Thema: gesund leben

Claudia am 28. Juli 2001 — Kommentare deaktiviert für Kein Kampf

Kein Kampf

Seit vorgestern bin ich heftig erkältet. Mitten in der größten Hitze ist das eine komische Sache, irgendwie unpassend. Heute fühle ich mich aber auf einmal wohl damit: diese fiebrige Schlaffheit ergibt eine physische Ruhe, die ich allein vom Fühlen und Denken her nur selten und bruchstückhaft zustande bringe, allenfalls mal nach intensivem Yoga oder einem langen Spaziergang. Weiter → (Kein Kampf)

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Claudia am 26. Juli 2001 — Kommentare deaktiviert für Auf dem Meeting

Auf dem Meeting

„Ich heiße Claudia und bin Alkoholikerin“, die rituelle Begrüßungsformel geht mir erstaunlich locker über die Lippen. Über sieben Jahre sind seit meinem letzten AA-Meeting vergangen und jetzt sitze ich wieder „an den Tischen“, kaum zu glauben! Es ist wie ein nach Hause kommen, obwohl ich keinen der Anwesenden kenne. Es braucht keine Bekannten oder gar Freunde, um sich in dieser Runde richtig zu fühlen, das ist ja gerade das Faszinierende an der berühmtesten Selbsthilfegruppe der Welt.

Es beginnt mit dem Lesen der bekannten Texte: Präambel, zwölf Schritte, zwölf Traditionen, dann die Gedanken zum Tag, heute: „Über die, die noch leiden“. Während ich zuhöre und mir dabei einen grünen Tee zubereite, spüre ich, wie das Leiden von mir weicht. Als würde eine Last von meinen Schultern genommen, mit jeder Viertelstunde fühle ich mich leichter.

Welches Leiden? Das wäre eine lange Geschichte, von der eigentlich nur zu sagen ist, daß ich sie für abgeschlossen hielt – und das war ein Irrtum, der gerade begann, gefährlich zu werden. Deshalb sitze ich jetzt hier, Tieckstraße 17, Berlin Mitte, und bin dankbar, dass es AA noch gibt.

Kennen gelernt hab‘ ich die Meetings 1990, als mein allzu aktives Leben mit zunächst beiläufigem Entspannungstrinken in eine hoffnungslose Suff-Phase übergegangen war. Schon damals hätte ich nicht so lange leiden müssen, wenn ich nicht bis zuletzt an dem verrückten Gedanken festgehalten hätte: Ich habe alles im Griff, muss mich nur zusammenreissen, mal richtig ausspannen, vielleicht einen anderen Job finden, neue Leute kennen lernen – doch war ich lange schon jenseits aller Möglichkeit, noch irgend etwas aus eigener Kraft ändern zu können. Mein erster Lebensentwurf war am Ende, wie sollte ich aus den Trümmern denn etwas Neues kreieren? Es hat lange gedauert, bis ich mir überhaupt eingestand, dass ich mittlerweile ein respektables Alkoholproblem am Hals hatte – und selbst dann lag mir der Gedanke noch ferne, jemand anderer als ich selbst könne da irgend etwas ausrichten. Schließlich hielt ich mich für intelligent, belesen, kommunikationsfähig – sah‘ mich aber leider nicht von außen, denn dann hätte ich vielleicht früher bemerkt, daß es jetzt um ganz andere Dinge ging. Zu allererst um das Aufgeben dieser Gedanken: ICH kann, ICH will, ICH muss, ICH werde….

Nein, ich war nicht einsichtig und zu nichts bereit. Meine Welt mußte sich katastrophisch verdüstern, kleine Unfälle sich häufen, das tägliche Kreisen im immerselben Elend richtig lange schmerzen, physisch, psychisch und geistig, bis endlich etwas in mir zerbrach, bis mein ganzer Größenwahn am Alkohol zerschellte.
Endlich konnte ich dann auch in ein Meeting gehen, ohne Bedenken und Besserwisserei, völlig offen, denn in mir war nichts mehr, nur noch dunkle Leere. Ein Vakuum, das sich mit den Texten der AA vollsog, denn was sie sagen, knüpfte direkt an mein Erleben an: Wir gaben zu, daß wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind…. Ich hatte angedockt!

Es war ein Wendepunkt in meinem Leben, ab dem sich alles ganz anders anfühlte, als wäre tatsächlich Claudia Vers.1.0 gestorben. Und die 2.0 war erstmal nur ein glückliches Kind, Neues entdeckend, spielerisch der Welt und den Anderen begegnend, ohne das entsetzlich beschränkende Gefängnis eines hypertrophierten Egos. Auch beruflich ging plötzlich alles wie von selbst, anstrengungslos, ich mußte nur immer „JA“ sagen – etwas, was ich ohne „aber“ früher nicht einmal denken konnte.

Mehrere Jahre war ich völlig „trocken“, irgendwann verließ ich AA, Alkohol war einfach kein Thema mehr. Ich hatte mit Yoga angefangen und dachte: Wozu noch mit Leuten um einen Tisch sitzen, die zwar auch Spirituelles vermitteln, wo aber doch immer wieder Alkohol besprochen wird – dieser langweilige Schnee eines abgelegten Gestern. Irgendwann wollte ich dann auch das Thema „Nicht-Alkohol“ abschließen, die Identifikation „Ich, Claudia, Alkoholikerin“ ebenso aufgeben wie alle anderen. Und trank neugierig ein Glas Sekt: Nichts passierte, natürlich nicht. Es schmeckte nicht mal und die Wirkung fand ich störend.

Nichts änderte sich. Außer, daß ich mich jetzt wieder fragen mußte: Soll ich mittrinken? Die Gelegenheiten, zu denen das Hauptschmiermittel unserer Gesellschaft verabreicht wird, sind ja unüberschaubar. Ich trank also gelegentlich wieder mit, nicht oft zwar, aber ich bemerkte schon bald die Richtigkeit eines alten AA-Spruchs: Man macht da weiter, wo man aufgehört hat. Die Geschichte des Alkohols ist ins Gehirn eingraviert, da bildet sich nichts zurück. Genau wie ehedem, so stellte ich fest, konnte ich ab dem dritten Glas das Ende oft nicht finden. Wachte dann am nächsten Morgen auf, erinnerte mich oder auch nicht und war mir furchtbar peinlich! Das wollte ich eigentlich nicht wieder erleben – und so hat der Kampf wieder begonnen. Der Gedanke „das hab ich heute im Griff“ stand wieder da in all seiner Pracht und Gefährlichkeit…

Gestern hatte ich mal wieder in trauter Zweisamkeit dem Wein zugesprochen, zu Hause, also in ganz „ungefährlichem“ Zusammenhang. Dann nahm ich das Glas noch mit an den PC und mailte ein bißchen an liebe Freunde… und heut‘ morgen konnte ich im Sent-Ordner sehen, dass ich gemailt hatte, las verwundert fremd klingende Texte – DAS war dann für mich der Punkt! Wenn ich mich selber lese wie eine Fremde, ist ganz klar: Ich hab es NICHT im Griff! Nicht den Alkohol, nicht mich selbst, von der Welt gar nicht zu reden. Und einen Kampf, den ich ganz gewiß verliere, brauche ich nicht nochmal zu führen, all das hatte ich ja schon, übergenug!

Und deshalb saß ich heut‘ im Meeting. Und lasse jetzt wieder das erste Glas stehen. Weiter → (Auf dem Meeting)

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Claudia am 08. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Schweinefraß – die Fortsetzung

Schweinefraß – die Fortsetzung

Da hat Kurt Jacob im Forum einen grandiosen Rundumschlag gegen die „deutsche Leitkultur des Essens“ gepostet, in dem er gegen den landestypischen Brachialfood anschreibt:

„Eintopfsonntage und die praktisch unverdauliche Hausmannskost sind fester Bestandteil deutscher Leitkultur und feiern auch heute noch fröhliche Urstände in deutschen Landen: Erbsen- und Kartoffelsuppen, Graupen, Eintopf, Klöße, Broiler, Bratkartoffeln, Tagesteller, Sättigungsbeilage, Currywurst; die deutsche Plumpsküche ist nicht tot zu kriegen, allem Hedonismus unserer Zeit zum Trotz. Speckkartoffeln, Buttercremetorte, Sahnequarktorte, Sauerbraten, Ragout fin, geräuchertes Schweinekotelett, Braunkohl, Grünkohl mit Pinkel, Lapskaus, Wienerschnitzel mit Tunke und Pommes Frites, Döner, Bigos, Bratapfel, Steckrüben, ½ Hähnchen, Deutschländer Würstchen, Fertigtorten und -pizzas, Spaghetti Bolognese, Saumagen, Scholle mit Speck, Rührei, Bratkartoffeln, Pommes Frites, Pommes Frites, Pommes Frites und nochmals Pommes Frites. Alles so schmackhaft und leicht verdaulich wie Fertigbeton und die Erklärung von Wolfram Siebeck, das käme alles noch vom 30jährigen Krieg, finde ich etwas weit her gehohlt.“

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Claudia am 02. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Schluss mit dem Schweinefraß!

Schluss mit dem Schweinefraß!

Gestern haben mein Lebensgefährte und ich beschlossen, Ernährung und Einkaufsverhalten konsequent umzustellen. Ein Artikel in der Berliner Zeitung („Kippen Sie Mayonnaise drüber!“ – ich werde ihn hier verlinken, sobald er im Online-Archiv auftaucht) hat das Faß zum Überlaufen gebracht. Es ging nicht um Rindfleisch, sondern um alles andere, um die ganz normalen und legalen Sauereien der Nahrungsmittelindustrie. Gezwungen durch die übermächtigen Handelskonzerne, die hohe „Eintrittspreise“ für die gnädige Aufnahme in die Supermärkte kassieren und den Produzenten die Preise vorschreiben, ist das, was dort dann im Regal steht, in vielen Fällen zusammengerührter Dreck. Nicht die Qualität oder Originalität eines Produkts steht im Mittelpunkt der Anstrengungen, sondern die Bemühung, es „analysefest“ zu machen: es so zu designen, dass die staatliche Lebensmittelüberwachung mit den analytischen Methoden ihrer Kontrollabors nichts mehr finden kann: tausend Tricks bis hin zum Betrug. Weiter → (Schluss mit dem Schweinefraß!)

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Claudia am 30. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Yoga – die Fortsetzung

Yoga – die Fortsetzung

Der Eintrag gestern scheint gefallen zu haben: ein paar Mails mehr als sonst, einige Info-Mail-Bestellungen. Vielleicht sollte ich da weiter schreiben, was spricht schon dagegen, auch meine Yoga-Geschichte zu erzählen? Das läßt sich sowieso nicht mehr trennen vom „Rest“: alles, was ich erlebe und schreibe, ist davon geprägt, wenn ich auch immer darauf verzichtet habe, explizit „über Yoga“ zu schreiben. Mit einer Ausnahme: der Artikel „Entspannung“ ist zum Jahreswechsel 1996/97 entstanden und bringt meine erste und wichtigste Erfahrung mit Yoga auf den Punkt: dass der Körper, das Denken und Fühlen nicht drei unterschiedliche „Dinge“ oder Welten sind, sondern Aspekte ein- und desselben Ganzen. Wie viele Yoga-Erkenntnisse hört sich das verdammt banal an, man kann damit kaum im Gespräch glänzen. Aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich glaube, ich sei ein unabhängiges Wesen (genannt „ich“), das eine ebenso unabhängige Welt wahrnimmt, und dann diesen Wahrnehmungen entprechende Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen HAT – oder ob ich weiss, dass das nicht der Fall ist. Weiter → (Yoga – die Fortsetzung)

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Claudia am 21. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Nichtrauchen: Wahrheit oder Gehirnwäsche?

Nichtrauchen: Wahrheit oder Gehirnwäsche?

Das Umdenken, das dafür nötig ist, dauerhaft und ohne spürbare Entbehrungen von der Zigarette loszukommen, macht einigen Leuten ziemliche Probleme. Sie leiden lieber, als dass sie bereit wären, fremde Gedanken zu denken, Gedanken, die denen entgegenstehen, die sie – mehr oder weniger suchtbedingt – während der gesamten Raucherzeit gedacht haben und immer noch denken. Wo käme man da hin, würde man so einfach ganze Gedankengebäude in die eigenen Denklandschaften pflanzen, dafür womöglich selbst gebautes, liebevoll gepflegtes und instand gehaltenes abreissen? Wo bliebe denn das wirklich EIGENE, das ORIGINALE?

Wer auch noch sein Geld damit verdient, die Vorstellung von Eigenheit & Originalität im Denken aufrecht zu erhalten und zu vermarkten, kann nicht einfach all das, was er oder sie über Jahrzehnte für wahr gehalten hat, schlicht fallen lassen, bzw. zugeben, dass es falsch war, und das „nur“, um sich von einer Sucht wie dem Rauchen zu berfreien. Insbesondere Alan Carr, der schon vielen zum Aufhören verholfen hat, zieht von intellektueller Seite viel Ärger auf sich, denn er verlangt das „Verstehen“ einiger Punkte, die zumindest gewöhnungsbedürftig sind, zum Beispiel:

  • Es ist leicht, mit dem Rauchen aufzuhören
  • Zigaretten bringen keinerlei Genuß
  • Zigaretten beruhigen nicht, sondern schaffen die Nervosität erst, die dann mittels der Kippen „bekämpft“ wird.
  • Rauchen macht ganz schnell nikotinsüchtig: bereits mit der zweiten Zigarette kann man drin sein, obwohl die Kippen noch länger nicht einmal schmecken
  • Die Entzugserscheinungen beim Aufhören sind zum Glück gering, ja, kaum wahrnehmbar.

Man kann nun diese Behauptungen „hinterfragen“, also daraufhin diskutieren, ob sie wahr oder falsch sind. Carr tut das in seinem Büchern auch bereitwillig. Er begründet jeden einzelnen Punkt ausführlich mit logischen Argumenten, mit eigenen Erfahrungen und mit den Erfahrungsberichten von Leuten aus seinen Kursen und seinem Bekanntenkreis. Punkt 1 und 5 wird zum Beispiel damit untermauert, dass die physisch spürbaren Folgen des Entzugs tatsächlich geringfügig sind: oder wo wären denn die schlimmen Schwerzen? Hat die schon mal einer erlebt? Nein, vielmehr ist es nur ein Gefühl der Leere und Unruhe, ungefähr so wie Hunger, mehr nicht. Der Rest ist Psycho und diesen Psycho, bestehend aus VORSTELLUNGEN über das Rauchen, die – auch dank der Aktivitäten der Zigarettenindustrie – im Umlauf sind, möchte Carr zerstören, wirkungslos machen, auf dass es uns leicht fällt, mit dem Rauchen aufzuhören.

Geist und Schmerz

Man könnte jetzt so fortfahren und Carr auch mittels Erkenntnissen aus ganz anderen Quellen „beweisen“: zum Beispiel hat die Schmerzforschung festgestellt, dass ein beliebiger Schmerz (oder auch ein Lärm) ganz unterschiedlich intensiv empfunden wird, je nach der subjektiven Einstellung des Betroffenen. Die „gefühlte Intensität“ kann um bis zu 90% und mehr schwanken! Das erinnert mich an eine Online-Freundin, die mich vor einigen Monaten hier besucht hat. Aus ihren Texten und E-Mails hatte ich den Eindruck gewonnen, sie sei schwer krank, von vielfachen Leiden gezeichnet. Tatsächlich war es eine gepflegte, jugendlich wirkende, kerngesunde und meist gut gelaunte Person, die lediglich die unzähligen kleinen Zipperlein, die mensch nun mal ab dem mittleren Alter hat, ständig thematisierte. Sie „litt“ unter diesen Dingen, zumindest, wenn man ihrer Rede glaubte – aber ich saß ihr gegenüber und glaubte eher ihrer gesamten Ausstrahlung: gesunder Luxus-Typ…. :-)

Ein großer Teil eines Unwohlseins oder Schmerzes rührt vom Widerstand her, den man ihm entgegen setzt: Wenn ich diese Pickel einfach nicht akzeptiere, regen sie mich von mal zu mal mehr auf, wenn ich sie sehe. Oder das Symptom links neben dem Brustbein: juckt wie eine alte Narbe, verdammt, es könnte wunder wer weiss was Schlimmes sein, ich will es nicht haben…. und alles verspannt sich rund um das, was ich nicht spüren will, und macht auf diese Weise (ganz physisch REAL!) den Bereich immer größer, der nicht flexibel und dynamisch mit den Gegebenheiten des Augenblicks mitschwingen kann, weil er ja seine Verteidigungs-Verspannung aufrecht erhalten muss. Und immer härter, verspannter, schmerzhafter wird „das Symptom“….

Ja, und so geht es auch mit dem Rauchen und dem Entzug. Wenn ich weiterhin Gedanken hege wie „EINE Zigarette gelegentlich bringt durchaus Genuß“, dann richtet sich dieser Gedanke wie der Focus eines Brennglases auf das vorhandene physisch-reale Gefühl der Leere, gibt ihm Energie, Gestalt, Raum, und bläht es zu schier unendlich wachsender Größe und Stärke auf. Glückwunsch! Jetzt ist es NICHT mehr leicht, mit dem Rauchen aufzuhören…

Und die Wahrheit?

Ja, was ist mit ihr? Persönlich würde ich mir da keine weiteren tiefschürfenden Gedanken machen, solange es „nur“ darum geht, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich war schon immer bereit, umzudenken, wenn ich das, was ich dadurch gewinne, wirklich benötige und durch das Umdenken auch tatsächlich bekomme. Und ich weiss mittlerweile, dass ich es nur dann schaffe, von den Kippen dauerhaft loszukommen, wenn es LEICHT ist. Auf die schwere Weise hat es bisher nicht geklappt.

Und die wirkliche Wahrheit? Die geht so:

Indem ich auf eine bestimmte Weise denke, schaffe ich eine Realität, die sich vollständig anders anfühlt als diejenige, die ich erleben würde, wenn ich anders denken würde.

Das ist unabweisbar wahr. Ich erlebe es nicht zum ersten Mal, sondern kann es täglich auch in Kleinigkeiten beobachten. Wichtig dabei ist, nicht zu vergessen, dass man nicht bei Null beginnt: Die „Start-Realität“ ist auch schon zustande gekommen, durch Gedanken, die täglich, ja sekündlich, von „aussen“ und „innen“ kommend, in einem imaginären Punkt zusammenknallen, den wir gewohnt sind, ICH zu nennen.

Dieses wissend, ist es kein Problem, mit Gedankengebäuden wie das von Alan Carr umzugehen. Ob eine Zigarette ein Genuß sein kann oder nicht, ist keine Frage der Wahrheit, sondern eine der Bewertung, der Definition. Und es erscheint fürs Nichrauchen dienlicher, den sogenannten „Genuß“ als Illusion zu verstehen, als Falle, als hinterhältige Verlackmeierung. Schließlich ist es nicht zu leugnen, dass die Zigarette das Bedürfnis, das sie dann mit vermeintlichem „Genuß“ deckt, dauernd selber erst schafft – zu Lasten unserer Gesundheit, unseres Geldbeutels und unserer inneren Ruhe.

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Claudia am 20. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Nichtrauchen heisst umdenken

Nichtrauchen heisst umdenken

Der Mensch ist eine Ganzheit aus Geist, Körper und Psyche. Ob man es als Konglomerat verschiedener Wesenheiten betrachtet oder als Aspekte derselben Sache, ist eine Diskussion, die im realen Leben kaum je Bedeutung gewinnt. Auch beim Rauchen, bzw. den Versuchen, davon loszukommen, ist es recht egal, ob ich Materialist oder Pneumatikerin bin: die Sucht macht keinen Unterschied.

Das Loskommen vom Rauchen bietet jedenfalls ein weites und interessantes Versuchsfeld, um das Zusammenspiel der Aspekte Denken, Fühlen und körperliches Empfinden an sich selbst zu beobachten; im Ernstfall, nicht in der Theorie. Ich glaube sogar, dass diejenigen wenig Chancen haben, von den Kippen frei zu werden, die so ein Hinsehen vermeiden wollen und glauben, Rauchen (oder Sucht ganz allgemein) sei eine Art Krankheit und mit Hilfe eines Medikaments oder anderen stofflichen Inputs wegzubekommen.

WER wird rückfällig? Aus einer beliebigen Gruppe ehemaliger Raucher würde ich diejenigen benennen, die von „den Schönheiten der EINEN Zigarette nach dem Essen“ schwärmen oder vom Genuß, den es immerhin gelegentlich gebracht hätte, von der Entspannung bei Nervosität, etc. – die ganze Arie vom Rauchen, die nur Raucher herunterbeten und wer so denkt, ist nun mal Raucher und kein Nichtraucher. Um Nichtraucher zu werden, muss man UMDENKEN. Ansonsten ist das „Umhandeln“ einfach nicht von Dauer – eigentlich klar, oder?

Immer wenn eine Zigarette meine Aufmerksamkeit gewinnt – als Anblick im Aussen oder als inneres Bild – dann müssen die Gedanken an all die vollen Aschenbecher kommen, an die verstopften Bronchien, die beim Atmen hörbar mitpfeifen, an die verqualmten Zimmer und den abgestandenen Rauch, der sich in alle Textilien setzt und einfach nur fürchterlich stinkt. Auch die Gedanken an das elend viele Geld, an die Schlaffheit und Trägheit schaden nicht, genau wie die Erinnerungen an die Unfreiheit: Ohne Zigaretten kann man sich als Raucher NIRGENDS wohl und zufrieden fühlen. Vor allem aber muss im Bewusstsein stehen, dass es DIE EINE Zigarette nicht gibt (sie schmeckt einfach nicht), sondern dass man sich ja erst „einrauchen“ muss, um an der jeweils nächsten Zigarette „Freude“ zu haben: Weil sie den Entzug lindert, der durch das schnell schwindende Nikotin ausgelöst wird.

Ohne solches Umdenken bedarf es immer einer gewissen Anstrengung und Willenskraft, um während gelegentlicher Verlangensattacken das selbstverständliche Zusammenspiel von Fühlen („ich will eine Zigarette“), Denken („gelegentlich EINE bringt durchaus Genuß“) und Handeln (eine rauchen) zu unterbinden. Selbst wenn diese Kraftanstrengung noch so gering ist, so wird sie doch keinesfalls dauerhaft aufrecht erhalten werden können: immer gibt es Tage oder Momente, die all unsere Kraft oder unsere Leidensfähigkeit für andere Dinge benötigen – und schon hängt man wieder an der Zigarette!

Man mag über Willenskraft und ihre Möglichkeiten eine hohe Meinung haben, eines ist gewiss: Aus dem Willen heraus kann mensch mal eben sehr hoch springen, aber der Wille ist ungeeignet, den „Normalzustand“ zu verändern, der sich ergibt, OHNE dass speziell Wille eingesetzt wird. Das ist nicht nur wahr, sondern sogar richtig logisch, nicht?

Sobald also der Konsum eines schädlichen, letztlich tödlichen Stoffs Teil unseres Normalzustands geworden ist, und das Wechselspiel zwischen dem Reiz der Droge und der zunehmenden Immunität des Körpers langsam oder schnell zur Steigerung der Dosis führt, können wir nicht weiterhin im Halbschlaf mit dem „Autopiloten“ durchs Leben fahren. Wenn ich diesen Dreck wieder loswerden will, weil das Leiden daran mittlerweile die „Freuden“ übersteigt, muss ich bereit sein, mich der Sache – bzw. MIR SELBST – zuzuwenden. Und erforschen, was funktioniert, wenn es der Wille nicht tut.

Bei dieser Betrachtung bleibt wenig, vielleicht nichts von mir übrig. Das zu sehen, ist nicht sehr angenehm. Immer wieder greift man lieber nach etwas, und sei es nach der Form der Darstellung, nach der Identitfikation, die aus dem Verfassen von Texten kommt, nach neuen „Besonderheiten“, die sich aus dem Erleben vielleicht doch noch generieren lassen – aber leider: dies alles ist nur Fassade und Verpackung. Das spürt man, so ganz ohne das „innere Gerüst“, das das Nikotin vorher auf den Innenseiten der Zellwände angelagert hatte, fast wie eine Schicht Hartplastik, hart genug, um dem Leben etwas ENTGEGEN zu setzen…

Na, jetzt werde ich fast poetisch, das wollte ich nicht. Eigentlich hatte ich vor, vom Umdenken, vom Denken allgemein und von der „Wahrheit“ zu schreiben – und von Allen Carr, dem Lehrer für’s Umdenken. Das muß ich jetzt allerdings vertagen, denn die Arbeit ruft. Das Thema ist zu groß für einen Eintrag, ich kratze gerade mal an der Oberfläche. Wer sofort mehr will, kann mal den Eintrag vom 15.11. in Steinhoffs Nichtrauchertagebuch lesen. Der bekannte STERN-Reporter hat mit seinem Diary die publizistisch erfolgreichste Nichtraucher-Aktion seit Jahren losgetreten – interessant, dass er mit Alan Carr Probleme hat (siehe u.a. sein Eintrag vom 5.Tag „ohne“).

…wird fortgesetzt!

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Claudia am 01. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Shangrila

Shangrila

Heute ist ein wunderbarer Tag. Ich fühle mich klar und zuversichtlich, ohne dass es dafür besondere Gründe gäbe. Hab‘ gestern ausgespannt, Sauna, ein Spaziergang auf dem Flohmarkt, Besuch bei den Nachbarn und abends einen Serienmörder-Krimi. :-) Schon sieht die Welt wieder richtig freundlich aus, Sinnfragen verblassen im Morgenlicht, treten in den Hintergrund – bis zum nächsten Mal? Weiter → (Shangrila)

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