Thema: Alltag

Claudia am 25. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Vom Nichtstun

Vom Nichtstun

Während der mediengenerierte Meinungsmainstream sich in den letzten Wochen den Kopf über ein „Recht auf Faulheit“ zerbricht, wird mir nach einem halben Jahr unproduktivem Herumhängen klar, wie wichtig, richtig und unverzichtbar echtes Nichtstun ist. Weiter → (Vom Nichtstun)

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Claudia am 21. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Ein Hauch von Freiheit

Ein Hauch von Freiheit

Im Rückblick erfindet ein jeder die eigene Vergangenheit täglich neu – ich weiß nicht mehr, wer das gesagt hat, doch zweifellos hat er recht. Jede Veränderung im Jetzt zeigt die Vergangenheit in anderem Licht, man merkt es allerdings nur anhand großer Brüche, nach Krisen, bei kleinen und großen Katastrophen. Jetzt zum Beispiel kann ich langsam erkennen, wie meine innere und äußere Stagnation des letzten halben Jahres zustande kam, ja, ich nenne das erst jetzt „Stagnation“ oder auch Krise, denn es verabschiedet sich gerade in Lichtgeschwindigkeit und gerät so überhaupt erst in den Blick. Weiter → (Ein Hauch von Freiheit)

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Claudia am 20. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Welt gestalten

Welt gestalten

Immer wieder fragen mich Leute angesichts des anstehenden Umzugs von Gottesgabe nach Berlin, warum ich denn „das Grüne“ verlassen und ins Häusermeer zurückkehren will. Nicht etwa an den Stadtrand, nicht in den Speckgürtel, sondern „in the mid of the muds“, wie es mein Lebensgefährte in Erinnerung der Hunde-verschissenen Berliner Gehwege so treffend ausdrückt.

Ich liebe das Grün (typisch Stadtmensch!). Wenn ich aus dem Fenster gucke, sehe ich die Mai-seelige Biomasse spriessen, als gälte es, bis zum Herbst das Schloß mal richtig zu überwuchern. Der Geruch der feuchten Erde hängt in der Luft, vermischt mit dem Blütenduft der Äpfel, Kirschen, Linden und Kastanien. Die endlosen Weiten der mecklenburgischen Felder zeigen sich derzeit in gelb: blühender Raps, wohin man schaut. Wunderschön, jederzeit vom PC weggehen zu können, ein paar Schritte zu machen und im Grünen oder Gelben zu stehen.

Dass ich hier weggehe, ist kein Ergebnis rationaler Überlegungen. Natürlich könnte ich jetzt so tun als ob und eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen, die zeigt, dass sich „unterm Strich“ die Waagschale auf die Seite der Stadt senkt. Von der Realität wäre das weit entfernt, die immer eine Vielfalt von Ereignissen ist, die mich auf allen Ebenen beeinflussen und letztlich in eine bestimmte Richtung schieben, ziehen, mitreissen. Gegen solche Strömungen will ich nicht mehr anschwimmen, im Gegenteil, ich will sie frühzeitig kommen spüren und mitgehen. Zwei ganze Jahre in einem winzigen Dorf, in einem recht leeren Land, das insgesamt nur 1,7 Millionen Einwohner hat – das ist eine lange Zeit.

Lang genug um vieles zu erleben, was mensch sich nicht vor Augen führt in seiner Sehnsucht nach dem Grün, nach Natur, nach Tieren, Pflanzen, Erde und unmittelbar hereinbrechenden Wettern. An manchen Tagen stinkt die Landschaft zum Beispiel gottserbärmlich, die Bauern verteilen Unmengen Gülle und Klärschlamm auf den Feldern, man kann dem Gestank nach Scheiße und Dreck dann nirgends entkommen! Die Felder selbst, obwohl schön anzusehen, haben doch etwas Brachiales. Jeder Quadratmeter wird genutzt, kein Weg, kein Hain, kein Randstreifen bleibt verschont, wo nicht eine übergeordnete Institution mit ausreichend Fördergeldern und Vorschriften dafür sorgt. Und das geschieht nur punktuell, dort, wo man Touristen anlocken will, die nun mal laufen oder Rad fahren wollen.

Daß für die Raubvögel die quadratkilometergroßen Felder mit 1,60-Meter hohem Doppelnull-Raps tote Gegenden sind, weil es unmöglich ist, auf deren Boden zu sehen, ist den Landmenschen hier egal. Oder daß es vielleicht schön wäre, auf direktem Fußweg ins nächste Dorf gehen zu können, anstatt dem weiten Umweg der Autostraße nachlaufen oder unerlaubter Weise über den Acker stolpern zu müssen – kein Gedanke! Was nicht angeordnet und bezahlt wid, kommt nicht vor. Ehemals vorhandene Wege, noch von Kastanien gesäumt, sind verschwunden, der Platz für optimale agrarische Nutzung gewonnen. Man muß dankbar sein, dass sie wenigstens hier und da die Bäume nicht gefällt haben!

Was mich so belebt, wenn ich in die Stadt komme, ist zum Beispiel der überall sichtbare Wille zur Gestaltung. Die Menschen wollen sich ausdrücken, sie gestalten und kreieren deshalb weit mehr als das, was der jeweilige Job erfordert. Gestaltung ist ein Stück Selbstverwirklichung – für Städter ein Lebenselexier. Ob Hinterhofbegrünung oder Fassadengraffiti, öffentliche Raumplanung und Architekturwettbewerbe oder die Buntheit der Outfits und Kneipeninterieurs, die Vielfalt der Veranstaltungen und Events – jenseits aller kommerziellen Aspekte zeigt sich darin auch eine Liebe zum Dasein im Bemühen, etwas schöner zu machen, als es von selber schon ist.

Das vermisse ich hier. Auf dem Land würde es bedeuten, das Land wirklich zu gestalten, nicht nur zu nutzen. Den Versuch, die Gegend für Menschen – Wanderer, Radfahrer – artgerecht anzulegen und auch den Gewächsen und Tieren Raum zu lassen (viele sind ja in die Stadt eingewandert, da das Land ihnen zu wenig bietet). Natürlich braucht alles derartige dann letztlich auch Strukturen, Vorschriften, Fördermittel – aber was mich traurig stimmt, ist die Anmutung, dass es den Bauern hier einfach kein Anliegen ist. Im Gegenteil, überall, wo ein wenig Naturschutz und Landschaftspflege stattfinden soll, ist erstmal Kampf angesagt. Wäre es anders, würde man hier und da etwas sehen, was vom „Willen zur Gestaltung“ spricht, kleine eigene Intitaitiven. Zum Besipiel gibt es mitten in den großen Feldern feuchte, agrarisch nicht nutzbare Löcher, manchmal mit einem kleinen Teich, gelgentlich von Bäumen umstanden – nie sah ich, dass so ein Spontan-Biotop auch nur ein wenig gepflegt würde, vielleicht begehbar gemacht durch einen Trampelpfad und befreit vom Müll, den manche dort versenken. Nichts!

Dauerhaft auf dem Land leben könnte ich nur als Bäurin, die sich mit diesen Dingen aktiv auseinander setzt und selber etwas tut, anstatt nur zu klagen und zu fordern. Letzteres funktioniert schon gar nicht, wenn man von aussen kommt, aus der fernen Metropole, dazu noch als Wessi in den Osten. Und eine Bäurin werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Also geh‘ ich zurück. In die Stadt, wo das Virtuelle den Großteil des Realen ausmacht, wo die Sachen nicht einfach Sachen, sondern Träger von Bedeutung sind. Dort sind meine Aktionsfelder, dort treffe ich Mitspieler und Gegner, dort passen meine Fähigkeiten hin, die hier nur mühsam durch ein 1024 x 800 Pixel-Fenster transportierbar sind.

In Friedrichshain gibt es deutlich mehr Bäume als in meinem alten Kiez in Kreuzberg. Immerhin. Weiter → (Welt gestalten)

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Claudia am 19. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Mal wieder: Materie

Mal wieder: Materie

Zu wissen, dass das Leben auf Schloß Gottesgabe bald zu Ende ist, ohne noch zu wissen, was genau danach kommt, ergibt einen seltsamen Zustand zwischen hier und dort, ein Unterwegs-Sein ohne Bewegung, gelegentlich begleitet von recht wechselhaften Gefühlen: Freude auf das Neue, aber auch Horror vor dem ganzen Aufwand und manchmal einfach Angst vor dem Ungewissen.

Diese Gefühle beachte ich möglichst nicht weiter, schließlich sind das alles nur Gedanken. Sie haben nichts mit der konkreten Situation zu tun, in der einfach ein Augenblick dem anderen folgt. Wenn ich bei diesen Augenblicken bleibe, gibt es keine Probleme, nur verschiedene Anforderungen, die weder besonders erfreulich noch irgendwie erschreckend wären.

Halt, nicht ganz! Erfreulich finde ich die Notwendigkeit, mich wieder mal von allerlei „Zeug“ zu trennen. Die Vorstellung, alles, was hier herumsteht, nach Berlin zu transferieren, ist so abschreckend, dass ich am liebsten nur mit einer Tasche und ein paar Aktenordnern (die wird man ja nicht los!) ganz neu anfangen würde. Eigentlich besitze ich schon jetzt nicht viel, ein paar Bücherregale (Typ Billy, Presspan, schwer!), ein altes Sofa, das Bett (Bio, breit, schwer), ein dummerweise hier angeschafftes Vollholz-Sideboard (auch schwer), einen metallenen Aktencontainer, einen kleinen Tisch, diverse kleine Teppiche, Lampen, ein Hängeregal, einen guten Bürostuhl – und natürlich das PC-Equipment. Schon der Tisch, auf dem der PC steht, ist ein Leihmöbel wie auch die kleinen Korbsessel: das stand hier alles in den Kellern herum und drüben im „Sozialtrakt“ der alten Schweinzuchtanlage fand sich ein leichter Holzschrank, den ich eigentlich richtig restaurieren wollte, jetzt lass ich ihn da, dem Holzbock zum Fraß, der sich sowieso schon daran gütlich tut.

Ich träume von mobilen Möbeln, die eine Person mit einem PKW an einem Nachmittag umziehen kann! Denn je mehr Stoff ich von einem Ort zum anderen bewegen muß, desto belasteter ist die Wohnungssuche: Je höher der erforderliche Aufwand, desto optimaler muß die künftige Bleibe sein. Man kann dann ja nicht so einfach wieder weg, wenn sich vielleicht nach ein paar Monaten zeigt, dass es der falsche Ort ist.

In meiner ersten eigenen Wohnung fand ich das Sammeln, Horten und Anhäufen möglichst vieler toller Dinge noch ganz normal. Mein Samstags-Sport war der Besuch von Flohmärkten, immer auf der Jagd nach hübschen Gegenständen. Erst Berlin, wo ich binnen weniger Jahre sieben Mal im selben Kiez umgezogen bin, belehrte mich eines Besseren. Die Umzugsfeste (10 Freunde schleppen einen Tag lang, drei Treppen runter, vier Treppen rauf, danach wird gefeiert) verloren schon bald ihren Reiz. Als erstes trennte ich mich von allen Büchern, die ich sowieso nie mehr lesen würde. Und wenn man mal mit dem sich-von-den-Dingen-trennen anfängt, macht es richtig Spaß, Ballast abwerfen tut einfach gut. Einige meiner Stationen waren besetzte Häuser, wo es sowieso obsolet schien, sich fest zu etablieren, schließlich konnte man jederzeit rausfliegen. Sowas prägt. Und wenn ich es recht bedenke, ist es doch eigentlich der Grundzustand im Leben: Jederzeit kann Schluß sein, wozu sich also so tief in die Materie einschreiben?

Einmal kam ich mit dieser minimalistischen Linie ins Zweifeln. Eine gute Freundin wollte ihren Mann verlassen. Die beiden hatten ein gemeinsames Haus am Rande Berlins, das deshalb verkauft werden mußte. Während einiger Monate machten sie jedoch die Trennung rückgängig und kauften zusammen ein neues Haus. Mehrere Wochen lang waren sie mit DEM UMZUG beschäftigt und ich konnte zum ersten Mal genau sehen, was alles da ist, wenn man nie etwas wegwirft – weil eben Platz genug ist, das alles irgendwo wegzustauen. Natürlich sagte ich mir: Sei froh, dass dich sowas niemals trifft! Aber irgendwo meldete sich auch der Gedanken: Die haben es doch zu was gebracht! Da kann man richtig sehen, wofür sie gearbeitet haben, überall stehen WERTE herum, gute teure Dinge, die zwei kinderlose Verdiener sich im Lauf der Zeit locker anschaffen können – und ich?

Zum Glück ist die Irritation folgenlos geblieben. Wie man sich in diesen Dingen verhält, läßt sich sowieso nicht „machen“, es geschieht einfach, entlang am eigenen Temperament. Ich bin schlicht zu faul und zu textorientiert, um viel Wert auf die materielle Umgebung zu legen, und das ist Vorteil und Nachteil zugleich.

Im Moment freu ich mich aber über den Vorteil, schließlich ist ein Umzug in Sicht.

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Claudia am 17. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Vertrauen zum Arzt?

Vertrauen zum Arzt?

Wie entsteht Vertrauen? Doch ganz gewiß nicht, indem man es einfach einfordert! Die meisten Schulmediziner wissen heute, dass ihnen viele Patienten nicht mehr über den Weg trauen und bemühen sich deshalb um Transparenz. Alles wird genau erklärt, die möglichen Diagnose- und Therapieverfahren vorgestellt und besprochen – zumindest hab‘ ich das so erlebt, schon vor vielen Jahren, damals, als ich noch öfter zum Arzt gegangen bin.

Hier auf dem Land bin ich mit meinen nun schon viele Wochen andauernden Beschwerden einfach ins nächste Dorf gegangen, wo eine anthroposophische Ärztin praktiziert. Wenn nötig, so dachte ich mir, wird sie schulmedizinische Behandlungen anwenden, und ansonsten ihre bevorzugten Alternativen vorstellen.

So ein Arztbesuch ist immer auch eine Selbsterfahrung, wie man sie nicht alle Tage erlebt. Dass meine Neigung zur Alternativmedizin eine recht intellektuelle Angelegenheit ist, weiß ich schon länger: Wenn’s ans eigene Leben geht (übertrieben ausgedrückt!), dann will ich erstmal Fakten, Fakten, Fakten, also eine klare Diagnose. Und dann eine Reihe begründeter Therapievorschläge, klassische und alternative, jeweils mit Risiken und Chancen vorgetragen. Anspruchsvoll, ich weiß, aber ich kann nicht zurück und „einfach glauben“, dem Arzt vertrauen, dass er weiß…. Denn ich weiß, dass sie oft nichts wissen, daß sie manchmal das Falsche denken und – genau wie in anderen Berufen auch – gelegentlich im Trüben fischen und halt herumprobieren. Kann ich verstehen, doch wenn ich selbst das Aktionsfeld bin, werde ich übervorsichtig, ja ängstlich.

Erst recht, wenn mir jemand gleich eine Behandlung anbietet, bevor auch nur der Schimmer einer Diagnose da ist. Eigenbluttherapie! Man entnimmt Venenblut und spritzt es wieder in die Muskeln. Wird seit 100 Jahren erfolgreich angewendet, sagt die Ärztin. (Und von der Kasse nicht bezahlt, konnte ich im Wartezimmer an der Wand lesen). Ich hasse es auf jeden Fall, gestochen zu werden und nehme das bei einer Blutuntersuchung nur zähneknirschend in Kauf, weil es mir sinnvoll vorkommt, nach Viren und Entzündungen zu forschen. Aber das? Einfach so, ohne zu wissen, was los ist? Ohne daß ich weiß, was das wie bewirken soll?

Heute, nach einem wenig ergiebigen Bluttest, hab‘ ich den wiederholten Vorschlag („Ich möchte jetzt wirklich die Eigenbluttherapie mit Ihnen machen“) glatt abgelehnt. Mit dem Hinweis auf meine leichte Spritzenphobie und mit der Bemerkung, ich würde mich gern erstmal über das Verfahren ausführlich informieren.

Naja, vermutlich ist so ein für mich ganz selbstverständliches Verhalten für ihre Patienten nicht typisch. Und immerhin versuchte sie, nicht allzu bleidigt zu wirken, sondern ließ mich nur wissen, daß sie sich wünsche, Ihre Patienten würden ihr vertrauen. Es war mir nicht besonders wohl dabei, an ihrer Enttäuschung schuld zu sein, doch konnte und wollte ich nicht „ihr zuliebe“ anders handeln. Schließlich ist es mein Körper, meine Krankheit, meine Angst. Ich sagte klar und deutlich, daß es für mich nicht in Frage kommt, eine solche Sache mit mir machen zu lassen und auch noch „extra“ dafür zu bezahlen, ohne mehr darüber zu wissen. (Dass ich das im Internet recht schnell recherchieren kann, hatte ich schon erwähnt. Ist nicht so gut angekommen..).

Ob ich denn überhaupt bereit sei, irgendwelche Mittel zu nehmen, z.B. homöopathische? Klar, ich war froh, hier endlich mal JA sagen zu können! Erstens hatte ich damit schon mal eine heilende Wirkung erlebt, und zweitens sind die „Globuli“ schulmedizinisch gesehen sowieso wirkungslos, was die wissenschaftsgläubige Seite in mir beruhigt. Die Theorie, wie die bis zum „Nichts-mehr-drin“ potenzierten Mittel wirken sollen, ist mir außerdem geläufig, wenn auch wissenschaftlich nicht bestätigt (Die Pharma-Industrie hätte hier viel zu verlieren, das bedenke ich gleich mit). Über Homöopathie konnte ich schon oft nachlesen, ich kenne Geheilte und sogar einen praktizierenden Homöopathen, der mir vertrauenswürdig vorkommt.

Ihn lernte ich vor Jahren als Auftraggeber einer Website kennen und wir sind in gute Mail-Gespräche geraten, Dialoge über Gott und die Welt, aber nie über Krankheiten. Trotzdem, oder gerade deswegen, kann ich ihm jetzt vertrauen, womöglich auch „als Arzt“. Doch wäre er auch nie im Leben beleidigt, wenn ich über eine Sache mehr wissen wollte! Im Gegenteil, er würde mir gescannte Artikel schicken, mich auf Bücher und URLS hinweisen und mir vermutlich auch herrschende und Mindermeinungen mit ihren jeweiligen Begründungen vortragen, wenn das noch nicht reicht. (Wie er das bei seinen Patienten hält, muß ich ihn direkt mal fragen..;-)

Vertrauen entsteht, wenn man sich dem Anderen zeigen kann und er das, was er zu sehen bekommt, erstmal so akzeptiert. Ohne Murren und Beleidigtsein, ohne Bezug aufs eigene Ego. Gefühle hab‘ ich selber genug, wenn ich mich krank fühle! Mit einem Arzt will ich mich beraten, will die Lage sichten und die Möglichkeiten besprechen, bei freier Wahl der informatorischen Basis, bzw. im Austausch über die Quellen. Die Intensität dieses Forschens und Besprechens bemesse ich danach, wie gefährdet ich mich fühle und als wie offen und zur Transparenz bereit ich den Arzt erlebe. Weiter muß ich das Gefühl haben, daß mein eigenes Erleben als Quelle erster Ordnung gilt und nicht nur das, was Tests oder spontane Einfälle gerade ergeben.

Wenn ich z.B. wochenlang morgens und abends leichtes Fieber habe, das ich nur für den Besuch beim Arzt mal mit einem Thermometer messe, sollte der mir das glauben – und nicht auf eine andere Meßweise umrechnen und sagen, die Werte seien normal. Oder mir eine Tabelle über eine Woche als Hausaufgabe mitgeben. Wenn ich mit 47 nämlich noch immer nicht spüren könnte, wann ich Fieber habe, wäre ich vermutlich schon früh gestorben und hätte das nicht mal bemerkt!!!

Alternative Ärzte, das hab‘ ich schon verschiedentlich erlebt, widmen durchaus dem einzelnen Patienten viel Zeit. Das ist der größte Unterschied zum Schulmediziner, sozusagen der Ausweis der „anderen Medizin“. Was hilft es aber, wenn sie dabei nicht fragen, ob ich z.B. trinke oder rauche, sich für die Lebensumstände nicht weiter interessieren, wenn Gewicht und Ernährung kein Thema sind, sondern der Arzt eher selber viel redet, von diesem und jenem und vor allem von sich?

Genug davon. Eigentlich hatte ich nicht vor, jemals im Diary eigene Krankheiten zu erwähnen. Mit Grausen erinnere ich mich an einen Studenten-Job in der Zentralkarte beim Bundeskriminalamt, damals in Zeiten der Papierakten und riesigen Karteimaschinen. Ausser mir waren da noch 50 alte Männer, die keine anderen Themen kannten als ihre Kranheiten. Morgens ging es los mit der Farbe des Urins, über den Tag folgten anstehene Operationen und Kuren, die jeweiligen Medikamentierungen und dann die der Bekannten und Verwandten zum Vergleich, natürlich Vor- und Nachteile verschiedener Fachärzte, und so weiter. Nur mittags kurz unterbrochen von freiwilligem Aktenstudium, wenn nämlich die gelben Formulare mit den Sexualdelikten herumgereicht wurden (damit wir anhand der Täternamen die Aktennummer heraussuchen).

So wollte ich nie werden! Doch jetzt stelle ich fest, daß ich auch bei Krankheit nicht gern schweige. Das Webdiary benutze ich, um Klarheit und Distanz zu gewinnen, mich ein bißchen von außen zu sehen. Auch manchmal, um zu schimpfen, um über die Dinge zu lachen, um meine eigene Beschränktheit wahrzunehmen und die der Anderen zu verstehen. Damit ausgerechnet dann aufzuhören, wenn’s ernst wird, und mich in meine Höhle zu verziehen, bis das Wetter wieder besser ist, ist definitiv nicht mein Weg. Andere Themen, andere Seiten, andere Autoren sind ja zum Glück immer nur einen Mausklick entfernt ;-) Weiter → (Vertrauen zum Arzt?)

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Claudia am 15. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Nach Friedrichshain!

Nach Friedrichshain!

Seit Freitag in Berlin gewesen, Wohnungssuche. Diesmal hatten wir eine private Bleibe in Friedrichshain, unserem Zielgebiet. (Es ist schön, dort, wo man hinziehen will, schon Leute zu kennen!) Anders als vor 20 Jahren gibt es derzeit viele freie Wohnungen, die man auch tatsächlich mieten kann, ohne Unsummen an Abstand zu bezahlen, wie das früher so üblich war. Bevölkerungsrückgang hat schon auch was Positives!

Friedrichshain, zumindest das Gebiet zwischen Warschauer Straße, Frankfurter Allee und Ostkreuz, ist ein wunderbarer Ort. Sieht aus und fühlt sich an wie Kreuzberg vor 15 Jahren, in den Straßen herrscht diese dörflich-gemütliche Kiez-Atmosphäre, die nur in großen Städten in bestimmten Gegenden entsteht und magnetisch allerlei junges und buntes Volk anzieht. Noch sind viele der typischen Gründerzeitaltbauten nicht saniert, es gibt sogar noch Ofenheizung, gelegentlich Aussentoilette. Klar, dass wir die Suche auf die modernisierten Höäuser beschränken, auch da herrscht kein Mangel, oft genug heisst das Angebot sogar: „Erstbezug nach Mod.“

Wie hab‘ ich es genossen, mal wieder indisch, thailändisch, arabisch und griechisch essen zu gehen! Und beim wiederholten Durchwandern des Gebiets wuchs das Gefühl des Nach-Hause-Kommens, ganz wie nach einem sehr sehr langen Urlaub. Kritisch frag‘ ich mich: Ist es denn nicht zu laut? Zuviel Verkehr? Zu viele Menschen, die sich kaum je ansehen? Zu schlechte Luft? Zu wenig Grün? Ich erinnere mich schließlich gut, mit welchem Überdruß ich die Metropole verlassen hatte. Aber nein, es ist erstaunlich ruhig, wenn man die Durchgangsstraßen mit den Straßenbahnlinien meidet, Baumreihen säumen die Gehwege, deutlich häufiger als im kahlen Chamissokiez, aus dem ich nach 20 Jahren weggezogen bin. In Spaziergangsentfernung liegt die Insel Stralau, wo man sogar weit über die Spree sehen kann, für mich ein Pluspunkt dieser Gegend, denn nach den endlosen Weiten von Mecklenburg fürchte ich den Stadtkoller, wenn der Blick dauerhaft nur die Wand gegenüber trifft.

Und die Anonymität? Da erlebe ich ein richtiges Wunder: ich genieße sie! Niemand kennt mich, niemand erwartet von mir etwas Bestimmtes, niemand interpretiert mein Verhalten, ja, ich werde praktisch gar nicht gesehen – Freiheit! Im Lauf der Tage fällt es mir wie Schuppen von den Augen, warum ich im Chamissokiez nicht mehr leben konnte: Es war einfach unmöglich, ein Niemand zu werden, mich vollständig zu verändern in einer Umgebung, in der ich mich ein Jahrzehnt vielfältig definiert hatte: in sämtlichen denkbaren Initiativen und Vereinen, mit eigenen Unternehmungen bis hin zur Teilnahme am politischen Leben. Natürlich hatte ich mich zurückgezogen, alle Zusammenhänge lange verlassen – doch die Vergangenheit war immer anwesend, allein der Kopfnickzwang gegenüber allzu vielen mir näher oder nur flüchtig bekannten Menschen brachte mich dazu, fast blind durch die Straßen zu laufen, so in mich gekehrt, dass ich nichts mehr von der Umgebung wahrnahm. Ich hätte schon viel früher wegziehen sollen.

Hat jemand Lust, ins *Schloß Gottesgabe zu ziehen? Bald wird da die beste Wohnung frei: 144 m² auf zwei Etagen, riesige Wohnküche, zwei Bäder, Ausblicke direkt ins Grüne… Und Schwerin an den sieben Seen ist eine wirklich hübsche Stadt, zumindest für alle, die Orte mit 100.000 Einwohnern den Metropolen vorziehen. ;-) Weiter → (Nach Friedrichshain!)

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Claudia am 10. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Bücher loswerden

Bücher loswerden

Mit Büchern hat es eine eigene Bewandnis, so als wären sie ein bißchen weniger „Ding“ als andere Gegenstände. Man kann sie zum Beispiel nicht einfach so wegwerfen, bei mir zumindest taucht schon beim Gedanken daran ein Schuldgefühl auf: Das kannst du doch nicht machen! Das könnte ja noch jemand anders lesen… Bücher sind sorgsam zu behandeln und mit Respekt ordentlich in Regale zu stellen. Ihre „Aura“ macht ein Zimmer gemütlich, auch wenn man schon Jahre nicht mehr ‚reingesehen hat. Und: Wer seine Zimmer mit Bücherwänden füllt, ist vermutlich kein Neonazi, oder? Weiter → (Bücher loswerden)

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Claudia am 05. Mai 2001 — Kommentare deaktiviert für Mobilitätsvarianten

Mobilitätsvarianten

Die letzten Tage hab‘ ich verbracht, als wäre ich im Urlaub! Der Mai ist richtig „explodiert“, nicht umsonst heisst es ja „die Bäume schlagen aus“ :-). Nach soviel Winterlichkeit über den ganzen April war das genau richtig, lange Spaziergänge, draussen auf der Schloßwiese in der Sonne liegen, an den See fahren. Da ich bald wieder im Häusermeer der Großstadt leben werde, genieße ich das alles jetzt doppelt, so ein bißchen mit der Wehmut des Abschieds. Weiter → (Mobilitätsvarianten)

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