18.6., zu: 16:06:00 Wege ins Netz
Hallo Claudia,
Gruess Dich, Claudia,
Du schreibst in Deinem Diary:
‚Mit der eigenen Homepage zu beginnen, ist jedenfalls ein guter Anfang. „Sich zeigen“ ist der erste Schritt – auch im Urwald ist der eigene Körper für die anderen Wesen sichtbar und in der Stadt hat jeder eine Meldeadresse, eine Wohnung, eine Basis. ‚
Recht hast Du!
Wie oft hoere ich von Leuten den Spruch: ‚Ich bin im Internet‘. Und sie meinen doch nur, dass sie sich umgesehen haben auf fremden Seiten. Es ist, als ob ich sage: ‚Ich bin im Fernsehen‘, obwohl ich nur eine Fernbedienung in der Hand habe und von Sender zu Sender flaniere. Ein Mensch, der das Netzt nutzt, sollte auch seinen Teil dazu beitragen, oder besser: einen Teil von sich mit einbringen. Tut er das nicht, beweist er, dass der Geist in ihm steckt, an dem die Welt krankt: Der Geist vom Stamme ‚Nimm‘, der Konsumgeist.
Das war auch der Grund, weshalb ich mich entschloss, eine Webseite, eine Homepage auf die Beine zu stellen. Hoffe, es ist mir gelungen.
Viele Gruesse,
Andreas
—
Jede Wochen eine Kolumne,
* www.kolumne.ixy.de *
15.6., zu: Digidiary
Hallo Claudia,
wirklich beachtlich, wie Du Dich mich Deinen Erlebnissen und den eigenen Schlußfolgerungen auseinandersetzt.
Beachtlich desweiteren, wie Du es verstehst, die deutsche Sprache zu Deinem Vorteil „fast schon“ weiter entwickelst.
Das vermochte ich nie. Oder besser, es fehlte mir „je“ der Anreiz dazu.
Ich las nun heute Abend eine geschlagene Stunde Deine Einträge und werde mir bestimmt auch in Zukunft die Zeit nehmen, dies zu tun.
Es gibt einfach zu wenig „Beachtenswertes“ im Netz.
Weiterhin viel Spass
Robert
http://members.aol.com/minusmann
14.6., herzlichen glückwunsch zum „docsnuggle webaward – may 2000“
hallo, ich möchte mich vorstellen, mein name ist falko kuschel und ich bin leidenschaftlicher websurfer sowie auzbi zum webdesigner. auf einer meiner täglichen surftouren durchs www bin ich, mehr oder weniger zufällig, über ihre seite gestolpert und dort auch recht lange verblieben.
aus respekt zu ihrer leistung verleihe ich ihnen den 3. docsnuggle webaward für den monat mai. ich habe somit einen link von meiner homepage auf die ihre eingefügt und hoffe auf ihr einverständnis. falls sie mit einem link auf ihre seite nicht einverstanden sind werde ich den link selbstverständlich entfernen. sie finden ihren eintrag auf meiner homepage unter der rubrik „docsnuggle webawards“
ich wünsche ihnen noch viel glück mit ihrer webpage und verbleibe mit freundlichen grüßen
fok/ docsnuggle
www.docsnuggle.de
zu: 12:05:00 Der Körper als Text
Hallo Claudia,
…zu den drei Punkten:
der Koerper als Text,
und die Welt als Text-Baukasten?
Geschaetzte Claudia, dein Diary ist hinreissend. Wer kennt sie nicht, die Freuden der Jugend. Es ist nicht nur eine bestimmte Sorte Mensch, die in koerperlichen Dingen unterlegen ist, auf dem Spielplatz, Freibad, Raufen und all dem.
Man muss eben frueh genug lernen, seine Grenzen zu finden. Dass unser Schulsystem nicht unbedingt der optimalen Persoenlichkeitsbildung dient und frueh genug durch Lob/Tadel/Noten selektiert, ist normal. Es gibt wohl kein machbareres System?
Dein Beispiel mit dem Lesen kann ich gut nachvollziehen, ich hatte damals -nach dem ausser- schulischen Lesenlernen- mangels anderer Quellen Maerchenbuecher zum Teil abgeschrieben, nur so zum Spass. Schule war langweilig.
Die Dinge wiederholen sich erstaunlicherweise; meine Tochter konnte auch schon sehr frueh lesen und fuehlte sich in den Grundschulklassen eher belaestigt denn gefordert.
Das hat sich dann grundlegend gewandelt; heute ist sie eher mittelmaessig, faellt nicht mehr auf und schummelt sich so durch. Allerdings als eigene Persoenlichkeit, nicht als Mitlaeuferin.
Alex hat den Schulkram bald hinter sich, gerade macht er ein Praktikum, dann noch ein halbes Jahr und das wars dann vorlaeufig mit Noten und all dem.
Du schreibst von der Angst vor koerperlich erfahrbaren Entschluesselung der MuskelCodes? Warum: – es gibt keinen vernuenftigen Grund, sich vor seinen (Un)Moeglichkeiten zu verstecken. Allein eine verinnerlichte Haltung, andern etwas beweisen zu muessen, koennte diese Angst vor eigenen Unzulaenglichkeiten begruenden, und da denke ich, brauchst du dich vor niemand zu verbergen.
nobody is perfect, nicht?
Haten wir uns nicht schoneinmal ueber „angst“ unterhalten? Ueber den notwendigen „schutzreflex“, der zum ueberleben notwendig ist, und dessen Fehlen kurzlebige, alberne Helden gebiert? Ich fuer meinen Teil bin froh darueber, meine koerperlichen Grenzen ziemlich genau zu kennen. Wenn beispielsweise blutige Struempfe abends von den stinkenden Gehwerkzeugen abgepuhlt werden, weiss ich, den Bogen mal wieder ueberspannt zu haben.
Also: kuerzer treten. Keiner kann unmoegliches verlangen. Zumindest nicht auf Dauer. Und der Gedanke daran, dass die anderen auch nur mit Wasser kochen, gibt mir die Gelasenheit -und damit die Freiheit-, auch mal ein begruendetes ‚Nein‘ sagen zu koennen. Unser Textbaukasten Welt ist wie ein Setzkasten der in Vergessenheit geratenden Drucker. Manchmal bleiernde Schwere, dann wieder formvollendete Schoenheit in winzigen Details. Ich versuche, mir die Freiheit zum eigenen Text herauszunehmen, schreibe taeglich ein wenig Reallife auf den Baustellen mit Hammer und Bohrmaschine und bins zufrieden. (Der Gedanke, die Besucher, die bei der Expo 2000 im Jugenddorf zur Toilette gehen, koennen dies, _weil_ ich dort Trennwaende aufgebaut habe, ist einer jener Textbausteine, die ein stoisches Weitermachen, einfach weitermachen erleichtert. Gewiss denkt keiner an die Arbeiter, die das ganze hingestellt haben, allein: nuetzliche Dinge sind aus Taetigkeit entstanden. Der Text kann fliessen. :)
Manchmal ist es schon ein Hundeleben, gewiss. allerdings: hast du schon in ihr Tun versunkene sich selbst voellig genuegende, herumtollende Hunde beobachtet?
und ? hast du gegrinst?
:) Gruesse aus Salzgitter
ingo
zu: 06:05:00 I love you
Hallo Claudia,
…zu den drei Punkten:
1. Sex, Pics, XXX:
Sozusagen Fortsetzung der Affenfelsen-Erlebnisse. Ohne tatsächliche Körperlichkeit (Anwesenheit zu zweit) ist das Leben wohl nicht zu geniessen (das ist was anderes / mehr als „bestreiten“ oder „verbringen“). Auch das sog. Wissensmanagement kommt ohne die direkte Kommunikation zwischen zwei real anwesenden langfristig nicht aus. Denn Wissenstransfer geschieht nicht allein durch Schrift. Durch die anderen Kanäle / Sinne und vor allem deren Zusammenspiel kommt erst das entscheidende beim Empfänger von Wissen an.
2. Reich werden ohne Arbeit in 14 Tagen
Das erinnert so schön an die Missions- und Motivationszüge von Bodo Schäfer und Nachahmer. wer keine Ziele hat, der will wenigstens Geld. Am besten soviel, dass es gar nichts mehr nützt. Was hat denn Bill Gates von der Milliarden (die er ja nur hat, wenn er die Anteile versilbert!)? Klar er will 3).
3. Geliebt werden
Ja,ja – die Aufmerksamkeit oder die Beachtung sind wohl wirklich die neuen Zahlungsmittel bzw. der Geldersatz. Oder das eigentliche „Glücks-Ziel“. Und das hat wohl wieder einiges mit 1) zu tun – aber nicht virtuell sondern real.
Jetzt kommt mir noch Maslow in den Sinn. Wie befriedigen wir denn die einzelnen Bedürfnisse der jeweiligen Stufen? Die Grundbedürfnisse zum Teil noch direkt im Austausch ohne Geld, durch Selbermachen oder neuerdings (Bsp. Pflegeversicherung) immer stärker über das Medium / den Umweg Geld. Sicherheit, Zugehörigkeit und Anerkennung bedürfen des Geldes – oder manchmal auch des Bettelns oder des Diebstahls. Manch einer kommt inzwischen auch mit Verzicht weiter. Bei der Anerkennung und zum Teil der Selbstverwirklichung spielt Geld keine Rolle mehr, da ist Aufmerksamkeit schon das entscheidende Mittel der Befriedigung: Prominent sein, in den Medien sein … Geld hat man – oder tut so als hätte man es (Casanova-Effekt). Bei der Selbstverwirklichung schliesslich spielt irgendwann auch die Aufmerksamkeit durch andere keine Rolle mehr, da werden Dinge / Gedanken um ihrer selbst Willen getan / erreicht – man könnte das auch den „permanenten Flow“ nennen.
Warum dies feststellen und in die Diskussion bringen? Cui bono? Weil daraus spannende Diskussionen und Erkenntnisse für den entstehen können, der sie entstehen lassen möchte, der also offen für Neues ist. Dies wirklich und bewusst ohne Wertung. Denn Mission bringt Krieg, weil sie Einmischung ist. Offene Diskussion beflügelt. Tschüß
Volker
zu: 21.4.00 Vom Plaudern der Bilder
Liebe Claudia
Um auf den Eintrag vom 21.4. zurückzukommen, möchte ich anmerken, dass deine Feststellung, dass erst nach dem du zu schreiben begonnen hast, deine kreativen Impulse eintreten, ich für meine Person nur bestätigen kann. Meine Gedanken und mein Wissen etc. dass in meinem Kopf gespeichert ist, erscheint mir wie langsam aber stetig fließender Strom. Wenn ich nun auf etwas in meinem Kopf zurückgreifen will, und es niederschreiben möchte, entsteht sozusagen eine Engstelle des Stromes, aus der dann ebenso wie es ein physikalisches Gesetz beschreibt ein Drive entsteht, der Energie freisetzt. Der Akt des Schreibens stellt für mich eine Fokusierung der geistigen Schaffenskraft auf ein bestimmtes Thema dar. In meinem Kopf schwirren unzählige Gedanken unher, die vor meinem geistigen Auge angerissen, nicht vollends ausgeführt und durch externe Einflüße abgelenkt werden; sozusagen ein Chaos. Die Energien heben sich gegenseitig auf, oder gehen verloren. Erst wenn ich schreibe bündeln sich diese Energien und ich kann mich voll und ganz konzentrieren (naja meistens jedenfalls). Das Chaos ordnet sich, und die Energien verwandeln sich in Kreativität.
Dietmar Kamper beschreibt das Papier als Haut und die Tinte als Blut oder Samen, und somit erhält das Schreiben für mich Medium Charakter. Laut eines berühmten amerikanischen Medienökologen, der den Satz formulierte „Das Medium ist die Botschaft“, gelten für ein Medium bestimmte Regeln, die reflexsiv auf den im Medium Agierenden wirken. Die Regeln des Schreibens sind für mich schwer in Worte zu fassen, doch ich bin davon überzeugt, dass es sie gibt. Die Art und Weise wie Gendanken durch Sprache zum Ausdruck gebracht werden ist für mich faszinierend. Die Gedanken erscheinen mir oft verworren und durch dass, durch Regeln bestimmte Schreiben, werden sie geordnet und zum Ausdruck gebracht.
Wenn ich beginne einen Gedanken schriftlich auszuarbeiten, entsteht bereits während ich einen Satz formuliere ein Link zum nächsten, wie gerade eben als ich die Paralelle zum Hypertextsystem zog. Durch die Niederschrift beendet mein Gehirn ein gewisses Kapitel und kann dadurch den logisch nächst folgenden Schritt tätigen, und verliert sich nicht in einem rotierenden Gedanken, der wenn am Ende angelangt wieder zum Anfang zurückführt und von neuem beginnt.
Die Frage für mich ist jedoch ob dieser lineare Ablauf, der dem Menschen so vertraut ist (Verlauf der Zeit und so), also ein Gedanke nach dem anderen, nicht manchaml durchbrochen werden soll. Du hast in deiner Tagebucheintragung bereits Möglichkeiten wie brain storming usw. angeführt, die darauf zielen die „Regeln“ zu brechen, aber wie du auch erwähntest ist dein Kontrollorgan schneller. Innerhalb des Systems Sprache ist dies auch schwer möglich, denke ich, aber warum sollte man nicht versuchen einen völlig neuen Zugang zur Energie des menschlichen Geistes zu finden?
Mit dieser offenen Frage (zumindest für mich) möchte ich schließen, nur noch eine Bemerkung. Ich bin total begeistert von deiner Arbeit und deinem Stil zu schreiben, der mir immer neue Gedankenimpulse vermittelt.
Mit freundlichen grüßen
Michael
zu: 25.4.00 360 Jahre leben…
Hallo,
ich bin doch immer wieder erstaunt, mit was die Wissenschaft uns alle beglücken möchte. Demnächst also auch 360 Jahre Lebenserwartung, wahrscheinlich begleitet von würfelförmigen Tomaten, auf Bäumen wachsendem Nutella und Kühen, in deren Euter der fertige Erdbeerquark mit 0,3 Prozent Fettgehalt plätschert.
Ich frage mich dann immer, ob der Mensch nicht akzeptieren kann, daß Momente des Glücks flüchtige Zustände sind, die auch durch ein endlos verlängertes Dasein weder häufiger noch besser werden. Und wenn ich mir vorstelle, ich würde mich mit der nächsten jungen Frau unterhalten und würde dabei in Gedanken bereits die Tage bis zu meinem 176. Geburtstag zählen, dreht sich irgendwie mein Magen um. Wozu das alles?
Ein Beispiel aus einem anderen Lebensumfeld. Anfang bis Mitte der 90er unterlag die damalige Rave-Szene einem ähnlichen Irrtum, indem die Partys auf 24, 36 oder 48 Stunden ausgedehnt wurden. Tanzen bis zum Kreislaufzusammenbruch, in der Hoffnung, daß dadurch alles noch toller, phetter, glücklicher werden würde. Nur hat das irgendwie auch nicht so recht funktioniert. Den Moment, in dem man vom Ambiente, von der Atmosphäre aufgesaugt und in eine andere, spirituelle Dimension geschleudert wurde, erlebte man trotzdem nur einmal. Ob man in dieser Dimension dann 2 oder 20 Stunden blieb, machte eigentlich gar keinen Unterschied mehr, schließlich erlebte man es gar nicht bewußt. Wozu also die weiteren 18 Stunden?
Wenn man einmal an den Punkt angelangt ist, an dem man das Leben nicht mehr als durchgängig bitteren Ernst betrachtet, sondern als eine mehr oder weniger willkürliche Aneinanderreihung skurriler, amüsanter oder auch ärgerlicher Ereignisse, die man teils kopfschüttelnd, teils laut lachend an sich vorbeiziehen läßt, dann stellt sich eine ähnliche Frage: was macht es für einen Unterschied, ob diese Aneinanderreihung nun 35 oder 335 Jahre dauert? Den Moment der inneren Befreiung von einem wie auch immer anerzogenen „Pflichtgefühl“ erlebt man auch nur ein einziges mal (wenn überhaupt – die meisten ja nicht). Und der ist so ziemlich das wertvollste, was man erleben kann. Darüber gibt es nicht mehr viel.
Und irgendwann muß dann auch mal Schluß sein. Dann will ich mich hinlegen können, mit dem Gedanken „So, das war´s jetzt. War nett, machts gut.“ Warum will uns die Wissenschaft diesen zweiten, wichtigen Moment nehmen, der uns durch die recht begrenzte Zeitspanne bis dahin immer verdeutlicht, daß die Aneinanderreihung von Ereignissen irgendwann auch mal ein Ende hat … und uns dadurch überhaupt erst ein bewußtes Erleben ermöglicht?
www.wodile.de
zu: 25.4.00 360 Jahre leben…
Hallo Claudia,
> 360 Jahre Spiegel-Headlines!
> 360 Jahre Hauen & Stechen,
> 360 Jahre Skandale und Entlarvungen,
> 360 Jahre RTL2
…320 Jahre Arbeitsleben; was die gerade veröffentlichte Arbeitslosenprognose von weniger als 2 Millionen Arbeitslosen in 10 Jahren gehörig durcheinander bringt,
…Windows2360 und die nun wirklich, wirklich allerletzte DOS-basierte Version in 16bit,
…360 Jahre als Konsument von der Werbung verführt,
…die 130.000 Sendung GuteZeiten-schlechteZeiten, immer noch ohne Schauspieler,
…der 333. Geburtstag im Kreis der engsten 1215 Familienmitglieder und zahllose Geschenke,
…mindestens 120 Jahre Rot-Grün mit Gerhard
…nach 300 Jahren T-Online-Aktien verkaufen
…immer noch Millionen, die täglich an Krieg, Hunger und Krankheiten sterben
…und wir selbst: Immer noch kein bisschen weiser?
Schöne Aussichten!
Matthias
vielleicht noch mehr als 300 Jahre Digital diary lesend ;)
http://www.netzwanderer.de
zu: 21.4.00 Vom Plaudern der Bilder – Warum noch schreiben?
„innere notwendigkeit“ erinnert mich an kreativität als das blut, das aus einer offenen halsschlagader pulst. schreiben als notwendigkeit um wie auf einer leinwand aus einzelnen strichen eine momentaufnahmen zu zeichnen ja – publiblizieren nein. selbstausdruck wird mit rosa haarschleifen und leggingwürsten praktiziert, mit furzen und rülpsen, als hooligan, als politiker, mit dem schwarzen kasten. was ist selbstausdruck?
ist selbstausdruck erstrebenswert? was sollen wir ausdrücken? sind wir individuuen? singuläre ereignisse in einem raum -zeitgefüge? was wir als teil einer gattung wahrnehmen können, ist die art in ihrer vielfältigkeit, doch die individualität scheint begrenzt zu sein, zumal man über sein eigenes universum hinaus nicht ihre essenz erfahren kann. und damit tun sich schon manche, die daran interessiert sind, grässlich schwer. unsere eigene individualität stellt die barriere dazu dar, jegliche individualität, die mitgeteilt werden soll, zu erfahren und zu verstehen. jede fremde geschichte wird nur verstanden, wenn ein stück daraus in der eigenen geschichte passt, nacherlebt wird. was sollen wir also ausdrücken, wenn es uns durch unsere subjektivität nicht möglich ist, das wirkliche zu verstehen?
führt der ausdruck des selbst als einem singulären ereignis in seiner zwanghaftigkeit ein solches zu sein nicht wieder zur einer inszenierung, etwas stilisiertem – zu etwas das am wirklichen vorbeigeht? ist ein innerer drang in uns, zu inszenieren, zu stilisieren? ich kenne den drang, wenn ich mit klopfendem herzen und zitternden fingern mich hinsetze und irgendetwas schreiben muss, das handelt aber nur bedingt von mir, ich drücke mich nicht aus, etwas drückt sich aus durch mich, ich bin nur ein instrument, durch das es hindurchfliesst. es ist, als ob man auf einen gemeinsamen pool zurückgreifen würde aus einer vielschicht von stimmen den exakten nährungswert an die wirklichkeit heraushören könnte und diesen ton durch sein instrument bläst. es ist dieses ohrensausen und rauschen der gedanken, das blut, das pocht,der präzise cut des wortes, eingesetzt in einer reihe ohne absehbares ende und auf einmal ist sie da: die essenz der realität aus dem brennspiegel der worte
es gibt kein warum dafür, es ist. so wie ich auch keinen selbstausdruck erstrebe, sondern das sein einfach da ist, in seiner präsenz manigfaltig, unüberschaubar und wunderschön.
have a nice week
iris
zu: 31.3.00 Wissensgesellschaft
Hallo Claudia,
„weisst du noch, die Anfaenge der ML ‚webkultur‘,…“ -so koennte ich jetzt anfangen:)..
Du hattest einmal unter „das internet existiert nicht“ einen fulminanten Aufsatz geschrieben; jetzt, knapp 3,5 Echtzeit Jahre spaeter wird das Internet zu einem Megaevent, der aus keinerlei Oeffentlichkeit mehr wegzudenken ist. Fuer mich, als privaten ex-Homepager ist es immer noch ein virtueller „Nicht-ort“, manche werden nach der anfaenglichen Begeisterung wahrscheinlich die Segel wieder streichen und es bei einer schlichten „ErreichbarkeitsAdresse“, einer Email-Anschrift belassen.
Und doch sind sie „dabei“. Seit dem ersten gemeinschaftlich organisierten Nahrungskampf in der Grassamen-Steinzeit fanden sich immer Rabauken, die „die Gesellschaft“ umkrempeln wollten; der letzte Radikale war unter vielen anderen ein gewisser Herr Marx. Ebensowenig, wie es „das Internet“ gibt, existiert „die Gesellschaft“.
Und daran sind bislang gluecklicherweise alle Radikalen gescheitert. Es tut gut, zu vergessen. Es ist kaum noch vertretbar, soviel wie moeglich *wirklich* wissen zu wollen, in einer Umgebung, die auf Halbwissen und reinem strukturellem Funktionieren basiert und so wird die Entscheidung, sehr viel garnicht mehr wissen zu wollen, leichtgemacht.
Wir kommen auch ohne jene vorgegaukelte „Macht durch Wissen“ zurecht, die ein jederzeit verfuegbarer Internetconnect bieten *koennte*, sollte der Chip im Hirn demnaechst verwirklicht werden koennen. Ich zumindest glaube daran. Glaube an eine Lebensweise, die nicht nur noch durch Onlinebanking, ecommerce Warentausch und Bannerwerbungsgeflimmer bestimmt ist.
Die beiden Redenden in Herzogs Talkrunde (sein diesmaliger Gast war AOL- Oberhaeuptling Ortsteil Germany/Europa) zeigen ihre *visionaere Kraft*. ich stelle fuer mich fest: es ist nicht meine Welt, von der diese Primaten inter pares so beilaeufig und selbstverstaendlich reden. Wobei ich anmerken moechte, dass das Event „Herzogs Talkrunde“an sich schon wieder ein Format zu sein scheint ist, welches dem Boten – weniger der Botschaft dient. Vgl. hierzu auch die kritischen Anmerkungen im Spiegelonline-Artikel.
Nicht, dass du denkst, ich wollte jetzt den Maschinensturm der Weber wieder aufleben lassen und alles zurueck zur Scholle und Handarbeit fordern; ganz im Gegenteil: mir macht es privates Vergnuegen mit der ’neuen‘ Technik zu spielen. so ganz nebenbei eigne ich mir beim Rumstrolchen im Netz „Halbwissen“ an, beispielsweise habe ich mir kuerzlich eine selbstinstallierende, kostenlose Firewall (ZoneAlarm) aus dem Netz geholt.
Es ist dasselbe, wie im Diary-Text deine Bemerkung ueber dein zusehen beim „Herzbuben“-Motorhaubenevent.
Es macht Spass. mehr nicht. Gemessen an den -vermuteten- Anstrengungen „echter“ Systemoperatoren, die Tage/Monatelang nichts anderes tun als zig-tausendmark teure Sicherheitsprogramme zu pflegen (und dazu wenigstens ein Informatik-Spezialstudium und/oder *echtes, spezielles Wissen* brauchen) ist mein neuerliches „Spielzeug“ ein weiteres Mosaik einer Halb-ab-bildung einer Wissenswelt, die auf virtuellen, manchmal skurillen, manchmal ernsthaften, zumeist aber auf unterhaltsamen Beinen steht.
Gruesse aus Salzgitter
ingo mack
zu: 19.3.00 Putenfleisch
Hallo Claudia,
ich habe soeben Deine Gedanken zum Putenfleich gelesen:
„Die „Öko-Schiene“ sehe ich nicht als Lösung. Ich will im normalen Supermarkt einkaufen können und kein Aufhebens um meine Ernährung machen müssen. Zudem nützt es den Knastputen nichts, wenn es daneben noch ein paar Öko-Puten für Besser-Verdienende und Öko-Hardliner gibt. Eine Welt, die nur noch Auswüchse produziert, widert mich an.“
Das empfinde ich genauso. Leider liegt die Last beim Einzelnen, ob sich mit seiner Entscheidung etwas aendert? Ich glaube nicht, bin aber noch nicht ganz hoffnungsverloren.
Immer oefter wird Oeko-Ware allerdings zum Supermarktprodukt, selbst bei Obst + Gemuese. Das waere vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Mit der eigenen Kaufentscheidung entscheide ich schon, ob diese Produkte zunehmend in den Supermarkt kommen, solange der Gewinn der Ketten stimmt.
Doch dagegen steht ein zweiter Trend: Die Nahrungsmittel- synthese.
So gibt es momentan zwei Richtiungen in der Produktion unserer Ernaehrung: die voellige Synthetisierung – aus NICHTS und ein paar Abfaellen, enzymatisch bearbeitet, wird leckeres Fleisch, welches durchaus auch nach Pute schmecken koennte und die oekologische Anbauweise, die zunehmend wirtschaftlicher wird, als die chemische Boden- und Tierbearbeitung und ohne deren Risiken.
Vielleicht ist letztere nur eine Modeerscheinung, aber ich hoffe, sie wird es noch lange bleiben und modischer werden.
Als Literatur kann ich Dir sehr „Aus Teufels Topf“ von Hans-Ulrich Grimm empfehlen (leider kein Maerchen).
Bald wieder mal in Deinem Tagebuch blaetternd.
Matthias
www.netzwanderer.de/litstart.htm
zu: 19.3.00 Putenfleisch
Putenfleisch = Banane!
Hallo Claudia Klinger,
eine Anmerkung zum Thema „Pute“ & indirekte Mittäterschaft… („digital diary“ vom 19.3.00) Seit mir einmal ein Buch zum Thema „Bananen & Dritte Welt“ in die Hände kam [„Zum Beispiel: Bananen“] habe ich seit einem Jahr keine Banane mehr gegessen. Über die kriminellen Machenschaften der Bananenkonzerne und die Ausbeutung & das Unrecht etc. dort in der dritten Welt zu lesen, hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Tja. Allerdings:
Ein solches Verhalten ändert leider nichts an der Realität, außer daß ich Hunger auf Bananen habe. Und, schlimmer noch: Ich bin immer noch durch tausend andere Faktoren indirekt an der Ausbeutung der 3. Welt und anderen beteiligt… Zum Beispiel trage ich durch den Kauf von preiswerten elektronischen Bauteilen, die mir ungeahnte Kreativität ermöglichen, dafür Sorge, daß irgendwo in Südkorea erbärmliche Arbeitsbedingungen herrschen. Man könnte auch behaupten, daß ein großer Teil unseres hohen Lebensstandards dazu führt, daß „dort unten“ ein geringer Lebensstandard herrscht. Es ist dasselbe mit den Puten, bloß auf Menschen angewandt, oder ?
Dann könnte ich allerdings auch sagen, daß ich von der Welt, in der ich lebe, dazu gezwungen werde… It makes me sick to think about it. Also tue ich dies nicht allzu lange und mache weiter wie bisher, wobei von Zeit zu Zeit ein diffuses Schuldgefühl in Form einer schwarzen Wolke den blauen Himmel meiner sorglosen Konsumwelt durchkreuzt.
Muß man die Welt retten, wo man schon genug mit dem eigenen Durchkommen beschäftigt ist?
Jan
P.S. dein digital diary und die verschiedenen projekte finde ich sehr interessant… ich habe mich gefreut, etwas „mit sinn“ im Netz zu finden.
zu: 15.3.00 Morgens um 7
Hallo Claudia,
Ob ich einen Tanker manövriere, oder mit einem Tretroller unterwegs bin, „motivationstechnisch“ ist es dasselbe.
Dieser Satz hat mich an ein Zitat von Rodolf Arnheim erinnert (Autor von wahrnehmungstheoretischen Werken wie „Kunst der Sehens“, entdeckt vor Jahren in einem kleinen und ziemlich unbekannten Aufsatz aus dem Büchlein „Diskussion um ein Zimmermädchen“):
„Glaubt ihr nicht, daß es die Aufgabe jedes Menschen ist, einen Kerl aus sich zu formen, der noch in der geringsten Handlung er selbst ist? Es ist gleichgültig, ob einer Abhandlungen schreibt oder Zuckerrüben anbaut. Ein richtiger Mensch tut vielerlei am Tage: Er arbeitet, er erholt sich, er liebt, er kalkuliert, er kuriert sich seinen Schnupfen, er erzieht seine Kinder, aber immer ist er derselbe Mensch, und nirgendwo hat sein Werk eine Bruchstelle. Und das, meine Damen und Herren, nennt er sein Leben!“
Diese Sätze fand ich Anfang 1990, als ich sie mir notierte, sehr elementar, so daß sie mich bis heute begleiten und nichts an Aussagekraft eingebüßt haben. Sie haben mir auch in den folgenden Jahren täglich gezeigt, daß man es schaffen kann, im Leben zwischen den unterschiedlichsten Funktionen und Tätigkeiten eine Balance zu finden. Nämlich wenn man jede Tätigkeit mit dem gleichen Einsatz seiner Person ausführt. Man empfindet den Fluß des Lebens und jede Bedeutung, die in den einzelnen Handlungen liegt; ohne Wertung. Die einzige Wertung ist, daß man ganz selbstverständlich seine Person überall vollständig einbringt. (Das muß eben nicht mit besonderem Krafteinsatz und Brechstangenmentalität verbunden sein.)
Ganz persönlich: So bin ich 94 bis 97 als Krankenschwester nebenbei (nebenbei geht das eigentlich gar nicht) arbeiten gegangen, während ich ein Aufbaustudium Designinformatik an mein Modestudium anschloß. Vielleicht war auch das Studium nebenbei und die Krankenpflege die Hauptsache; genau das ist eigentlich unwichtig.
Manchmal war in diesen Jahren nicht erkennbar, was mein Leben ist und ohne Motivation hätte ich diesen Spagat sicher nicht geschafft. Stundenweise war ich täglich als Schwester Christiane in der Hauskrankenpflege im Einsatz (mit allen Konsequenzen und ohne mich vor was zu drücken), obwohl ich dies nur tun „mußte“ bzw. wollte, um mein Studium zu finanzieren. Keinen Moment hatte ich das Gefühl, meine Zeit zu verschenken oder irgendein Ziel aus den Augen zu verlieren. Im Gegenteil, ich habe gelernt, die Motivation für meine Tätigkeiten aus dem Gesamtzusammenhang zu schöpfen, und den definiere ich gern auch so wie Rudolf Arnheim mit „das Leben“.
Danke für die Anregungen, die Du durch Deine Offenheit in Deinem diary gibst!
Schöne Grüße aus Halle von Christiane
[www.hal-screen.de]
zu: 29.2.00 Medien
Hallo Claudia,
ich möchte Dir ein paar Zeilen zu Deinem letzten Tagebucheintrag widmen, weil er sich zufällig (???) mit einer Überlegung von mir kreuzt;
der Text ist übrigens ein Baustein meines gerade entstehenden digitalen Tagebuches, zu dem mich unter anderem auch Deine WebSite ermuntert hat; ein Baustein, mit dem ich nicht ganz einverstanden bin, wie Du gleich lesen wirst:
In den letzten Tagen las ich bei Sartre über die „Unaufrichtigkeit“. Dabei irritierte mich gerade seine psychologische Argumentation. Seit heute Morgen weiß ich auch, warum: Mich stört der Mangel an Faktizität. Selbst die verstiegenste philosophische Argumentation hat ausreichend Faktizität. Denn ich kann stets die Gedanken, denen sie folgt, als faktisch hinnehmen und diskutieren. Ein psychologische Aussage aber gibt vor mehr zu sein. Sie behauptet eine (wissenschaftliche) Beschreibung von Realität. Diesen Anspruch kann ich nicht nachvollziehen.
Die Aussagen der Psychologie sind schlussendlich doch nur Vermutungen. Die sich zugegebener Weise zwar als Ausfluss aus einem Modell zur Erklärung innerpersönlicher Abläufe und Zusammenhänge präsentieren. Die jedoch die Wirklichkeit nicht in der selben Weise beschreiben wie etwa mathematische Formeln oder physikalische Aussagen dies tun. Wohl sind die Sätze der Naturwissenschaften auch bloß Ausflüsse von Modellen. Doch ihr Anteil an Spekulation ist wesentlich geringer als in der Psychologie.
Gestern Abend war ich wieder einmal auf Claudia Klingers WebSite zu Gast und las in Ihrem digitalen Tagebuch den Abschnitt über authentische Texte. Ihr Grundgeadanke: Die Texte der (digitalen) Tagebücher, die E-Mails, die Diskussionsbeiträge in Foren und Newsgroups sind ehrlich und frei von den Attitüden professioneller Artikel.
Ich habe diese Überlegung in Zusammenhang mit Sartres Gedanken zur Unaufrichtigkeit gebracht. Und bemerkt, wie ähnlich einander beide Gedankengänge sind: Sartres Unaufrichtigkeits-Modell geht aus von einer Teilung des Ich-Bewusstseins in ein Ich, das lügt, und ein anderes, das belogen wird. Auf Claudias Idee und meine Schreib-Erfahrung übertragen hieße das: Als Schreiber eines Artikels teile ich mich in einen lügenden, den Text kontrollierenden Autor, und einen fiktiven „fremden“ Leser, der den Text auf Wirkung hin überprüft.
Im Falle des professionellen Schreibens kollaborieren Lügender und Belogener im Auftrag der Sache. Sie spielen zusammen, damit ein über beiden stehendes Ich, vielleicht das Erfolgsbewusstsein, zu einem Ziel, nämlich einem verkaufbaren Text gelangt. Diese Übereinstimmung – der Umstand, dass das belogene Ich darum weiß belogen zu werden und dem lügenden Ich bewusst ist, dass das belogenen Ich nicht nur weiß, sondern dass es sogar damit einverstanden ist – dieser diffizile Bewusstseinszustand macht das Wesen des professionellen Schreibakts aus und ihn zugleich so verdächtig …
zu: Gemeinsam vor dem Fernseher sitzen
Hallo Claudia,
Gratulation zur schönen, schlichten und ruhigen Homepage – die private meinte ich jetzt. Schloss Gottesgabe ist wunderbar, zum Sterben schön. Ich bin jetzt zu müde, um auch noch groß in die Tagebuch-Seite rein zu lesen, aber immerhin haben mich bereits die ersten paar Zeilen inspiriert, dies ein anderes Mal zu tun. Diese Sache von wegen gemeinsam vor dem Fernseher sitzen, das kenne ich auch, und ich bin froh, dieser Generation anzugehören (ich bin 32). Da gab es beispielsweise die Donnerstagabende, um 19.30 Uhr begann „Dalli Dalli“ oder „Der große Preis“. Und am Samstag Abend war die „große Unterhaltung“ angesagt, Rudi Carrells „Am laufenden Band“ oder Kulenkampfs „Einer wird gewinnen“. Kam Miss Marple, durfte ich als Kind länger aufbleiben, bis um neun. Und ab und zu wurde auch beim „Musikladen“ in der ARD ein Auge zugedrückt. Mein Bruder durfte als Kind bei Bonanza wenigstens den Vorspann sehen – wenn das Feuer am Ende des Vorspanns loderte, war es für ihn an der Zeit, ins Bett zu gehen… Nichts ist davon geblieben, leider gar nichts. Auf den Fernseher könnte ich, würde mich jemand fragen (was Gott sei Dank niemand tut), als Erstes verzichten. Allmählich ist die Zeit gekommen, das Rad zurück zu drehen. Meine Kinder jedenfalls sollen, wenn ich denn mal welche habe, beispielsweise mit Holzspielzeug, nicht mit den Teletubbies aufwachsen. Und statt dummer TV-Berieselung werde ich ihnen im Puppentheater was vorspielen oder schreibe ihnen eine schöne Geschichte.
Das soll’s für heute gewesen sein, vielleicht liest man sich ja nochmal. Dir eine schöne Woche in Deinem märchenhaften Schloss.
Uwe
zu: 10:02:00 Verwahrlosung
Hallo!
Die Faszination alter Industriebauten hat mich auch vor einigen Jahren einmal gepackt und seitdem eigentlich nie wieder losgelassen. Zumal ich ja in direkter Nachbarschaft zum Ruhrpott aufgewachsen bin, wo es reichlich steingewordene Dokumente aus dieser anderen Zeit gibt. Es waren immer faszinierende Momente, wenn ich mal wieder die Kamera eingepackt habe, um auf die Suche nach dem schönsten Backsteinbogen, dem rostigsten Gitter und dem inspirierendsten Fliesenboden in alten Hallen zu gehen.
Heute wohne ich selbst in einem Schuhkarton und spüre alle paar Wochen das Gefühl, vor schlampig gestrichenem Beton und sterilen Wänden flüchten zu müssen. Das sind die Momente, wo ich ein paar Dinge zusammenpacke und mich für 2 oder 3 Tage bei Bekannten einquartiere. Endlich wieder den Blick auf Backsteinwände und Ziegeldächer genießen, um die Ecke eine bröselige, alte Industriehalle mit einem Schiefen Schornstein, vor dem Fenster keine Hecken, die wie mit dem Lineal gezogen wirken, sondern … Steine, die sich in 100 Jahren irgendwie angesammelt und zu etwas aufgetürmt haben, was man letztendlich als ‚Stadt‘ bezeichnet.
Die Gesellschaft hat also in den letzten Jahrzehnten nicht nur die Müllkultur geschaffen, sondern noch weiteres, wenig erbauliches. Vor allem den Verlust der Fähigkeit, aus ein paar Steinen und etwas Mörtel etwas zu schaffen, was den Menschen anregt und inspiriert. Auch wenn es ursprünglich gar nicht die Bestimmung dieses ‚etwas‘ war, dies zu tun.
Nur, woran liegt das eigentlich?
wodile
Wodiles Weekly – www.wodile.de
zu: 01:02:00 Von PCs umstellt
Hi Claudia,
Du bist mit Sicherheit nicht die Einzige Anwenderin, die solcherlei Probleme hat. Mir ging es ähnlich; ich hatte auch einen Bekannten, der meine Schusseligkeit immer mit bewundernswerter Geduld und fachlicher Kompetenz wieder rückgaengig gemacht hat.
bis.. ja bis Bernd dann nach Berlin zog und dort einen Job als PC-Netzwerk Operator in einem grossen Krankenhaus antrat.
Schluss mit lustig, bei Ingo.
:)
Ich hab mir notgedrungen dann doch die wesentlichsten Grundbegriffe beigebogen und bin eigentlich froh darüber, jetzt so ganz langsam selber mein Gerät so zurechtzufummeln, dass es das tut, wozu ich es eigentlich haben wollte.
Die Lösung mit den Telefonaten quer durch die Republik ist auf Dauer einfach zu lästig. Liegt aber auch an der persönlichen Faulheit (UND an Billi’Gats Ignoranz den Anwendern gegenüber, aber dieser Seitenhieb ist eigentlich unfair.)
Bspw ist die weitverbreitete Fritz-IsdnKarte NICHT von vorneherein in den plug-undplay Konfigurationen enthalten, der Anwender muss erst dem WIN 98 zu Fuss sagen, dass so ein Ding im Rechner steckt. Hat man das erstmal begriffen und kann es selbst, ist der Rest nicht mehr so wild. Die Welt der Programmer wird kleiner und aus böhmischen Dörfern werden mehr und mehr eher hinderliche Features (wie bspw die T-online-Einwahlmaske) und ein wenig Interesse am Gerät fuehrt den Anwender ganz von alleine in die schöne neue Welt der grenzenlosen Kommunikation. :)
Ein Beispiel von heute?
ich sass mit Arno in der Kneipe beim Mittagessen. er erwähnte, dass er ein Bild von einem Oktopus braucht. „Kein Problem“ meinte ich, liess mir von ihm seine E-Mail-Adresse geben, ging heim, suchte, fand und wollte Arno ’ne mail rüberschieben.
Da begann dann das Ärgernis: Arno hatte mir eine falsche Emailadresse aufgeschrieben. Ich wusste nur, dass er bei gmx eine neue adresse „beantragt“ hatte. Um ihn nicht anzurufen und eventuell wieder was falsches übermittelt zu bekommen, „ging“ ich zu gmx, trug mir dort eine eigene E-mail-Adresse ein und suchte daraufhin (als berechtigter User der innerbetrieblichen gmx Emailsuchmaschine) nach Arno, der auch hier in Salzgitter wohnt.
Gefunden! Gmx übermittelt jetzt die Mail an ein sogenanntes CHIFFRE-ZZZMZvAgGM4CgM(..)@gmx.net konto, fragt dort arno, ob er die Mail von mir haben will und der Fisch ist gegessen.
Ohne gewisse Grundkenntnisse, die jeder Anwender unbedingt haben sollte, wäre das nicht gegangen.
Du kannst einwenden, ich hätte Arno morgen wieder in der Kneipe treffen und die Sache f2f regeln können; wollt‘ ich aber nicht. Wozu gibt es das Netz??? :)
Wissen ist eben wie Beton: kommt drauf an, was man daraus/damit macht.
Gruesse aus Salzgitter
Ingo Mack
Hallo Claudia,
in letzter Zeit lese ich dein Tagebuch besonders gern, weil es so viele Denkanstöße liefert – und in deinem neuesten Eintrag finde ich mich 100% wieder. Es geht mir nämlich genauso.
Ich bin auf dem Weg, den ich mir gewünscht habe, eins fügt sich zum anderen, es gibt mehr Arbeit, als ich bewältigen kann, und zwischendrin kommen dann ganz radikale Tendenzen, der Wunsch, das Leben so intensiv zu spüren, wie man es z. B. als Kind konnte, gerade in diesen kleinen Momenten. Und das kann dann der Duft von regennassem Asphalt sein, das Bewußtsein für die Elemente, ein Innehalten und nicht nur ständig auf irgendwelche Forderungen reagieren.
Wenn ich meinen Gedanken nachhängen will, lege ich mich in die Badewanne. Das ist für mich der beste Ort, ich werde nicht abgelenkt, kann nicht schnell dieses oder jenes nachsehen, weil ich dann das warme Wasser verlassen müßte. Da halte ich mich dann meist eine ganze Stunde auf und komme wieder zur Ruhe, versuche die Route neu zu definieren. (nicht von ungefäht ist Skywalker’s Raum im Cafe Nirvana ein Badezimmer in einem Hotel im Süden!)
Diese düsteren Anwandlungen kommen ganz sicher vom Mangel an Licht – ich merke es an mir ganz deutlich. Wenn ich heimkomme von der Arbeit, ist es bereits dunkel. Wäre es Sommer, würde ich mich gern aufs Rad schwingen und noch eine Runde drehen, jetzt will ich, angeregt durch einen Kollegen, wieder wenigstens regelmäßig schwimmen, damit sich mein Leben nicht nur vor dem Bildschirm abspielt. Nicht einfach, denn sowohl berufliches wie privates Leben werden durch den Bildschirm dominiert. Anderes wie z. B. die Musik hat da momentan keinen Platz mehr – so darf es aber nicht weitergehen.
Ganz übel wird es, wenn man sich bewußt entschließt, mal einen Abend freizunehmen, frei von der Arbeit und frei vom Computer und dann nicht weiß, was man eigentlich machen soll, weil alles, was einen reizen würde, nicht ohne den Computer geht.
Ich werde dieses Jahr wieder umziehen. Hier steht immer noch zu viel rum, zu viel Gerümpel, zu viel Ballast, zu viel Ablenkung. In der neuen Wohnung will ich endlich eine gemütliche Leseecke haben, mit einem großen Sessel und einer Stehlampe.
Mach weiter so mit deinem Tagebuch, es ist ein echter Lichtblick – und hilft, einen zurück auf die Spur zu bringen.
cu
Olivia
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