Langsam schäle ich mich aus der kalten Umarmung der Decke, verharre auf allen Vieren, durchtaste mit dem Bewußtsein die einzelnen Körperteile. Linksseitig eine schmerzende Fläche, ein blauer Fleck wahrscheinlich, doch keine Erinnerung an irgendeinen Vorfall. Der rechte Knöchel ist leicht geschwollen, vielleicht den Fuß auf der Treppe vertreten. Sonst keine neuen Blessuren, nichts Bleibendes, ein Glück.
Au! Dieses Dröhnen im Kopf wird stärker und ich sinke fast wieder um vor Schwindel. Ganz ruhig, es hetzt mich ja keiner! Ist es nicht ein Glück, wenigstens alleine zu sein, keine mitleidigen Helfer, keine Zeugen? Kein Fremder ist hier und - gottlob - auch kein Bekannter: kein Genosse der Nacht, mit dem man gemeinsam heimwankt, jeder im Glauben, den anderen zu stützen. Na, ich sag's ja, heute bin ich gut dran! Jetzt ab an den Wasserhahn. In langen Zügen lasse ich Wasser in die abgeriebene Kehle rinnen, wohl wissend, daß es nicht viel helfen wird. Durch jede Zellwand muß die Flüssigkeit dringen, jede einzelne dem Austrocknen nahe Körperzelle versorgen, das dauert! Kalt ist das Wasser und die Kehle zu sensibel, es würgt und treibt mich zur Toilette, wo ich die nächste halbe Stunde damit zubringe, mich auf jede Weise zu entleeren. Geschafft, jetzt bin ich leer, leer und einen Moment ganz still. Wie wäre das schün, wenn ich gar nicht wäre...
Es klingelt. Ich erstarre und gebe keinen Mucks. Leere im Kopf und im Herzen die kalte Angst: wer ist das? Polizei? Gerichtsvollzieher? Hausverwaltung? Es sah doch ganz so aus, als wäre nichts passiert: kein Essen auf dem Herd stehen lassen, nicht mit der Kippe das Bett in Brand gesetzt - zu Gewalt gegen andere neige ich eigentlich nicht..?