Thema: Leben & Arbeiten

Claudia am 02. Februar 2001 — 1 Kommentar

Über Stromausfall und Buhmänner

Nachdem sich die Fehlfunktionen des Geräts und das Behördenchaos gestern wieder ein wenig beruhigt hatten, konnte ich heute morgen gerade mal 10 Minuten am PC arbeiten, dann war plötzlich der Strom weg: in der ganzen Wohnung, überall im Schloß, im ganzen Dorf Gottesgabe! Gleichzeitig ist heute der erste Tag dieses Winters mit ordentlich Schnee, der auch liegen bleibt. Die Zentralheizung kann nicht heizen ohne Strom und das bedeutete: noch ca. eine Stunde, dann würde es so richtig ungemütlich werden! Weiter → (Über Stromausfall und Buhmänner)

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Claudia am 31. Januar 2001 — Kommentare deaktiviert für Voll daneben

Voll daneben

Gut, das neue Mailprog funktioniert jetzt. Es ist sogar ausgesprochen toll, doch nach Lobgesängen steht mir derzeit nicht der Sinn (kommt, liebe Bat-Community, versprochen!). Eher drängt es mich, die gesamte technische Welt in die Tonne zu treten, einschließlich sämtlicher Behörden, Verwaltungsapparate, Schweinemast-Fabriken, Server-Architekturen und Shopping-Malls. Weiter → (Voll daneben)

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Claudia am 29. Januar 2001 — Kommentare deaktiviert für Technisches Desaster

Technisches Desaster

Seit gestern mittag kämpfe ich mit einem neuen Mailprogramm und bin dadurch völlig lahmgelegt. Leichtsinnigerweise wollte ich im alten Prog mal aufräumen, doch mitten in einer großen Kopieraktion stürzt das Ding auf einmal ab, die Hälfte der zu kopierenden Mails sind weg! Ich versuche, den ganzen Ordner zu löschen, um wenigstens wieder eine „saubere“ Struktur zu haben: Nichts da! Was nicht gefunden wird, kann auch nicht gelöscht werden, die gnadenlose Logik des Digitals treibt mich zur Weissglut. Doch halt, für solche Fälle hat ja der Programmierer die Funktion „Objektsystem reparieren“ vorgesehen, wie weitsichtig! Ich werfe sie an, doch kaum hat sie zu rödeln begonnen, hört sie auch schon wieder auf und bringt die freundlichen Meldung „PANIK! 3 Objekte weiterhin nicht zugeordnet, Prüfverfahren wird beendet“. Na denn! Ich sichere das ganze Prog auf eine zweite Platte, versuche dann, dem ganzen Mailaccount den Garaus zu machen: „Sind Sie sicher? Dann geben Sie JA ein!“ Ich bin sicher, gebe mein Ja-Wort, beende das Programm – worauf es nicht mehr startet. Nie wieder. Ohne Fehlermeldung, Ende, aus. Weiter → (Technisches Desaster)

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Claudia am 15. Januar 2001 — Kommentare deaktiviert für Von Arbeit verschluckt

Von Arbeit verschluckt

Das Esoterik-Thema vom letzten Mal lass ich noch ein bißchen abkühlen bis zur Wiederaufnahme. Es ist schon erstaunlich, wie sehr das die Gemüter erregt, positiv wie negativ! Die zustimmenden Leser schreiben ins Forum (herzlichen Dank!), die Ablehner mailen privat, bis hin zu Hassmails anonymer Idioten! Egal, klick und weg… Weiter → (Von Arbeit verschluckt)

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Claudia am 29. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für Keine Visionen, aber gute Laune

Keine Visionen, aber gute Laune

Immer kommt es anders. Ganz darauf gefaßt, in stillen Tagen & Nächten schwer besinnlich zu werden und das Jahr angesichts des Todes zu bilanzieren (Was war? Was bleibt? Was bedeutet das?) stelle ich fest: Die Muse küsst mich nicht. Die Götter lassen mich alleine wursteln, kein Engel streift mich mit den Flügeln, keine bedeutungsschwangeren Träume stören den Schlaf. Große Worte vermögen es derzeit nicht, mein Herz zu ergreifen; eher denke ich daran, nachher den Hühnerstall auszumisten, weil es mittlerweile wieder stinkt. Offensichtlich schiebt die Eksistenz Dienst nach Vorschrift, schickt mir keine Visionen und nicht den allerkleinsten Hinweis, dass da irgendwo MEHR sei, als das, was eben IST.

Und weil das Schreiben eine gewisse Eigendynamik entwickelt, kann ich mich nur mit Mühe zurückhalten, jetzt das Lob dessen, was ist, anzustimmen. Das würde hier nämlich gut passen, es folgt eigentlich immer an dieser Stelle: Man schreibt dann getragene Sätze über DAS WUNDER des ganz banalen und normalen Da- und So-Seins bis man selber dran glaubt, bis Schreiber und Leser ausreichend gerührt und ergriffen sind von der Tatsache des Etwas im Großen Schwarzen Nichts…. ABER wenn dieses Etwas dann in Gestalt der zuständigen Sachbearbeiterin im Finanzamt Schwerin mich am Tag nach Weihnachten morgens um zehn anruft und mit erhobener Stimme fragt, WANN ich denn bittschön die Rechnungen vom 2. und 30. Juni versteuert hätte – tja, dann wird die Liebe zum Wunder des Daseins auf eine harte Probe gestellt!

Ich habe sie versteuert, das konnte ich ihr am folgenden Tag („Ich verlange ja nicht von Ihnen, dass Sie SOFORT Auskunft geben“) Zahl für Zahl vorrechnen, womit die Obrigkeit für dieses Mal zufrieden gestellt ist, dem Himmel sei Dank! Der unverhoffte Amtskontakt erinnert mich aber daran, dass ich mir bald mal wieder Gedanken um meine professionelle Zukunft machen muß: Wohin will ich eigentlich? Besser gefragt: Wohin soll ich streben, angesichts der Tatsache, nichts Bestimmtes zu wollen?

Der Möglichkeiten sind viele, die naheliegendste ist sicher ein Update meiner Webdesigner-Existenz: Endlich eine „richtig kommerzielle“ Angebots- und Selbstdarstellungs-Site mit aktiver Ansprache meiner Wunschzielgruppen. Oder aber ich investiere weit intensiver in die Know-How-Vermittlung und überlege mir dafür praktische und einträgliche Erwerbswege (Bücher + Kurse + Seminare…). Möglich wäre auch die weitgehende Abwendung vom Nützlichen zugunsten des Schönen und/oder Sinnvollen: Schreiben, Kunst, sogar Politik lockt mich gelegentlich. Allerdings würde dann die Finanzierung wieder sehr viel problematischer, doch muß das ja kein Hindernis sein, schließlich war ich die meiste Zeit meines Lebens „arm“. Zu guter letzt, so unter der Überschrift „völlig verrückt“ denk‘ ich manchmal daran, einen E-Shop aufzumachen und Gips-Skulpturen für Haus und Garten zu verkaufen. Ganz besondere Skulpturen, die ich erst selber produzieren lassen müßte, womit diese Idee schon wieder verdammt aufwendig wird!

Wenn ich in solche Überlegungen verfalle, nehme ich mich selber nicht ganz ernst: Bisher hat sich letztlich immer alles „von selber“ ergeben, und das viel besser, als ich es selber hätte planen und machen können. Das heißt aber nicht, dass ich nun dasitzen und Däumchen drehen könnte bis die richtige Eingebung kommt. Es ist wie in den Yoga-Übungen (Asanas): Man muß voll konzentriert und engagiert zwischen Anspannung und Entspannung wechseln, um letztlich in der „rechten Spannung“ mit dem Leben mitschwingen zu können. Reines Abhängen macht schwach, dauernde Anstrengung verkrampft, weder das eine noch das andere ist Ziel oder Sinn, sondern das Geschehen selber, bewußt erlebt. („Form ist Leere, Leere ist Form“).

Ein Wunder eigentlich, diese gute Laune. Viel öfter ist mir in letzter Zeit nach Verschwinden zumute, nach dem endgültigen Abwenden von Mensch und Gesellschaft. (Warum? Nur das Übliche: immer mehr Kommerz & Konsum, Gier, Hass und Verblödung, Mord & Totschlag, Krieg & Umweltzerstörung, schlußendlich Medien, die all das verstärken, so gut sie können – kotz!). Wohin aber sollte ich schon abhauen? Robinsonaden liegen mir genauso wenig wie Sekten oder Landkommunen. Mein Temperament neigt nicht die Bohne zum Selbstmord und – sofern ich gesund und nüchtern bleibe – krieg ich nicht mal tageweise eine Depression hin. Wenn ich dann noch den Morgen mit Yoga beginne und mittags mal ’ne Runde ums Dorf gehe, fühle ich mich körperlich so wunderbar wohl, dass es aufs Denken und Fühlen übergreift und auf einmal ist es ganz unmöglich, alles schlecht zu finden: weder mich, noch die anderen, noch die ganze Welt!

Wow, die Sonne scheint, ich muß mal raus.

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Claudia am 25. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für Sich verändern?

Sich verändern?

Nicht weit von Gottesgabe liegt am Rande von Schwerin das Sieben-Seen-Center: Eine Shopping-Mall, ein Baumarkt und Mecklenburg-Vorpommerns größter Sportpark. Dazu gehört die wunderbare Saunalandschaft, die ich des öfteren besuche, ein Fitness-Bereich mit den bekannten Kraftmaschinen, auch Tennis, Squash und jede Menge Kurse für Leute, die lieber im Kollektiv zu fetziger Musik schwitzen als alleine mit einem Gerät.

An diesen Geräten hab‘ ich mich schon vor zehn Jahren in Berlin versucht. Eine Probestunde mit Trainer erlebt, Mitglied geworden, noch ca. dreimal hingegangen, Ende. An den Apparaten bin ich vor Langeweile fast gestorben, es war einfach kein Anreiz da, mich anzustrengen, mich irgendwie zu malträtieren und die Trägheit zu überwinden. Natürlich wäre ich gern schlank und fit gewesen, doch diese Wunschbilder in meinem Kopf waren kraftlose Vorstellungen, so wie man manchmal an den Strand denkt und doch in der Stadt wohnen bleibt, Träume ohne Bezug zur wirklichen Welt.

Sind Änderungen machbar?

Immerhin hab‘ ich mittlerweile die Stadt verlassen. Nicht in einem Hau-Ruck-Entschluß, sondern indem ich über mehrere Jahre immer deutlicher bemerkte, was mir die Metropole gegeben und genommen hat. Das immense Kulturangebot, die unendlichen Möglichkeiten, die unzähligen Veranstaltungen gingen zunehmend an mir vorbei, wie viele Berliner lebte ich „im Kiez“, das ich nur ungern und selten verließ. Als auch meine Arbeit nicht mehr an den Ort gebunden war, fragte ich mich immer öfter: Warum bleibe ich hier? Warum tue ich es mir an, täglich von morgens bis nachts diesen Lärm, dieses ständige Hintergrundgetöse zu ertragen? An die dreckige Luft ist man als Städter ja eigentlich gewöhnt, doch jahrelange Yoga-Übungen machen jede Nase empfindlicher, ich konnte nicht mehr so leicht ignorieren, was ich da von früh bis spät einatmete. Am meisten nervten mich gegen Ende die vielen Eindrücke, die strömenden Menschenmengen, die Läden, Lichter und Schlagzeilen, der ganze Glitter und das ganze Elend: Die aufgemotzen reichen Selbstdarsteller genauso wie die „Haste mal ne Mark“-Jugendlichen, die vielen Hunde und die viele Hundescheiße… ich verweigerte einfach die Wahrnehmung und lief völlig „dicht“ durch die Straßen, Bekannte mußten schon laut rufen, damit ich sie überhaupt bemerkte.

Schließlich hatte ich genug und beschloß, Berlin zu verlassen und mir im Speckgürtel etwas zu suchen. Es fand sich auch „wie von selbst“ eine Möglichkeit, in ein altes Bauernhaus in der Nähe von Potsdam zu ziehen. Eine Berlinerin hatte es gekauft und suchte händeringend nach Mietern. Zuerst gefiel es mir recht gut und ich unterzeichnete schon bald den Mietvertrag, doch irgendwie erschien mir das ganze NICHT REAL. Monate gingen ins Land und die versprochenen Modernisierungen kamen nicht zustande, ich glaubte immer weniger daran, dass ich Berlin jemals verlassen würde. Letztlich war es mir auch nicht recht vorstellbar, ohne meinen langjährigen Lebensgefährten wegzuziehen. Der aber wollte erstmal in der alten Wohnung bleiben.

Zieh doch mit uns weg!

Dann, gerade als ich den „Traum vom Land“ praktisch schon aufgegeben hatte, kam auf einmal das Angebot von Freunden: Zieht doch mit uns nach Gottesgabe, wir haben da ein frisch renoviertes Schloß! Plötzlich waren wir in der Lage, sehr schnell ja zu sagen. Nicht allein, sondern zusammen, nicht zum Speckgürtel von Berlin, sondern zum dünn besiedelten Mecklenburg! Selber wäre ich da nie drauf gekommen….

War dieses „aufs Land ziehen“ ein aktives Tun? Ich fühlte mich die meiste Zeit eher passiv, mit Ausnahme der Phase mit dem Potsdam-Plan, der auch prompt nicht funktionierte. Tatsache war die wachsende Sensibilität, die vom Körper ausging und mich immer mehr an der Stadt leiden ließ – man kann es auch Weichheit und Schwäche nennen. Tatsache war das Internet, das mich vom Raum unabhängig machte. So viele Dinge spielten bei dieser großen Lebensveränderung eine Rolle – mein Anteil daran ist eher gering.

Ich führe mir all das vor Augen, weil ich darüber nachdenke, wie man sich verändert, in der Wirklichkeit, nicht in der Vorstellung. Es scheint, dass es dieses Jahr auch gelungen ist, vom Rauchen so weit wegzukommen, wie noch niemals zuvor (100%ig ist es noch immer nicht, ich rauche gelegentlich eine mit, fühle keine Sucht, sondern ein „nicht GANZ loslassen wollen“). Auch das ist nach dreissig Jahren mit 20 bis über 40 Zigaretten am Tag eine spektakuläre Veränderung. Eine, die ebenfalls nicht per Einsicht, Entschluß und Willenskraft zustande kommt, sondern durch längeres Leiden und wiederholtes Wahrnehmen psychisch günstiger Gelegenheiten, durch beiläufige Experimente mit Körper und Geist – bloss nicht so hoch hängen wie 1998, als ich anläßlich eines Aufhörversuchs gleich ein ganzes Nichtrauchertagebuch schrieb und in den Texten geklungen habe, als wolle ich eine Sekte aufmachen!

Wirkliche Veränderungen scheinen leise zu geschehen. Man ist nicht unbeteiligt, kann sie aber auch nicht „machen“. Die Gelegenheit im Sportpark werd‘ ich mal versuchsweise ergreifen – nicht die Geräte, sondern die Fitness-Kurse. Vielleicht ist mein Horror vor körperlichen Anstrengungen ja nur noch eine alte Vorstellung….

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Claudia am 23. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für In der Lücke

In der Lücke

Jetzt ist es also soweit: Die Wintersonnwende ist vorüber, morgen brechen die „12 heiligen Nächte“ an. Der Konsumrausch feiert sein Finale, dann gehen alle nachhause, um die letzten Vorbereitungen zu treffen, das Erstandene zu verpacken, vorzukochen – fast komisch, so ein kollektives Agieren in einer das Individuelle so hoch schätzenden Gesellschaft.

Bei uns hier nichts von alledem. Am zweiten Weihnachtsfeiertag sind wir bei Freunden im Haus eingeladen, ansonsten Stille. Die Wiese, die Büsche und Bäume draußen sind jetzt voller Reif, zweimal am Tag bekommen die Hühner warmes Wasser, weil es so schnell einfriert – ich möchte jetzt nicht Huhn sein! Und doch legen sie immer weiter Eier… Ein Vogelhaus haben wir heute aufgestellt, aber noch halten sich die Vögel zurück.

Wenn ich meinen Eintrag vom 23.12. letzten Jahres lese, merke ich, dass ich heute deutlich weniger besinnlich drauf bin. Lustigerweise war damals ebenfalls Reif, und zwar der einzige im ganzen Jahr! Ist schon komisch, so ein Diary, ich schaue selten alte Einträge an, vielleicht wär‘ das ein Einstig ins jahresendzeitliche Bilanz ziehen.

Was tun in diesen letzten Tagen, ohne ins allgemeine Festgeschehen involviert zu sein? Zu meiner Family nach Wiesbaden fahre ich nicht, denn da tobt Weihnachten echt die Lucy. Und so ist es fast ein wenig abenteuerlich, hier in der Pampa im Nichts zu sitzen, frei geschaufelt von den Pflichten, noch ganz ohne Vorstellung, wie das selbst gewollte Vakuum zu füllen wäre. Ich liebe Lücken im normalen Geschehen, in denen man spürt, dass das Leben nichts Selbstverständliches ist, sondern sehr sehr seltsam.

Jedenfalls hab‘ ich vor, bis Anfang Januar recht viel Diary zu schreiben – in Berlin konnte man nachts in die Kneipe gehen und andere versprengte Weihnachtsflüchter treffen, hier muß ich eben virtuell „nach draußen“ gehen. Webdiarys sind ja dieses Jahr in Mode gekommen, viele schreiben jetzt ein „Weblog“. Ich bin mal gespannt, was davon übrig bleiben wird. Die, in die ich bisher eher zufällig ‚reingelesen habe, wirken auf mich meist irgendwie „äußerlich“, jemand schreibt, was er oder sie so denkt, aber ohne daß man einen wirklichen Eindruck von der Person gewinnen könnte, die da schreibt! Und DAS ist für mich doch der eigentliche Grund, Tagebücher zu lesen, Leute „aus der Entfernung“ kennen zu lernen. Erst wenn ich sie „kenne“, sagt es mir was, wenn sie dieses oder jenes empfehlen oder kritisieren.

Viele, die nonkommerziell im Web publizieren, scheinen ein bißchen gespalten in der eigenen Intention: sich ausdrücken wollen, aber möglichst ohne sich zu zeigen. Dabei halte ich es für immer wichtiger, dass Menschen sich im Netz darstellen. Nicht „zur eitlen Selbstdarstellung“, wie es Carola Heine mutig auf ihre Seiten schrieb, sondern damit wir uns überhaupt noch verstehen können in diesen Zeiten, in denen die Begriffe selber immer bedeutungsloser werden. Ich merke, dass abstraktes Argumentieren auch bezüglich allerwichtigster Themen bei mir nicht mehr ankommt: ich will denjenigen sehen, der die Behauptungen aufstellt und die Argumente bringt. Erst wenn ich insgesamt einen Eindruck habe, ob ich von dieser Person einen Gebrauchtwagen kaufen würde, erst dann lasse ich mich auf Argumente ein.

Durchaus bedenklich, ich weiß. Aber ich MACHE mich nicht, sondern ich werde. Allenfalls kann ich zuschauen und beschreiben, was läuft.

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Claudia am 09. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für Vom lebendigen Hypertext

Vom lebendigen Hypertext

Danke, danke für die guten Wünsche: Heute ist der dritte Tag der Erkältung, der Tag ihres Verschwindens. Als erste Erkältung seit vielen Jahren ist das sowieso eher eine interessante Erfahrung: diese körperliche Schlaffheit, die volle physische Unfähigkeit zu irgend welchen Anstrengungen bringt mir eine selten verspürte innere Ruhe. Vermutlich funktioniert der psychische Mechanismus nach dem Motto: Wo nichts geht, kann auch nichts verlangt werden, wie schön! Und aus dieser Entlastung heraus konnte ich locker aktiv werden, voller Freude vor dem Monitor sitzen und mein neues KnowHow-Projekt anschieben, dessen erster Artikel (zu Nielsen, siehe Kasten) ja seit gestern zu besichtigen ist.

Meine Motivationskrise, die sich seit Monaten hinzog, ist mit diesem Projekt-Start vorbei: Endlich wieder ein lebendiger Hypertext! Das Diary ist natürlich auch lebendig, doch seine Form ist fest, mit ihr experimentiere ich nicht mehr. Das Erotische des Webdiarys, das praktisch ein Teil meiner Existenz geworden ist, findet auschließlich auf der inhaltlichen Ebene statt: Wie weit zeige ich mich? Ist das, was ich zeige, überhaupt real? Welche Motive stehen hinter diesem Tun? Soll ich dies und jenes wirklich schreiben? Hat es einen Sinn, und wenn nicht, warum findet es trotzdem Leser? Usw. usf. – im Ganzen eine sehr persönliche Angelegenheit, nichts, womit ich irgendwie auf’s real existierende öffentliche Leben einwirken will.

Im jetzt endlich gestarteten Webwriting-Magazin kann ich dagegen das Netz für mich wieder mal ganz neu erfinden: Den in jahrelanger Praxis gemachten Erfahrungen mit dem Publizieren im Internet eine eigene Form geben und diese gleichzeitig auch ausformulieren und begründen. Mit Michael Charlier ist mir dafür der ideale Co-Worker begegnet, er hat erstens Jahrzehnte schreiberisch-journalistische Erfahrung, doch vor allem auch die Geduld, Dinge wirklich auf den Punkt hin auszuformulieren. Quellen angeben, Autoren zitieren, Dinge wirklich von Anfang bis Ende rezipieren und dann nachvollziehbar bewerten, das ist nicht unbedingt das, was mir Spaß macht. Ich setze lieber ein Beispiel, verschaffe ein ERLEBNIS und sage dann: Wenn sie es nicht selber schnallen, dann eben nicht. Insofern ergänzen wir uns aufs Beste und ich bin guter Dinge, dass das Webwriting-Magazin eine unverwechselbare Qualität aufweisen wird, von der auch andere etwas haben.

Lebendige Texte?

Gute Hypertexte haben für mich etwas Utopisches. Schließlich sind es keine fertigen Artefakte, die irgendwo ausgestellt stehen, keine WERKE, in irgendwelchen Speichern und Bibliotheken gehortet, vielleicht gerühmt, oft schnell vergessen. Nein, Hypertexte sind im besten Fall offene STRUKTUREN, Organisations- und Kommunikationsstrukturen für Texte und Menschen. Nehmen wir einen guten Prototyp als Beispiel: Selfhtml [aktualisierte URL, Stefan ist nicht mehr dabei] von Stefan Münz ist nicht nur das Produkt (die 7 Versionen des Hypertextes selbst), sondern ein Teil von Stefan, den er so nach außen gestellt hat, worauf sich andere einfanden, die zur Sache etwas beitrugen. Rund um das Dokument entstand eine weit verstreute Community aus Menschen, die von Stefans ganz spezifischen Art, Wissen weiterzugeben, angerührt sind und diese Art & Weise mit- und weitertragen. (Natürlich gibt es auch jede Menge „blosse Konsumenten“, das ändert aber nichts.)

Es ging und geht dabei nicht nur um HTML, sondern um die Vermittlung der spezifischen Sicht von Stefan auf das Netz: Um den Geist gegenseitiger Hilfe, um Kooperation jenseits kommerzieller Interessen, um Ordnung, und wie man sie im Chaos schaffen kann, um Werte eben, die durch den Hypertext (dessen „Leben“ im Web) nicht etwa zitiert und beschrieben, sondern VERWIRKLICHT werden. Und es ist ja auch eingeschlagen! Dass Einsteiger heute oft lieber zu grauenhaften WYSIWYG-Editoren (Ihre Homepage in zehn Mausklicks) greifen, anstatt selbst HTML zu lernen, liegt einerseits am großen Umfang, den HTML mittlerweile angenommen hat, zum anderen daran, dass sie in einer (fast) ganz kommerzialisierten Umgebung keinen Zugang zur „Energie des Verstehens“ (=Untertitel zu Selfhtml) finden, die ja etwas anderes ist als die Energie des Verkaufens. Es braucht mehr und immer neue Hypertexte, um das immer wieder neu zu vermitteln.

Übrigens hab‘ ich mich gerade mal in den Chat auf Selfhtml-Life eingeklingt. Da heißt es auf einem Laufband: „Frage Dich stets, wer Du bist, bevor du uns fragst, wie das alles mit JavaScript geht….“. Klasse! Da ist er wieder, der philosophische Geist von Selfhtml, den man in einer Lernstruktur zu so etwas Trockenem wie HTML gar nicht erwarten würde.

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