbehalten"; nichts von all dem. Ware gegen bar. Handschlaggeschäft. Kein unternehmensphilosophisches konzeptorientiert kundenspezifisch zugeschnittenes Brimborium. Kein Zwischenhandelsgewinn von an der eigentlichen Leistung unbeteiligten Dienstleistern. "die Zukunft hat einen Namen: Internet"

es ist für mich eine feine Sache, das Internet. das eigentliche Problem jedoch: ich glaub nicht dran. ich glaube nicht an die ganzen Heilsversprechungen und segensreichen arbeitsplatzschaffend-orientierten Äusserungen der Beteiligten. Ich vermute, mit der "Zukunft", wie sie die Damen und Herren der e-commercials meinen, wird der ganze Wirklichkeitsunfug, der schon immer aus der Pandora-Streusandbüchse in die Augen der wenigen Arbeits-Dinosaurier gestreut wurde, nur um eine lustig blinkende Nuance erweitert.

Selbst die ansonsten auf dem Zukunftsauge eher blinden Finanzbehörden denken mittlerweile über Zugriffsrechte auf die MarketenderInnen-Online-Transaktionen nach. wäre ja auch noch schöner, sollte das Steuervieh mittels elegantem Umgehen der Melkmaschine via virtuellem Geldverkehr die Milch für Rüstungs-und andere Schweinereien verweigern.

Ist "e-commerce" eine "windows-ähnliche" Anwendung, deren Pferdefuss darin begründet ist, scheinbare Freiheit in der Anwendung keineswegs jedoch im Basisprogramm?

WER oder was ist dann "the billy (gates)", der/die sich daran dumm und dämlich verdient?

Ob sich dies Tim Berners-Lee oder Marc Andreesen alles so gedacht haben? Wohl kaum. Zukunft ist ein offenes Doppel-Tor, dessen Flügel wir nur an den Rändern wahrnehmen. Ständig stossen wir uns daran, Sand in den Augen und Trüffel vor der Nase. Mir scheint, die Trüffel sind an einem Stock, gerade etwas länger als unsere Reichweite, an einem Stirnband unserer Wahrnehmung befestigt, gedacht, Wege zu finden, die längst begangen wurden.

mit freundlichen Grüssen vom Land

ingo
:)



 
23.11. zu: "Innere Ruhe?"...

Hi Claudia,

ein Philosoph (Name ist mir momentan entfallen) brachte einmal ein Beispiel zum Thema Glück bzw. glücklich sein:

Ein Mann ist gestorben und kann nur noch künstlich am Leben erhalten werden. An seinem Kopf sind Elektroden befestigt, die eine Verbindung zum Gehirn herstellen und in ihm einen andauernden Zustand des Glücks erzeugen. Das ist die einzige Möglichkeit, ihn künstlich am Leben zu erhalten.

Der Arzt fragte den Freund des Verstorbenen, ob er mit dem Verstorbenen tauschen möchte. Dieser verneint.

Dieses Beispiel war einmal eine Aufgabe in einer Ethik-Klausur. Wir sollten uns in die Person, die am Bett steht, hineinver- setzen und unsere Entscheidung ("Ich will tauschen" oder "Ich will nicht tauschen") begründen.

Natürlich möchte ich nicht tauschen. Das Leben wäre todlangweilig, wenn es nur positiv und voller Glück wäre. Negative Momente/Erlebnisse gehören zum Leben einfach dazu. Und wer dies akzeptiert, der wird auch ein zufriedenes Leben führen können, denke ich.

Manchmal sind sogar negative Erlebnisse viel besser als die positiven. Oftmals kann man aus den negativen Momenten viel mehr lernen, viel mehr Erfahrung daraus ziehen.

Was wäre ein Leben als Selbständiger voller Webaufträge, die "in einem Rutsch" abgearbeitet werden können, ohne den kleinsten Zwischenfall. Würde da nicht die Routine einkehren? Und wie bei allen Dingen, in denen Routine einkehrt, empfinden wir diese Dinge nicht mehr so intensiv, als wenn sie im Kern zwar gleich oder ähnlich wären, insgesamt jedoch variieren.

Ist es nicht gerade spannend, einen Auftraggeber zu haben, der nicht nur abnickt, wenn man ihm Vorschläge zum laufenden Projekt macht, sondern aktiv mitarbeitet, einen konstruktiv kritisiert und so den Auftrag "lebendiger" gestaltet?

Ich meine: ein Leben, das wie in einer Achterbahn Höhen und Tiefen beinhaltet, ist ein erfülltes Leben.

In diesem Sinne,

Björn


 
20.11. Suchen Sie doch weiter: das Trüffelproblem...

Hallo Claudia,
 
interessant wie solche Themen eskalieren können.
Mal ein schneller Mausklick und Du findest nicht gleich die gesuchten Trüffel, sondern 3 Sachen die vermeintlich nichts mit dem Thema zu tun haben (Olivenöl, etc..). Du möchtest schnell die Info weitergeben, es wird aber erst mal dieser Datenstriptease von Dir verlangt. Du wirst aggressiv und antwortest ein wenig pampig das_geht_sie_nichts_an, um die eigentliche Info bei SONSTIGES mitzuteilen. Die Antwort kommt dann relativ schnell (und scheinbar ebenso pampig): Wir empfehlen Ihnen: Einfach weitersuchen. Dann, weil offensichtlich verletzt, als "kleines Machtmittel" ins Diary. Außer Frage: Der Datenstriptease ist hier fehl am Platz. Vermutlich hätte ich versucht, in dem Quelltext kurz nach der email Adresse zu schauen, um dann eine e-mail ohne das Formular abzusenden. Oder einen weniger aggressiven Spruch "egal" ... "hier_nicht_relevant" in den Formularfeldern angegeben. In dem Feld Sonstiges hätte ich auf die vermeintlich nicht relevanten Such-Antworten und auf den ungerechtfertigten Datenstriptease hingewiesen.
 
Wenn mann die (ebenso kanappe, pampige) Antwort der Dame ohne jede Vorverurteilung anschaut (einfach weitersuchen...) und sich die Produktzusammensetzung der 3 gefundenen Produkte (durch Klick auf die Überschrift) herholt, wird festzustellen sein: In allen 3 gefundenen Produkten ist das Wort Trüffel enthalten.
 
Warum nicht einfach (zumindest im Erstkontakt) den Trüffelmenschen beste Absichten unterstellen und freundlich auf die gefundenen Probleme (wie ungeschickt dargestelltes Suchergebnis und Datenstriptease) hinweisen?
 
Das Thema Trüffel oder Schneckenzaun ist aber hier nicht das Thema. Mir fällt etwas anderes auf. Du lebst in einer wunderschönen Umgebung, hast eine wunderschöne Schreibe, machst tolle WEB-Seiten und hast im Augenblick keinen Auftragsstreß. Warum also solche KLICK-Hektik und Aggressivität? Früher Hektik in Berlin, jetzt im Internet? Wo ist Deine innere Ruhe?
 
Beste Grüße aus Berlin
 
Ottmar
 
 
16.11. Sterben & Gesellschaft...

Hallo Claudia,

obwohl ich im Moment mit wesentlich flacheren Themen beschäftigt bin, möchte ich doch schnell eine Bemerkung loswerden.

Ich glaube, dass die Frage "Wie werde ich sterben?" ohne den gesellschaftlichen Hintergrund gar nicht beantwortet werden kann. Wobei ich bitte, das Wort "gesellschaftlich" mal ganz weit zu verstehen. Die Chance, in einem Hinterzimmer eines Krankenhauses allein zu sterben, ist heute, da sich alle vom Sterbenden abwenden, ziemlich groß. Das war nicht immer so und wird vielleicht auch nicht immer so bleiben.
 
Ob man Einfluss auf sein eigenes Sterben nehmen kann, weiß ich nicht: in der "Reise nach Jerusalem" habe ich zu dieser Frage die Ironie des Schicksals auftreten lassen. Generell bin ich der Ansicht, dass die Art, wie üblicherweise gestorben wird, uns allen einen Spiegel vorhält. In einer individualistischen Gesellschaft hilft wohl nur noch die Gründung einer Selbsthilfegruppe, die "Anonymen Sterbenden". Dies alles zeigt aber, dass das Sterben ein emminent gesellschaftlicher Vorgang ist und es z.Z. eben gesellschaftliche Übereinkunft ist, diesen Vorgang hinter verschlossenen Türen außerhalb der Gesellschaft stattfinden zu lassen. Welche Auswirkung das auf den Sterbenden hat, ist schwer zu sagen, für die Nach- und Mitwelt ist es eine Verarmung. Ich glaube sogar Verarmung an einer Urerfahrung, die ursprünglich vielleicht Gemeinschaft überhaupt erst gestiftet hat. Aber das driftet schon wieder ins Allgemeine ab.
 
Du hast schon recht, das *Dranbleiben* an dieser Frage ist die wirkliche Herausforderung und die Leiter, auf der wir geistig, intellektuell und sozial nach oben steigen.
 
Ciao!
juh
 
-- Gerade ein Konstruktivist, der die sog. Realität fuer subjektiv konstruiert haelt, muss auf einem verbindlichen normativen Kontext bestehen, und der wäre hier: Krieg als Mittel der Politik war immer und ist ein Unding! (W.H. in der Mailingliste PhilWeb)
 

 
15.11. death on demand?...

Liebe Claudia, zu einer durchargumentierten Auseinandersetzung mit dem Thema DOD (death on demand) fehlt mir heute die Muße. Aber ich möchte die Hauptlinien meines Widerspruchs skizzieren.
 
Im Zentrum steht dabei der Gedanke der Verfügbarkeit des menschlichen Lebens. Ich möchte natürlich dem einzelnen alle Freiheit lassen, die er ohnehin faktisch hat - aber ich möchte den Staat da raushalten. Keine Todesstrafe. Keine Euthanasie, keine angeordnete Tötung/Zwangsabtreibung "lebensunwerten" Lebens. Das Leben des Individuums ist gesellschaftlich nicht verfügbar. Noch nicht einmal durch die explizite Eröffnung eines Freiraumes, der faktisch ja ohnehin besteht.
 
An zweiter Stelle steht ein tiefes Mißtrauen gegenüber dem medizinisch industriellen Komplex. Die Leute, die immer hinter den frischen Ersatzteilen her sind, treiben ohnehin ein schändliches Spiel mit der Definition des Todes, den zu enteignen sie sich entschlossen haben. Natürlich werden sie bei einer großzügigen Regelung für DOD nicht gleich annoncieren: "Ihre Schulden lassen Ihnen keinen anderen Ausweg? Dann tun Sie wenigstens was für einen Schwerkranken und Ihre Familie. Telefon...." Aber sie werden sich schon etwas einfallen lassen, das dem nahe kommt. Das Verwertungsinteresse greift nach allem, was sich verwerten läßt.
 
Tatsächlich fehlt die Kategorie des Interesses in Deinen Überlegungen ganz. Das spricht für Dich als Mensch, aber nicht als politische Beobachterin. Ich sehe da nicht nur kommerzielle Interessen am Werk. Ich sehe ein "großes" gesellschaftliches Interesse, den Widerspruch aufzulösen, daß heute immer mehr Menschen ein Alter erreichen, in dem Lebenserhaltung zwar möglich, aber sehr kostspielig ist - und den begrenzten Mitteln, die dafür zur Verfügung stehen bzw. gestellt werden. Ich kann mir schon vorstellen, wie sich angesichts von Soziallasten bedrückten jungen Leuten ein gesellschaftliches Klima ausbreitet, das allzulanges Leben spürbar mißbilligt.
 
Wie im Großen, so auch im Kleinen. Alte und Gebrechliche stören ja nicht nur die Bilanz des Gesundheitswesens, sie belasten auch Familien und strapazieren die Geduld von Erbberechtigten. Schon sollen, was ich jetzt nicht belegen kann, zu Beginn der großen Urlaubssaison nicht nur geliebte vierbeinige Mitbewohner, sondern auch der eine oder andere tattrige Opa an einer Autobahnhaltestelle "vergessen" worden sein. Man muß ja nicht so weit gehen. Es reicht sicher, daß man ihm, wenn in der Nachbarstadt eine freundliche Klinik die Pforten öffnet, das des öfteren unter die Nase reibt, wenn ihm die Kreuzschmerzen gerade wieder so schrecklich zusetzen.
 
Ich traue dieser Gesellschaft nicht zu, mit DOD so umgehen zu können, wie Du es dir wünschst und für Dich sehr wahrscheinlich auch könntest.
 
Liebe Grüße
 
Michael
 

 
15.11. finaler Mausklick, Ingos Antwort auf Björn...

Hallo Bjoern, hallo Claudia,

heikle Dinge entstehen nur dann, wenn Grenzen gesteckt sind. Mir ist klar, dass die gesellschaftliche Freigabe eines "finalen Mausclics" erhebliche Bedenken in wacheren Geistern hervorrufen muss. Ich bin mir sicher, es lebten und leben wachere Denker, die mit diesen Lebensformalen Angelegenheiten ihren Lebensunterhalt einträglich bestreiten. warum auch nicht, schliesslich leben wir in der schlechtesten, allerdings einzig funktionierenden aller denkbaren Gesellschaftsformen, der Demokratie.
 
Den ein wenig harschen Vorwurf des grenzenlosen Egoismusses muss und lasse ich mir gerne gefallen. Wo wäre unser vielgelobtes System, ohne diese Egomanen? Wobei mir nicht so recht einleuchtet, warum sich ein körperloses Mächtegefüge in die inneren Angelegenheiten eines lt. christlicher Überzeugungen frei gebohrenen Einzelnen derart einmischen darf und muss, dass diesem die Abstimmung per Fuss unmöglich gemacht wird.
 
Nimm an, ich als Einzelner spreche dieser Gesellschaft das Verwertungsrecht an meiner Arbeitskraft ab. Du wirst mich als unsoziales Element, als Störenfried einer gut geschmierten Maschinerie, eventuell auch als krassen, mit allen verfügbaren Mitteln zu verfolgenden Outlaw klassifizieren. Damit kann ich leben, da ich meine direkten, realen Lebensumstände wahrscheinlich klarer einschätzen kann, als "du" in deiner eigenen "heilen" Welt.
 
Mir liegt nichts mehr an Schlagwoertern wie "soziale Gerechtigkeit, gleiches Recht fuer alle" und all sowas. Es ist eine geschickt verpackte Mogelpackung, nichts mehr und nichts weniger. Der einzig massgebliche Vorteil ist, dass es funktioniert.
 
Mir ist klar, dass solche Bemerkungen leicht andere Überzeugungen in helle Aufregung versetzen koennen, nun, warum nicht? Wer bin ich, anzunehmen, "meine" Wahrheiten könnten mit denen von anderen übereinstimmen?
 
Ich halte mich an Regeln, die ich verstanden habe. Oktroierte Verschleierungen lehne ich zunächst schlichtweg ab. Darüberhinaus habe ich wohl vergessen, dass neben den von mir angesprochenen Rechten selbstverständlich auch die meist kleiner geschriebenen, allerdings umso nachhaltiger eingeforderten Pflichten ebenso zu den Regeln einer funktionierenden Gesellschaft gehören. Ich neige oft zu Verallgemeinerungen, polemischen Seitenhieben und -aus Platzgründen- starkt vereinfachten Darstellungen. Ein Fehler? Mag sein. Wir schreiben hier jedoch von einer "Gesellschaft"; Ordnung in derselben und Sichtweisen aus verschiedenen realen Gegebenheiten heraus. Dabei lassen sich Verkürzungen (meiner Meinung nach) nicht vermeiden.
 
Ich denke, es ist ein wesentlicher Vorteil der technischen Voraussetzungen, die uns unsere bisherige Entwicklung beschert hat, diese solange wie möglich auf alle erdenklichen Arten zu nutzen. Rechte können nur auf der Basis von Pflichten existieren, auch und nicht zuletzt auf der Pflicht zu überleben.
 
Möglicherweise ist die Vorstellung einer unbeschränkten, grenzenlosen Freiheit in einer friedlichen, globalen Wirtschaftsordnung ohne fehlerbehaftete Versuche in die ein oder andere Richtung eine "fabelhafte Utopie"; ich für meinen (an)Teil an diesem "etwas" nehme jedoch zur Zeit gern daran teil.
 
Grüße aus Salzgitter
ingo mack
 

 
14.11. finaler Mausklick, zu Ingos Brief...

Hallo Claudia,
hallo Ingo,
heute möchte ich einige Worte zu Ingos Brief schreiben. Es drehte sich um den "finalen mausclic". Ingo schreibt: "Erst die Freigabe aller persönlichen Rechte macht meiner Ansicht nach das Wesen eines wirklich demokratischen Staatsgefüges aus; [...]"
 
Dies beißt sich meiner Ansicht nach mit den Grundregeln einer Gesellschaftsordnung. Ingo möchte (zumindest habe ich das so verstanden) grenzenlosen Egoismus, die Freigabe aller persönlichen Rechte. Was aber, wenn durch diese Freigabe _deiner_ persönlichen Rechte die eines anderen Menschen verletzt werden? Wer hat nun ein *Recht* darauf, sein _persönliches_ Recht durchzusetzen? Wer soll dies entscheiden? Aus diesen Gründen gibt es, wie in jeder normalen Gesellschaft, gewisse Regeln an die man sich halten muß/sollte, um ein normales friedliches Leben, ein _Mit_einander zu ermöglichen.
 
Zum "finalen mausclic": ein heikles Thema. Ich übersehe einfach mal die leichte Polemik, die sich in Ingos Sätzen bezüglich des Steuerzahlers wiederspiegelt. Ich selbst sitze "zwischen den Stühlen" und kann mich nicht so recht für oder gegen den finalen click entscheiden; selbst nach unzähligen Gesprächen und Diskussionen mit vielen Leuten.
 
Ich denke, Hospize gehen schon einen Schritt in die richtige Richtung ... davon könnte es ruhig mehr geben.
 
Viele Grüße, Björn.


 
8.11.99 Selbstbestimmtes Ableben, Novembergedanken...

Hallo Claudia,
 
Dein Diary ist ein echter Leckerbissen. Du weisst, wie ich das meine. Eben noch Sommerlichtdurchflutete Fensterbilder, jetzt der Nebel. Im Herbst und in dem Wissen um den kommenden Winter kommt es wohl regelmässig vor, dass die über 40'er andere Themen wichtiger nehmen? Das grosse Rad dreht sich auch ohne unsere Gedanken über den Sinn oder Unsinn unserer 'normalen', ordnungsgewöhnten Lebensweise, allein: unsere persönliche, zeitablauf-bestimmte Sichtweise macht aus jeder Jahreszeit etwas ganz eigenes.

Wie schnell sind wir bereit, was gestern noch so immens wichtig war, in einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen.

Wie leicht ist es tatsächlich, den ganzen erworbenen/ anerzogenen Ballast von materiellen Dingen zu hinterfragen, angesichts des aufziehenden Nebels! Wir sehen nicht klar, die Geräusche, der übliche Lärm unserer Umwelt wirkt gedämpft und lässt uns ein wenig Zeit, unwichtige Dinge in ordentliche Schubladen zu späterer Verwendung zu packen. Durch die Unschärfe in der Tiefe gewinnen plötzlich so alltägliche Dinge, wie zum Beispiel die blaugestrichene Holzbank mit den "schwebenden" Wäscheklammern und dem kleinen Laubhaufen rechts im Bild eine eindringliche Bedeutung. Wenn man sich Zeit lässt. Unsere Lebenszeit ist womöglich das einzige, uns wirklich dienliche Kapital.

Du verlangst die Freiheit, die letzte Freiheit, die einem lebenden Wesen -noch- von Staats wegen verwehrt wird. Ein Rufen in den dichten Nebel der kommenden Gesellschaftsordnung. soweit mir bekannt ist, steht versuchte Selbsttötung in unserer Strafgesetzgebung als strafwürdiges Unterfangen. Warum? Ist es der Versuch, eigentlich frei gebohrenen Mitgliedern die endgültige Abstimmung "per Fuss" zu verwehren? Ich will hier nicht überkommene Verhaltensweisen eines Staatssystems hinterfragen, es ist für mich eher eine zum Novembernebel passende Feststellung. Was nutzen uns Güter, all die angehäuften Artikel, wenn wir sie nicht geniessen, oder -im Fall von körperlichen Gebrechen- nur noch als nutzlosen Ballast empfinden?

Ich denke auch, dem Einzelnen sollte der "finale mausclic" frei gestellt sein. Erst die Freigabe aller persönlichen Rechte macht meiner Ansicht nach das Wesen eines wirklich demokratischen Staatsgefüges aus; auch und gerade, wenn durch Einzelentscheidungen der ein oder andere Steürzahlende nicht mehr in den Inkassobüchern als "nutzenfaktor" vermerkt werden kann.

Ich setze mich auf die Bank, ruhe und blicke in den aufziehenden Nebel. Wozu all die schöne Ordnung, wenn schlichte Wassertropfen den weit überzeugenderen Reiz bieten, zu ruhen, nachzudenken und ein wenig Freiraum für das eigentliche Chaos der Natur zu lassen.

Ein wenig über das übliche Chaos unserer Ordnung hinauszusehen und einen Sinn hinter der Nebelwand unserer Aussenwelt zu suchen.

Wir sind immer unterwegs. Manchmal im Nebel, manchmal im Klaren. Aber immer unterwegs. :) grüsse aus Salzgitter ingo
 
zu den älteren Briefen
 
+ E-Mail schreiben?
 
 


Claudia Klinger
Digital Diary - www.claudia-klinger.de/digidiary/